Im Allgäu war ich bisher noch nie. Freunde und Bekannte schwärmten mir zwar schon vor, wie schön es dort sein soll. Es aber selbst mal zu besuchen, stand bis dato nicht so wirklich auf meiner Agenda. Das sollte sich ändern. Denn es wurde höchste Eisenbahn, diesem südlichen Fleck Deutschlands mal einen Besuch abzustatten. Und was soll ich sagen: ich bin hellauf begeistert. Vom Allgäu an sich und der Wandertrilogie Allgäu im besonderen.
Und verliebt bin ich. In ein Gebiet, das so abwechslungsreich und vielfältig wie kein zweites ist. Das auf weitläufigem Raum all das vereint, was ich an landschaftlicher Vielfalt so sehr an Deutschland liebe. Und das zudem noch mit einem Wegenetz aus Weitwanderwegen aufwarten kann, welches all das sehr gekonnt miteinander verbindet. Glatt wünschte ich mir vom Frühling bis zum Spätherbst genug Zeit, genug Urlaub zu haben, um all das an einem Stück entdecken zu können.
Wie dieses Wegenetz heißt? Sehr naheliegend: Wandertrilogie Allgäu. Doch was ist das überhaupt, was verbirgt sich hinter diesem Namen?
Was ist die Wandertrilogie Allgäu?
Nichts einfacher als das. Die Wandertrilogie Allgäu ist ein Verbund dreier Weitwanderwege, auf denen man drei sehr unterschiedliche Naturräume erkunden kann. Im Einzelnen sind das:
Wiesengängerroute
Mit einer Gesamtlänge von 438 Kilometern oder 22 Etappen entführt diese Route in die Landschaften des nördlichen Allgäu. Über sanft geschwungene Hügel, durch stille Wälder, über grüne Wiesen und vorbei an mystischen Moorgebieten ist die Wiesengängerroute perfekt für Sinnsuchende und Kulturwanderer geeignet.
Wasserläuferroute
Auf den insgesamt 406 Kilometern oder 26 Etappen folgt man dem Wasser. Durch Wälder und erste Berge mit Panoramablicken gen Alpen, vorbei an Seen und Wasserwegen entführt die Wasserläuferroute in die Reste der letzten Eisszeit, welche das mittlere Allgäu landschaftlich bis heute prägt.
Himmelsstürmerroute
Höhenmeter satt bekommt der Wanderer auf den insgesamt 358 Kilometern oder 24 Etappen der Himmelsstürmerroute. Sie entführt in die Höhenlagen des Oberallgäus, auf steile Gipfel und zu saftig grünen Alpwiesen. Ein Genuss für Bergbegeisterte, die keine Angst vor der Höhe und schmalen Bergpfaden haben.
Zudem sind die Kultur- und Landschaftsräume, die unterwegs erwandert werden, in einzelne Themengebiete unterteilt und sorgen somit auf allen drei Wegen für ausreichend Abwechslung. Egal ob man sich in einem der insgesamt neun Gebieten befindet, zum Beispiel auf den Glückswegen, in den Gipfelwelten oder im Schlosspark unterwegs ist – jeder Landschaftsraum wird durch eine eigene Systematik kenntlich gemacht.
Was echt super ist. Somit stößt man unterwegs stets auf deren ganz eigene Interpreten und erfährt mit jeder Etappe etwas mehr über den jeweiligen Raum und dessen Bedeutung. Obendrauf gibt es dann noch – wie ich gelernt habe – 34(!!) Partnerorte, die auf Stadtspaziergängen, den sogenannten Trilogierundgängen, erkundet werden können. Diese sind ebenfalls durch ein eigenes Wahrzeichen gekennzeichnet und laden zum Grübeln und Nachdenken ein. Gerade an den Start- und Zielpunkten der jeweiligen Etappen ist das sehr interessant und unterhaltsam.
Und bieten sie Gesprächsstoff für unterwegs. Stichwort Glückswege. An dieser Stelle ein großer Dank an den Pfarrer und Gesundheitspapst Sebastian Kneipp. Dessen nach ihm benannte Bäder erfreuen sich heutzutage immer noch großer Beliebtheit – auch bei mir – und stößt man unterwegs fast überall auf sie. Gerade im Sommer eine willkommene Abwechslung und kühlender Hochgenuss.
