Als Zwerg im Reich von Moria – Wanderung durch die Adersbacher Felsenstadt

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Durch das Eingangstor von Khazad-dûm entführt diese Wanderung durch die Adersbacher Felsenstadt und damit direkt ins Herz der Sandsteine des Braunauer Berglands (Broumovsko).
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Noch versteckt sich die Sonne hinter grauen Wolken. Leichter Schnee fällt langsam und leise zu Boden. Meine heutige Wanderung führt mich vom Hotel Orlik direkt ins Herz der Adersbacher Felsenstadt. Oder wie der Tolkien-Fan sie nennen würde: ins Zwergenreich von Moria. Denn genau so soll es sich anfühlen, wenn meterhoch die Felsen aus Sandstein aufragen, man durch schmale, enge Spalten klettert und über hölzerne Treppen einen Blick von oben erhaschen möchte. Los gehts: willkommen in Khazad-dûm.

<span>Noch versteckt im Wald:</span> Die Sandsteine der Adersbacher Felsenstadt
Noch versteckt im Wald: Die Sandsteine der Adersbacher Felsenstadt

Auf dem Wolfsschlucht Trail zur Adersbacher Felsenstadt

Ich machs nicht wie die meisten, ich pirsche mich von hinten an. Was zweideutig klingt ist definitiv die bessere Wahl. Denn der Haupteingang, der mit Auto und Schmalspurbahn hervorragend angeschlossen ist, ist rappelvoll. Selbst an den Wochenenden im Winter. Und da habe ich echt keine Lust mich anzustellen. Also wandere ich vom Hotel aus ein Stück den Weg in Richtung Burgruine Střmen, zweige diesmal nicht in deren Richtung ab sondern wähle den Weg durch die Wolfsschlucht.

Und die ist magisch schön. Verwinkelte, mit Schnee bedeckte Wege führen mich erst durch dichten Wald und wenig später in die Enge der Sandsteinfelsen. Während die ihre langen Schatten werfen, schiebt sich die Sonne durch Lücken in den Wolken. Der Schnee glitzert und bizarre Kombinationen aus Fels und Krüppelkiefer verströmen einen ersten Eindruck Tolkienscher Sagenwelt. Ob der allerdings tatsächlich mal hier war, ist nicht überliefert. Dafür aber sein Schreibkumpan. Johann Wolfgang von Goethe. Dem ist nämlich auf dem Weg gelegen ein Denkmal gesetzt. So ein bißchen bezweifele ich ja die Umtriebigkeit des Romantikers. Wo der über Europa verstreut scheinbar gewesen sein soll, dafür braucht man eigentlich zwei Leben. Und wenn man bedenkt, dass das schnellste Fortbewegungsmittel damals noch die Kutsche war, vermutlich sogar drei. Aber egal, auch hier steht also eine Büste von ihm.

Auch in der Adersbacher Felsenstadt anzutreffen: Goethe, wer sonst.
Auch in der Adersbacher Felsenstadt anzutreffen: Goethe
Miteinander verschlungen trotzen Fels und Wald den Jahrhunderten
Miteinander verschlungen trotzen Fels und Wald den Jahrhunderten

Kahnfahrt mitten in der Adersbacher Felsenstadt

Eine schmale, in den Stein geschlagene Treppe, gesichert von rostigem Geländer, führt mich auf einen hölzernen Steg und an ein ausgetrocknetes Flussbett. Im Sommer wird im Kanal das Wasser gestaut und finden Kahnfahrten auf ihm statt. Jetzt im Winter liegt er leer und vertrocknet. Knüppelhart und gefroren ist der Boden. Nur die festgemachten Gummireifen am Steg weisen auf dessen maritime Nutzung hin. Für einen zusätzlichen Obulus (4,- € (100,- CZK) / Stand: 2023) kann man sich von April bis Oktober die Schunkelei auf dem knietiefem Wasser gönnen.

Mich führt meine Wanderung jedoch weiter zum großen Wasserfall. Während das Rauschen in der Enge der Sandsteine immer lauter wird, nähere ich mich einer Säule aus Eis. Komplett zugefroren fällt in ihrem Inneren das Wasser knapp 16 Meter herab. Und schlängelt sich anschließend durch eine enge Klamm in die Freiheit. Atemberaubend schön ist das hier.

