Wildenburg & Burr – Wandern im Nationalpark Hunsrück-Hochwald (3/3)

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AnzeigeEtappe 12 des Saar-Hunsrück-Steig führt von der Wildenburg bis nach Idar-Oberstein und damit von keltischer Geschichte bis in die Neuzeit. Und ganz am Ende glitzert und funkelt es gewaltig...
Sven Becker
  Inhalt
Insgesamt nichts Neues, aber trotzdem mystisch schön – am Wildgehege unterhalb der Wildenburg
Insgesamt nichts Neues, aber trotzdem mystisch schön – Nebel im Wildgehege unterhalb der Wildenburg

Brückenschlag an der Wildenburg

Angeblich verfügt jeder Mensch über ein sogenanntes Krafttier. Zumindest dann, wenn man dem alt-schamanischen Glauben anhängt oder den Film „Fight Club“ gesehen hat. In letzterem ist das Totemtier der tragischen Hauptfigur ein Pinguin und für ihn von essentieller Bedeutung. Mein Krafttier dagegen ist der Wolf. Der wird zwar aus Richtung Osteuropa langsam wieder in Deutschland heimisch, aber so richtig angekommen ist er im Nationalpark Hunsrück-Hochwald wohl noch nicht. Was aber nur eine Frage der Zeit sein dürfte. Denn bereits 2016 wurde ein erstes Tier in Rheinland-Pfalz gesichtet, dem sicher bald noch weitere nachfolgen werden.

Veränderung heißt die Devise! Wie ich bereits auf der gestrigen Wanderung entlang des Saar-Hunsrück-Steigs erfahren durfte, wird im Nationalpark alles versucht, diesen wieder in einen Urwald und somit seinen ursprünglichen Zustand zurückzuführen. Ich vermute mal, das wird dem Wolf, sobald er das Schutzgebiet für sich entdeckt hat, sehr gefallen. Ganz im Gegenteil zur Wildkatze. Die ist nämlich bereits in diesen Wäldern heimisch, viel lieber Einzelgänger und tragischerweise müsste sie sich das Jagdrevier dann mit meinem Krafttier teilen.

Da beide Tierarten aber unterschiedliche Jagdvorlieben haben, dürfte das kein all zu großes Problem darstellen. Warum ich das dann erwähne? Mir hat lediglich eine gute Einleitung für diesen Artikel gefehlt und gleichzeitig ein Brückenschlag zum heutigen Wandertag. Der beginnt nämlich ganz stilecht auf der mittelalterlichen Wildenburg, zu deren Füßen sich ein Wildfreigehege befindet. Dort in ihrem natürlichen Habitat zu beobachten, sind neben Rot- und Dammwild eben auch Wölfe und Wildkatzen. Quasi als Nachbarn hinter Gittern. By the way: Katzen sind ebenfalls Krafttiere und sollen für Selbstbestimmung, Sanftmut und Intuition stehen. Aber bevor das hier zu esoterisch wird, lasse ich das Thema lieber. Kenn ich mich nämlich auch gar nicht aus. Wie gesagt: Einleitung und so.

Das Tor zur Wildenburg –  einladend mittelalterlich
Das Tor zur Wildenburg – einladend mittelalterlich

Raus aus die Pantoffeln, rin in die Pantoffeln

Womit ich mich allerdings auskenne ist Nebel. Der hängt auch heute wieder tief. Aber vor allem fest. Hinzugesellt hat sich ein leichter Dauerregen und rundet mein temporäres Tagesgefühl erst so richtig ab. Das heute ist leider auch schon der letzte Wandertag in dieser illustren Runde von Bloggern und Internet-Schreiberlingen. Damit der bevorstehende Abschied nicht ganz so schwermütig wird, beginnen wir mit ein wenig Geschichte. Als Aufmunterung quasi.