Trilogierundgänge auf der Wandertrilogie Allgäu
Marktoberdorf
Wer Marktoberdorf nur mit dem weltweit größten Hersteller von Traktoren verbindet, tut dem Ort unrecht. Chöre sind nämlich das neue Markenzeichen. Alljährlich findet in der 19.000 Einwohner zählenden Kleinstadt eines der größten und bekanntesten Festivals für mehrstimmiges Singen statt. Großartig!
Den Trilogierundgang unternimmt man am besten mit einer Stadtführer:in. Auf der Webseite des Touristikbüros der Stadt Marktoberdorf gibt es diese für unterschiedliche Themen. Von Waldbaden bis Kulinarik ist alles dabei. Auf sehr unterhaltsame Weise lernt man dabei nicht nur die Stadt näher kennen, sondern erfährt ganz nebenbei witziges, gruseliges, wohlschmeckendes und vor allem geschichtliches.
Pfronten
Helles Grün zwischen dunklen Nadelwäldern, hölzerne Bohlen auf moorigem Grund, Wiesenpfade hinauf zum Hörnle, der mit seinen 908 Metern die höchste Erhebung Pfrontens ist und ein fantastisches Panorama bereithält – das und noch vieles mehr findet man auf dem Trilogierundgang durch Pfronten.
Dabei immer im Blick: die Kirche St. Nikolaus mit einem erstaunlichen hohen Kirchturm und – na klar – die Ausläufer der Allgäuer Alpen. Die kratzen nicht allzu fern bereits die 2.000er Marke und beeindrucken einladend. Wer daher nach einem langen Wandertag noch etwas Zeit und vor allem Kraft in den Beinen hat, sollte sich die knapp 5 Kilometer on top genehmigen. Ein Kraftort dieses Pfronten.
Leutkirch
Mit Julia Panzram, Leiterin der Touristinfo, und Claudia Maier, Resilienz- & Achtsamkeitscoachin, begebe ich mich auf den Trilogierundgang durch Leutkirch. Der führt vom Marktplatz auf die Thingstätte, einem ehemaligen Versammlungsort der heute einen wunderbaren Ausblick auf die sanften Hügel des Unterallgäus gestattet.
Von diesem Kraft- und Erinnerungsort führt der Rundweg weiter um den Stadtweiler und über die Wilhelmshöhe zurück auf den Markt.
Füssen
Altstadt, Museen, Wasser. So würde ich knapp den Trilogierundgang durch Füssen zusammenfassen. Denn der ist echt abwechslungsreich. Die liebevoll restaurierten und meist im Originalzustand erhaltenen Gebäude der Altstadt sind nämlich bei jedem Wetter einen Spaziergang wert. Egal ob man sich bei Regen in die unzähligen Cafés oder Restaurants zurückzieht, eines der Musseen besucht oder dann doch noch den Abstecher zum Lechfall unternimmt – Füssen ist ein Kleinod. Und echt die drei Kilometer wert, die der Rundgang lang ist.
Gut, der Umweg zum Lechfall, der vermutlich gerade in der Hochsaison echt überlaufen sein wird, sind nochmal gut und gern zwei Kilometer on top. Aber es lohnt sich, Füssen auch aus dieser Perspektive kennen zu lernen.
Wanderungen auf der Wandertrilogie Allgäu
Na klar, ich kann nicht in eine Region reisen, in der ich bisher überhaupt noch nicht war, ohne die Wanderschuhe zu schnüren. Daher habe ich mich auf sehr unterschiedliche Touren begeben und in allen drei Landschaftsräumen eine Stippvisite unternommen.
Wiesengängerroute – Etappe 1:
Von Marktoberdorf nach Kaufbeuren
Auf der ersten Etappe der Wiesengängerroute zog es mich gemeinsam mit Claudia Maier in die Wälder rund um Kaufbeuren und erfuhr ich erste Übungen in Sachen Resilienz und Achtsamkeit. Das sind nicht nur in Mode geratene Attribute, sondern im Sinne der Selbstfürsorge extrem wichtige Bausteine. Sie können nämlich helfen, stressige Situationen nicht nur zu meistern, sondern ihnen vorzubeugen. Da das für mich dermaßen interessant und lehrreich war, widme ich diesem Kapitel nochmal einen eigenen Blog-Post.