Klitzekleiner Ausschnitt der Adersbacher Felsenstadt
Klitzekleiner Ausschnitt der Adersbacher Felsenstadt

Von oben und unten: bizarre Felsformationen überall

Einem Feuer im 18. Jahrhundert ist es zu verdanken, dass wir heute die wunderbar angelegten Wege vorfinden. Denn dieses vernichtete den gesamten Baumbestand und legte die Sandsteine der Adersbacher Felsenstadt überhaupt erst frei. Wanderwege wurden angelegt und den Felsen Namen gegeben. So lassen sich unter ihnen stolze Formationen wie der Bürgermeister, der Zuckerhut und der Elefantenplatz finden. Das gotische Tor jedoch ist von Menschen gemacht. Genauer von Ludvík Karel Nádherný, der es um 1839 zusammen mit den Wanderpfaden und -brücken errichten ließ.

Dieses Tor ist es auch, was mich beim Erreichen und Durchschreiten an Tolkiens Moria erinnert. Eine geheime Pforte in eine unwirkliche, fantastische Welt. Wer hier nicht ins Träumen und Staunen kommt, der findet keinen Gefallen an natürlicher Erhabenheit und erosiver Schönheit. Denn genau wie das Gebirge meiner Kindheit, die Sächsische Schweiz, war auch die Adersbacher Felsenstadt vor Millionen Jahren Meeresgrund. Ein Hoch auf die Naturgewalt, die solche Orte geschaffen hat.

Kleiner Spoiler: mittlerweile ist der Wald wieder nachgewachsen.

Vorbei am Sandgrubensee zum Ausgang

Den vorerst letzten Höhepunkt meiner Wanderung bildet der Kristallsee. Der heißt zwar wie er ausschaut, auch wenn es sich hierbei eigentlich um einen gefluteten Steinbruch handelt. Sandstein war beliebtes Baumaterial und musste ja schließlich irgendwo hergeholt werden. Vor der touristischen Erschließung solcher Orte eben genau von da. Am Ufer schwimmen dünne Eisschollen und durch einen Spalt zwischen Felsen und Wald leuchtet golden und warm die Sonne hindurch. Ein Wanderweg, knapp einen Kilometer lang, führt einmal drumherum. Im Winter ist der aber meist wegen erhöhter Gefahr gesperrt.

Ich streife noch ein wenig durch die Felsen und verlasse anschließend die Adersbacher Felsenstadt. Denn noch liegen gut vier Kilometer vor mir. Auch wenn die Sonne nunmehr von einem hellblauen, richtig frühlingshaften Himmel strahlt, neigt sich mein Wandertag doch dem Ende entgegen. Vor allem aber wird es merklich kühler. Ist halt doch irgendwie noch Winter im Braunauer Bergland.

Zuckerhut ist der Name dieses Felsens in der Adersbacher Felsenstadt
Der Zuckerhut in der Adersbacher Felsenstadt
Am Kristallsee, der manchmal auch als Sandgrubensee bezeichnet wird.
Am Kristallsee, der manchmal auch als Sandgrubensee bezeichnet wird.

Zurück auf Anfang

Der Weg zurück ist ein anderer als hin. Parallel zur wenig befahrenen Straße und den Schienen der Regionalbahn, führt ein richtig schöner Weg durchs Tal. Im Schatten der Wälder, hinter denen sich die Adersbacher Felsenstadt von außen unsichtbar versteckt, wird mir dann doch nochmal richtig warm. Vorbei am Hotel Felsenmühle (Skalní Mlýn), welches mit einer recht interessanten Open Air-Ausstellung aufwarten kann, komme ich recht schnell an den ersten Häuser von Teplice nad Metují an.

Am Ortseingang finde ich den Campingplatz Bučnice. Der ist zwar jetzt im Winter geschlossen, wäre aber im Sommer der perfekte Startpunkt für Wanderungen in und um die Adersbacher Felsenstadt. Am verriegelten Haupteingang stehen ein paar Tische und Bänke. Hier raste ich ein letztes Mal, trinke mitgebrachten Tee und lasse die Felsformationen gedanklich noch einmal nachwirken. In der Ferne höre ich die Lokomotive, die sich wenig später träge und schwer vorbeischiebt. Der Bahnhof und damit das Ende meiner Wanderung scheint nicht mehr weit zu sein.