Auch wenn ich dank des Nebels kaum etwas von der Wildenburg erkennen kann, hinterlässt sie dennoch Eindruck bei mir. Szenen aus Game of Thrones könnten hier gedreht sein, so stilecht ist sie seit dem letzten Zerfall wieder aufgebaut worden. Dabei führt ihre eigentliche Geschichte bis ins 4. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung zurück. Ursprünglich soll an dieser Stelle eine keltische Fluchtburg ähnlich der bei Otzenhausen gestanden haben. Auf deren Resten wurde die heutige Burganlage Anfang des 14. Jahrhunderts errichtet. Später kam dann noch ein Aussichtsturm dazu, der jedoch beim heutigen Wetter fast komplett im Nebel verschwindet. Schön anzusehen ist das Ganze dennoch. Und stimmungsvoll obendrein.

Buchen sollst Du nicht nur bei Gewitter suchen, sondern ganz besonders im Herbst.
Buchen sollst Du nicht nur bei Gewitter suchen, sondern ganz besonders im Herbst.

Von der Wildenburg zum Mörschieder Burr

Doch lange halte ich mich dieses Mal nicht mit der Geschichte auf. Während der Regen langsam aber beständig durch dichtes Blätterwerk zu Boden fällt, führt der Wanderweg derweil entlang des alten Keltenwalls durch eindrucksvollen Buchenwald. Für die perfekte Ausschilderung des Saar-Hunsrück-Steig bin ich sehr dankbar, da das Laub mittlerweile so dicht auf den Boden gefallen ist, dass ein Weg vielmehr nur zu ahnen als tatsächlich zu erkennen ist. Herbst im Nationalpark Hunsrück-Hochwald halt.

Zwei Kilometer später erreiche ich auch schon das nächste Highlight, das Mörschieder Burr. Und wie ich sehe, sehe ich Nichts. Was im Vorfeld als Aussichtspunkt par excellence beschrieben wurde, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als dichtester Nebel und lässt leider so gar keine Aussicht zu. Was zwar mystisch schön, aber irgendwie auch schade ist.

Macht aber nichts. Die aus frühester Vorzeit stammenden Schutthalden sind auch so beeindruckend genug, um eine Vorstellung von deren Besonderheit zu bekommen. Gleichzeitig beherbergen sie nämlich eine einzigartige Flechtenart, die erst 2015 entdeckt und nach dem Hunsrück benannt wurde: Verrucaria hunsrueckensis, zu deutsch Hunsrück-Warzenflechte. Da diese sich vorwiegend von Feuchtigkeit ernährt, dürfte wenigstens sie für das Wetter dankbar sein.

Oberhalb des Burrs entlang: der Saar-Hunsrück-Steig
Oberhalb des Burrs entlang: der Saar-Hunsrück-Steig

Etappe 12 des Saar-Hunsrück-Steig

Im weiteren Verlauf des Saar-Hunsrück-Steig von der Wildenburg nach Idar-Oberstein verlasse ich den Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Der ist an seiner schmalsten Stelle gerade mal zwei Kilometer breit, umspannt aber trotzdem gut 10.000 Hektar. Das besondere an ihm, außer den zahlreichen Sehenswürdigkeiten und Eindrücken, ist die Form, die er geografisch bildet. Einer Gitarre gleich ruht er im Herzen des Naturparks Saar-Hunsrück und ist trotzdem ganz anders als eben dieser.

Das merke ich nicht nur an der sich fast schlagartig ändernden Vegetation – der farblich prachtvolle Buchenwald wechselt in schnöden Nadelwald – sondern vor allem daran, dass sich der Nebel lichtet. Irgendwie scheint der am Kamm festzuhängen. Also spaziere ich noch ein wenig auf dessen Saiten bevor es Abschied nehmen heißt. Das Ziel der zwölften Etappe ist nämlich Idar-Oberstein. Und die hat ihr ganz eigenes Horsd’œuvre.