Die Etappe als solche ist dafür wie geschaffen. Sie führt auf reichlich 25 Kilometern von Marktoberdorf nach Kaufbeuren und berührt interessante Aussichts- und Erlebnispunkte wie zum Beispiel die Fatima-Kapelle oder die Bergmang-Alpe. Egal in welche Richtung man diese Etappe auch läuft – wir wanderten entgegen der Kommunikationsrichtung – sie führt meist auf Forst- oder Waldwegen durch stille Wälder und über fruchtbare Wiesen. Wie geschaffen also, zwischendurch auch mal in sich zu gehen und nachzudenken.
Wasserläuferroute – Etappe 8:
Von Nesselwang nach Pfronten
Auf der Wasserläuferroute prüft man seine Höhentauglichkeit. Zumindest dann, wenn diese parallel zur Route der Himmelsstürmer verläuft. Dabei ist eine ganz besondere Tour die von Nesselwang bergauf und vorbei am gleichnamigen Wasserfall. Der stürzt 90 Meter in die Tiefe und ist – Stichwort: Wasserläufer – gerade bei regnerischem Wetter schon auch so ein kleines bisschen sehr beeindruckend. Oben angekommen wartet dann noch der Abstecher zur Alpspitz, die mit 1.630 Metern recht imposant aufragt.
Vorbei an der Kappeler Alp, auf der man unbedingt eine Pause einlegen sollte, führt der Weg durch die Höllschlucht wieder bergab in Richtung Kappel. Dabei braucht es dann auch so ein bisschen Trittsicherheit. Der Waldweg, der zumeist über Wurzeln und in Serpentinen hinab ins Tal führt, ist zum Teil ausgesetzt und abenteuerlich. Dafür macht sich der Höllschlucht-Wasserfall schon von weitem bemerkbar. Klangvoll rauscht auch hier das Wasser ins Tal und kühlt die Luft auf angenehme Temperaturen ab.
Von Kappel geht es abschließend über die Wiesen nach Pfronten und damit ans Ziel.
Wiesengängerroute – Etappe 11:
Durchs Wurzacher Ried
Moore sind hochinteressant. Vor allem solche, die noch oder wieder intakt sind. So, wie das Wurzacher Ried, welches zu den größten Hochmooren Europas zählt. Seit der Torfabbau in den 1990er Jahren eingestellt wurde, kommt dem Wurzacher Ried gerade im Hinblick des sich verändernden Klimas eine immer größere Bedeutung zu. Denn Moore können ein Vielfaches mehr an CO2 speichern als Wälder auf vergleichbarer Fläche. Das macht sie zu ultimativen Alleskönnern. Nebenbei bieten sie noch seltenen Tier- und Pflanzenarten einen wichtigen Überlebensraum. Doof nur, dass in Deutschland gerade mal noch 9 Prozent aller Moore intakt sind. Hier besteht Nachbesserungsbedarf!
Das alles und noch viel mehr erfährt man auf der Torfstecherrunde im Wurzacher Ried. Die streift beziehungsweise der folgt man gegen Ende der 25 Kilometer langen Etappe von Leutkirch nach Bad Wurzach. Und sollte man sich Zeit für sie nehmen. Das Tagesziel ist ja eh bald erreicht und ist das Hochmoor Wurzacher Ried echt fantastisch schön. Gerade für Fotografen. Zu jeder Tageszeit und bei egal welcher Witterung gibt es mit jedem Schritt neue und schöne Einblicke zu entdecken und festzuhalten.
Weitere Informationen zum Wurzacher Ried gibt es auf der Webseite von MoorExtrem, der Stiftung Naturschutzzentrum Wurzacher Ried.
Himmelsstürmerroute – Etappe 3:
Von Füssen nach Pfronten
Eine der abwechslungsreichsten Wanderungen, die ich je unternommen habe, ist die Etappe 3 auf der Route der Himmelsstürmer im Rahmen der Wandertrilogie Allgäu. Durch die Altstadt Füssens, die ich hier bereits näher beschrieben habe, führt der Weg relativ schnell aus der Stadt heraus. Schon das erste Highlight, der Alatsee, ist ein echter Augenschmaus. In einem kleinen Tal sammelt sich das kristallklare Wasser und lädt zum Relaxen und Ausruhen ein.
