Herkules an der Biela

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Das Bielatal im Südwesten der Sächsischen Schweiz bietet abwechslungsreiche Ausblicke auf bizarre Sandsteinfelsen wie zum Beispiel die Herkulessäulen. Eine Rundwanderung.
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Villa im Bielatal
Villa im Bielatal

Auf gehts ins Bielatal

Irgendwo habe ich mal wieder den Abzweig verpasst. Vielleicht, weil er zu versteckt war. Oder weil ich mich gedanklich schon auf einen der Felsen oberhalb vom Bielatal geträumt habe. Vielleicht aber auch, weil es 10 Uhr morgens schon 28 Grad hat und ich wie am Ende eines Marathons schwitze, obwohl ich erst ein Stück des Weges gelaufen bin. Ein neuer, heißer Sommertag im Hinterland der Sächsischen Schweiz.

Von ein paar Autos einmal abgesehen, welche hin und wieder die einzige Straße des Tals befahren, liegt das Bielatal ruhig und verlassen. Der kleine Fluss, der für die Namensgebung verantwortlich ist, plätschert friedlich und träge, vor allem aber kühl dahin. Mehr als ein Rinnsal ist er jedoch nicht. Und wird er auch nicht werden. Unterhalb des Hohen Schneebergs unweit des Bielatals entsprungen, mündet die Biela nach nur 18 Kilometern in Königstein in die Elbe. Kaum geboren, schon wieder vergangen.

Endlich. Ein gelber Kreis auf weißem Grund – mein Wanderzeichen für heute. Neben dem Fluss führt der Pfad erst durch dichten und merklich kühleren Wald, bevor er hinter einem verlassenen Hotel bergan steigt. Mit jedem Höhenmeter wird es wärmer. Und schwüler. Gerade bin ich mir nicht so sicher, ob dies hier und heute wirklich die richtige Entscheidung ist. Aber: dafür ist die Aussicht von oben eindeutig besser.

Zwischen Standort und Kaiser-Wilhelm-Feste liegt das Bielatal
Zwischen Standort und Kaiser-Wilhelm-Feste liegt das Bielatal

Ins Gebiet der Gipfelstürmer

Vom Sachsenstein, der über eine kleine Eisenleiter zu erreichen ist, genieße ich den ersten Ausblick ins Tal und auf die umliegenden Kletterfelsen. Die schießen wie riesige Pilze aus dem Wald empor und sind von majestätischer Schönheit. Vereinzelt unterbrechen leises Klirren und laute Rufe die Stille. Auf einem der schmalen, steilen Felskuppen hat es sich eine Gruppe von Kletterern so gemütlich wie überhaupt nur möglich gemacht und unterhält sich entspannt. Vogelgezwitscher, das seichte Rauschen des Windes und die Geräusche der Gipfelstürmer – Frieden kann so wohlig klingen.

Ich folge dem Weg, mache hin und wieder Rast, trinke viel. Die Temperaturen sind mittlerweile auf über 34 Grad geklettert, was das Laufen zwar anstrengt, aber die schönen Ein- und Ausblicke zwischendurch belohnen meine Mühe. Ein schwarzer Pfeil auf weißem Kreis gibt die Richtung vor und ich folge dem Kletterwegweiser. Zwischen schattenspendenden Fichten und gelbgrauen Sandsteintürmen hat eine Gruppe von Bergsteigern ihr Lager aufgeschlagen. Auf dem Boden liegen Decken, zwischen den Bäumen sind Hängematten aufgespannt. Ein Picknick unterhalb des Felsens, auf dem gerade ein Vater seinem 6-Jährigen Sohn beibringt, wie man mithilfe des Seils den Gipfel erklimmt. Mit viel Geduld und Verständnis schaffen sie es schließlich gemeinsam. Der Jubelruf des Jungen klingt weit übers Tal und hallt von der anderen Seite als Echo zurück.

Die Herkulessäulen im Bielatal

Am südlichen Talende, bevor der Weg weiter in Richtung Hoher Schneeberg und zu den böhmischen Nachbarn abzweigt, führt die Wanderung auf der anderen Talseite wieder zurück. Dort mache ich Rast. Zwischen Felsen und Höhlen, dichtem Kiefernwald und der eben erwähnten Gruppe von Kletterern. Egal welchen Geschlechts, ob jung oder alt – sie alle sitzen, lachen, klettern und genießen den Sommer am Fels in vollen Zügen. Ich schaue ihnen dabei zu. Zwar als Gast, aber willkommen. Wir unterhalten uns, tauschen uns aus. Einen kurzen Moment erhalte ich Einblick in die Welt der sächsischen Bergsteiger, die so ganz anders ist, als die der Alpinisten, die sich in Höhen oberhalb der Baumgrenze wagen.