Ankunft in Idar-Oberstein

Diese Besonderheit nennt sich schlicht und einfach: Edelstein. Denn im selbsternannten Edelsteinland, dessen Hauptstadt Idar-Oberstein bildet, dreht sich alles einzig und allein um funkelnde Kristalle und farbkräftige Minerale. Bereits im Hochmittelalter wurde in dieser Gegend der Abbau unterschiedlichster Edelsteine vorangetrieben. In Schleifereien, die um 1520 errichtet wurden, konnte das im Berg Gefundene auch sofort weiterverarbeitet werden. Aufgrund mangelnder Ressourcen trieb die industrielle Entwicklung aber erst im 19. Jahrhundert so richtig ihre Blüten. Mit der Umstellung von Wasserkraft auf Elektrizität entwickelte sich Idar-Oberstein zum internationalen Zentrum für Edelsteine. Wer hätte das gedacht: Schmuckdesign aus dieser Region zählt noch heute zur Weltspitze!

Wie es sich gehört, ist man nämlich mächtig stolz auf die Historie und hält sie auch heute noch hoch. Ein ganzes Museum in der Stadtmitte hält die Erinnerung wach und wartet auf den abschließenden Besuch dieser Wanderung. Auch wenn ich mich persönlich nur schwer mit Schmuck und Klunkern anfreunden kann, muss ich dennoch gestehen, dass der Besuch des Museums Eindruck bei mir hinterlassen hat. Besonders die Entwicklung der Arbeitsbedingungen, vom Beginn des Abbaus bis heute, ist äußerst beeindruckend dargestellt und spiegelt die Unwirtlichkeit damaliger Zeiten.

Edelsteinschleifer waren zwar angesehen, lebten aber nicht sonderlich lange – Schwerste Arbeitsbedingungen in einer Schleiferei.
Edelsteinschleifer waren zwar angesehen, lebten aber nicht sonderlich lange – Schwerste Arbeitsbedingungen in einer Schleiferei.
Kunsthandwerk aus Achat
Kunsthandwerk aus Achat
Nicht nur zur Zierde, auch gut als Krafttier – Edelsteinkette an Wildkatze
Nicht nur zur Zierde, auch gut als Krafttier – Edelsteinkette an Wildkatze

Abschied vom Nationalpark Hunsrück-Hochwald

Das Museum ist eine Empfehlung. Nicht nur für Damen. Und ein krönender Abschluss meiner drei Tage im Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Während es meine Mitwanderer zurück in alle Himmelsrichtungen zieht, verweile ich noch ein wenig zwischen Schmuck und Vergangenheit. Zur Krönung des Tages treffe ich hier erneut auf das zweite, eingangs erwähnte Krafttier: die Wildkatze. Mit einer Kette aus Edelsteinen behangen schaut sie sanftmütig und selbstbestimmt, vor allem aber versöhnlich. Und spricht mir damit voll und ganz aus der Seele. Der jüngste Nationalpark Deutschlands ist nämlich unbedingt eine Reise wert, die zeitgleich auch einer Gratwanderung auf den Spuren der Vergangenheit und Wegen in die Zukunft entspricht. Schön, wenn Einleitung und Ende eines Tages so Hand in Hand gehen.


Hinweis in eigener Sache (Disclaimer)
Meine hier beschriebenen Eindrücke durfte ich im Rahmen der 5. Bloggerwanderung sammeln. Eingeladen und veranstaltet wurde diese von den Gastlandschaften der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH. Dabei sind mir Anreise, Unterkünfte und Verpflegung zur Verfügung gestellt worden, wofür ich mich recht herzlich bedanken möchte. Auch der Eintritt ins Edelsteinmuseum wurde mir kostenlos gewährt, wofür ich mich ebenfalls ausdrücklich bedanken möchte. Auf meine abschließende Meinung wurde jedoch keinerlei Einfluss genommen. Diese entspricht ausschließlich meiner persönlichen Sicht.

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