Die letzten Meter verfliegen förmlich. Und geht damit ein richtig schöner Wandertag zu Ende. Nur selten habe ich mich bisher in Landschaften verliebt, tue dies aber immer häufiger. Egal ob in die Dolomiten (Südtirol), das Elbsandsteingebirge (Sachsen) oder eben das Braunauer Bergland (Broumovsko) gerade eben. Solch schöne Gebirge schließt man einfach ins Herz. Und lässt es mich einfach nicht mehr los. Was es auch nicht muss. Erinnerungen – gerade solche – sind eh unbezahlbar.

PS: Rückblickend war es eine richtig gute Idee, dem Ansturm am Haupteingang auf diese Weise aus dem Weg zu gehen. Kann ich nur empfehlen. Gerade im Sommer.

Tipps & Infos

HINKOMMEN.
Am einfachsten mit dem Zug der tschechischen Regionalbahn bis zur Haltestelle Teplice nad Metují – Skály. Wer den Andrang am Eingang nicht scheut, kann auch bis zur Haltestelle Adršpach fahren und dort starten/enden.
Direkt gegenüber des Eingangs zur Adersbacher Felsenstadt befindet sich ein Parkplatz. Genauso wie vor dem Hotel Orlik.

AUSRÜSTUNG.
Für diese Wanderung braucht es eigentlich keine besondere Ausrüstung. Viele machen sie auch eher als Spaziergang. ACHTUNG: Im Winter auf jeden Fall Grödel oder Spikes mitnehmen, da die meisten Wege dann vereist und glatt sein können.

UNTERKUNFT.
Dort geschlafen und daher empfehlenswert ist das Hotel Orlik direkt am Eingang der Weckelsdorfer Felsen und unweit der Adersbacher Felsenstadt. Es ist ein modernes Hotel mit digitalem Check-in und eigenem Restaurant. Die Zimmer sind modern eingerichtet und verfügen über einen kleinen Kühlschrank. Das Restaurant bietet eine ausgezeichnete regionale Küche. Außerdem bekommt jeder Gast im Winter kostenlos Grödel/Spikes gestellt, die er/sie behalten darf. Die hier geschilderte Wanderung beginnt und endet genau dort.

ESSEN & TRINKEN.
Da die Wanderung bei entsprechender Zeiteinteilung auch eine Tagestour sein kann, empfiehlt es sich, Essen und Trinken (im Winter Tee) für ein Picknick unterwegs mitzunehmen. Einkehrmöglichkeiten gibt es nur an Start- und Endpunkt der Wanderung. Das Hotel Felsenmühle (Skalní Mlýn) kurz vor Schluss hatte bei meiner Tour z. Bsp. geschlossen.

BESONDERER TIPP.
Zeit mitbringen! Die Adersbacher Felsenstadt ist zauberhaft schön und verdient es, in Ruhe erwandert zu werden. Dabei gern die einzelnen Aussichtspunkte mitnehmen. Die Landschaft zeigt sich von jedem und überall anders. / OBENDREIN / Der Besuch der Adersbacher Felsenstadt (und der Weckelsdorfer Felsen ebenso) kostet Eintritt. Die Karten dafür sollte man schon rechtzeitig kaufen. Am besten gleich zusammen mit einem Parkticket, sofern man mit dem Auto anreisen möchte. Die Parkplätze sind nämlich limitiert und gerade im Sommer oder am Wochenende Mangelware. Kostenpunkt: Erwachsene 120 Kč, Kinder 90 Kč, Auto 150 Kč (Stand: 2023) / FERNER / Ein Faltblatt in deutscher Sprache kann man sich hier herunterladen und schonmal einen ersten Überblick gewinnen.

Wanderkarte


Weitere Informationen rund um die Adersbacher Felsenstadt gibt es auch auf deutsch unter adrspasskeskaly.cz.

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