Dann endlich, es ist bereits Nachmittag, steige ich die letzten Stufen zur nächsten Aussicht hinauf. Und komme ins Staunen. Unbewusst hatte ich unterhalb der Herkulessäulen bereits Pause gemacht und ihre Größe bewundern dürfen. Nun blicke ich ihnen direkt ins Antlitz. Die grazile Form und magische Erhabenheit sind schon ein klein bisschen spektakulär. Oberhalb vom Bielatal thronen sie am östlichen Rand und überblicken das Tal in voller Breite. Da kann die Barbarine echt einpacken, so schön ist es hier.

Kaiser-Wilhelm-Feste im Bielatal

Baumeister Kaiser hat eine Wette verloren. Ausgerechnet am Stammtisch. Und wem das ebenfalls schonmal passiert ist, der weiß, die muss eingelöst werden. Schon der Ehre wegen. Einem Kuriosum also ist es zu verdanken, dass der Wanderweg nach Kletterfelsen, Herkulessäulen und wundervollen Ausblicken an genau dieser Stelle noch mit einem weiteren Highlight aufwarten kann. Die Kaiser-Wilhelm-Feste ist nämlich kein Zeugnis räuberischer Geschichte, sondern – wie eingangs erwähnt – eines von zu viel Bier und Hochmut. Dem Geschmack damaliger Zeit entsprechend, wir reden hier vom ausgehenden 19. Jahrhundert, wurde diese Bastion 1880 von J. G. Kaiser errichtet und dient nach aufwändiger Rekonstruktion im Jahre 1992 seitdem als Aussichtspunkt. Ein Ort genau nach meinem Geschmack: Verwunschen schön.

Kaiser-Wilhelm-Feste im Bielatal
Kaiser-Wilhelm-Feste im Bielatal

Rückweg oder Sonnenuntergang? Deine Entscheidung.

Wer Zeit und Lust mitbringt, kann hier sicher einen fulminanten Sonnenuntergang bewundern. Der Rückweg im Dunkeln gestaltet sich einfach. Lediglich an den schmalen Stufen hinab ins Tal sollte man vorsichtig sein. Die sind steil und je nach Wetterlage auch mal rutschig. Mich jedoch zieht es weiter. War ich gestern schon auf der Kaiserkrone, um das letzte Tageslicht zu erhaschen, möchte ich heute auf den Zirkelstein direkt daneben. Jeden Abend ein anderer Berg, jeden Moment eine andere Aussicht.

Letztlich bereue ich es nicht, bei den Temperaturen wandern gegangen zu sein. Zum Einen, da das Freibad in Cunnersdorf sicher restlos überfüllt gewesen sein wird, zum Anderen, da ich eine kleine, mir bis dato unbekannte Welt kennenlernen durfte – die der Sandsteinkletterer.

Tipps & Infos

HINKOMMEN.
S-Bahn S1 bis Bahnhof Pirna, von dort mit dem Bus 245 bis Bielatal, Brausenstein.
Mit dem Auto bis zum gebührenpflichtigen Parkplatz gegenüber des Hochofens Rosenthal. Da der aber nur sehr klein ist und gerade im Sommer überfüllt, empfiehlt sich die Anreise mit dem ÖPNV.

AUSRÜSTUNG.
Diese Wanderung ist ziemlich einfach und braucht lediglich ein wenig Schwindelfreiheit auf den Sandsteinen. Die sind aber allesamt gesichert, so dass hier keine Gefahr bestehen sollte.

UNTERKUNFT.
In Bielatal-Rosenthal gibt es einige private Vermieter, die Ferienwohnungen anbieten. Ein Hotel oder eine Pension gibt es meines Wissens dort nicht.

ESSEN & TRINKEN.
Wer unterwegs speisen möchte, sollte sich besser etwas einpacken. Die beiden Imbisse haben nicht immer geöffnet und sind auch nur direkt im Tal, dem Bielagrund gelegen.
Räuberhütte, nur am Wochenende geöffnet
– Imbiss Draxensteinbaude (Mai bis Oktober)

BESONDERER TIPP.
Das Bielatal ist Klettergebiet. Wer ein wenig Zeit mitbringt kann den Kletterern an diversen Felsen dabei zusehen, wie sie die zum Teil äußerst schmalen und waghalsigen Touren auf die Gipfel erklimmen.

Karte & Überblick

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