80km deutsche Geschichte – 1|3

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In Bad Wilsnack startet der Mittelalterliche bzw. Jakobsweg Brandenburg und führt auf der ersten Etappe bis ins schöne Havelberg. Ein Wanderbericht.
Sven Becker
  Inhalt

Kelten, Slawen, Schweden und mittendrin die Preußen. Wer auf deutschen Wanderpfaden unterwegs ist, wandert auch immer durch einen Teil nordeuropäischer Geschichte. Erneut verschlägt es mich in die Prignitz, um weiter in die Legenden und Mythen der brandenburgischen Region einzutauchen. Die Reise führt mich diesmal von Bad Wilsnack nach Tangermünde. Immer entlang des mittelalterlichen Jakobsweg Brandenburg, auf insgesamt 80 Kilometern deutscher Geschichte.

Die Wunderblutkirche in Bad Wilsnack im morgendlichen Sonnenschein. Ein paar Mal rundherum laufen und schon sind es ein paar Jahre weniger im Fegefeuer.
Die Wunderblutkirche in Bad Wilsnack im morgendlichen Sonnenschein. Ein paar Mal rundherum laufen und schon sind es ein paar Jahre weniger im Fegefeuer.

Bad Wilsnack – Quitzöbel – Havelberg (23km)

Bad Wilsnack, Ziel der letztjährigen Wanderung auf dem Wunderblutweg, ist nun heute Ausgangspunkt meiner Wanderung auf dem Jakobsweg. Blauer Himmel, grüne Wiesen und ein besinnliches, ja fast verschlafenes Städtchen empfangen mich und wenn ich bedenke, dass hier vor gut 700 Jahren wahrscheinlich nicht nur der sprichwörtliche Bär steppte, ist das Bevölkerungsaufkommen heutzutage doch recht verhalten. Um nicht zu sagen ruhig bis wahrscheinlich gar nicht vorhanden. Das kann aber auch daran liegen, dass heute Sonntag ist. Und so schnüre ich meinen Rucksack etwas fester und starte auf meine dreitägige Wanderung von der Prignitz in die Altmark.

Über Legde, Lennewitz und Quitzöbel geht es in das Mündungsgebiet der Havel in die Elbe. Die Landschaft verändert sich merklich, weg vom kanalisierten Ackerbau hin zu Weide- und Auenlandschaften mit erhöhtem Wasseranteil. Die gotische Backsteinkirche von Quitzöbel, ein kleines Highlight auf dem Weg, wurde im 15. Jahrhundert erbaut, 1876 erweitert und umgebaut. Nur am Ostgiebel kann man noch dank seiner Zwillingsblenden den ursprünglichen Zustand erkennen.

Im Mündungsgebiet der Havel in die Elbe. Sattes grün und blauer Himmel, da hüpft das Herz und staunt der Wandersmann.
Im Mündungsgebiet der Havel in die Elbe. Sattes grün und blauer Himmel, da hüpft das Herz und staunt der Wandersmann.
Ist der Ort auch noch so klein, ein Kirchlein mittendrin muss schon sein... Eine der vielen kleinen Kirchen unterwegs.
Ist der Ort auch noch so klein, ein Kirchlein mittendrin muss schon sein… Eine der vielen kleinen Kirchen unterwegs.

Auf dem Elbe-Rad- und Jakobsweg Brandenburg nach Havelberg

Der Weg ist dank der gleichzeitigen Nutzung als Elbe-Radweg zwar sehr gut ausgeschildert, läuft sich jedoch ungemütlich. Immer auf Asphalt tut den Füßen nicht gut, sie beginnen nach einigen Kilometern zu schmerzen. Doch, wie an alles im Leben, auch daran werde ich mich noch gewöhnen.

Havelberg an der Elbe. Von spätromanischer bis moderner Architektur war alles vorhanden. Auch ostdeutsche.

Vorbei an den drei Häusern von Neu Werben (wirklich sehr idyllisch gelegen sofern man Fuchs und Hase gern Gute-Nacht-Sagen sieht) gelange ich nach weiteren schier endlosen Kilometern in Havelberg an. Und diese Stadt ist einen Ausflug allemal wert.

Immer entlang des Elberadwegs. Man kann sich zwar nicht verlaufen, aber so richtig gut tut das den Füßen auch nicht.
Immer entlang des Elberadwegs. Man kann sich zwar nicht verlaufen, aber so richtig gut tut das den Füßen auch nicht.
Havelberg an der Elbe. Von spätromanischer bis moderner Architektur war alles vorhanden. Auch ostdeutsche...
Havelberg an der Elbe. Von spätromanischer bis moderner Architektur war alles vorhanden. Auch ostdeutsche…

Allein der Dom ist ein echtes romanisches Meisterwerk und bildet mit dem angrenzenden Kloster aus dem 12. Jahrhundert eine kleine Sensation. So ist nicht nur der Kreuzgang des Ensembles original erhalten, sondern auf einer der Darstellungen im Innern auch erstmals eine Abbildung des Heiligen Jakobs zu finden. Reliefs der Passion Christi, die beiden Sandsteinleuchter (um 1279) und das Chorgestühl aus dem 13. Jh. vermitteln einen genauso authentischen Eindruck, wie die mächtigen Triumphkreuze aus ebendieser Zeit und – last but not least, nicht zu vergessen – die noch original erhaltenen Glasmalereien aus der Zeit um 1330. Wie gesagt, sehenswert und alles in allem eine kleine Sensation.

Für den Rest des Abends verweile ich in den heiligen Mauern, bevor mich ein aufziehendes Gewitter in eine nahe gelegene Pizzeria fliehen lässt. Die allerdings ist nicht zu empfehlen. Selten so eine schlechte Pizza gegessen. Aber auch das gehört zur Erfahrung dazu: Der optische Eindruck trügt bisweilen.

Zu später Stund im schönen Havelberg.
Zu später Stund im schönen Havelberg.
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4 Kommentare
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theBackpacker via Facebook

Naja, viele davon sind ja ursprünglich auch keine „richtigen“ Jakobswege. Aber dank der unerschütterlichen Zuarbeit vieler Freiwilliger werden es in Zukunft bestimmt welche sein… 😉 Und um die Via de la Plata bitte ich! Schließlich will ick wissen, wie die Geschichte ausjeht… 😉

Landlinien via Facebook
12 Jahre zuvor

Manchmal bin ich fast überrascht wieviel neue-alte Jakobswege (wieder)entdeckt werden. Hab seit langem auch wieder Lust auf den letzten Teil der Via de la Plata…

theBackpacker via Facebook

Und das schöne an den Jakobswegen ist, sie werden immer mehr. Und obendrauf gibt es noch geschichtliches Wissen gratis dazu. Gerne mehr davon. Aber recht hast Du, es fehlt nur noch die Zeit…

Landlinien via Facebook
12 Jahre zuvor

Wieder mal einen weiteren, schönen Jakobsweg in Deutschland kennengelernt. Jetzt bräuchte man nur noch mehr Zeit um sie alle zu bereisen. 🙂

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