Demnach folgen ein knackiger Aufstieg, die Saloberalm, der Salober-Gipfel selbst, der echt total schöne und beeindruckende Zirmgrat und last but not least die Burgruine Falkenstein. Die liegt zwar nicht direkt auf dem Wanderweg, lohnt aber den Abstecher. Der Blick vom Turm der Ruine ist ein echter 360-Grad-Panoramablick und jeden Höhenmeter des zusätzlichen Aufstiegs wert.
Auch der Mariengrotte, an der man direkt vorbeiläuft, sollte man etwas seiner Zeit schenken. Ich bin zwar kein besonders gläubiger Mensch, aber hier ist mir echt so ein wohliger Schauer über den Rücken gelaufen. Toller Ort.
Dann geht es nochmal bergab, anschließend wieder bergauf, nur um Ende wieder bergab und ins Tal, ergo nach Pfronten zu gelangen. Diese Etappe ist dermaßen abwechslungsreich – sie hat es bei mir echt in die Top 10 der schönsten Wanderungen geschafft.
Tipps & Informationen
Hinkommen
↠ Am besten mit dem ÖPNV. Alle Partnerorte der Wandertrilogie Allgäu lassen sich bequem mit den Öffis erreichen. Entweder verfügen sie über eine Anbindung an die Bahn oder – wenn nicht die Bahn – dann auf jeden Fall den Bus. Das Auto empfiehlt sich hier eher nicht.
Ausrüstung
Für die Wanderungen auf der Wiesengängerroute braucht es keine besondere Ausrüstung. Nur genügend Kondition für die etwas längeren Strecken. Ganz anders sieht es bei der Wasserläufer- und vor allem der Himmelsstürmerroute aus. Gerade bei letzterer braucht es festes, alpintaugliches Schuhwerk und Trittsicherheit.
Ausschilderung
Die Wandertrilogie Allgäu ist perfekt ausgeschildert. An allen, vor allem wichtigen Weggablungen oder -kreuzungen sind Hinweisschilder zu finden, welche die Entfernung zu den nächsten Zielen angeben. Diese sind darauf in Wegzeit angegeben, nicht in Kilometern. Das macht insofern Sinn, da vier Kilometer auf der Wiesengängerroute eine ganz andere, sehr viel kürzere Wegzeit benötigen als im Reich der Himmelstürmer. Dort kommen nämlich zumeist noch Höhenmeter dazu, die dann aus vier Kilometern mal gut und gern 2 Stunden werden lassen. Der Einheitlichkeit wegen sind daher alle Entfernungen in der dafür benötigten Zeit angegeben unter Berücksichtigung der tatsächlichen Strecke.
Sollte mal kein Hinweisschild vorhanden sein, sind bei den kleinen Wegweisern Aufkleber in Richtung der weiteren Route angebracht. Auch Umwege – zum Beispiel aufgrund einer Wegsperrung – sind vorbildlich ausgeschildert. Verlaufen kann man sich daher eigentlich nicht.
Um das sicher zu stellen, werden im Frühling vor Saisonbeginn alle drei Routen der Wandertrilogie Allgäu von Scouts abgelaufen und eventuell doch mal fehlende Wegweiser schnellstmöglich ersetzt.
Buch-Tipp
Das Kompendium* „Wandertrilogie Allgäu“ der Autoren Michael Sänger und Christa Fredlmeier fasst alle nötigen Infos und Wegbeschreibungen zu allen drei Wanderrouten zusammen.
Jede Etappe ist ausführlich beschrieben und bebildert und verschafft mit Karte und Angaben der Höhenmeter einen umfassenden Überblick. Das im Kompass Kartenverlag erschienene Buch* erscheint aktuell bereits in dritter Auflage und wird stets an sich verändernde Umstände angepasst.
Übernachten
Selbst untergebracht war ich in zwei echt bemerkenswerten Hotels, die ich hier gern weiterempfehlen möchte.
Zum einen „Das Weitblick Allgäu“ in Marktoberdorf. Dessen Wellness-Bereich ist ganz aktuell mit dem Aphrodite „Signature Treatment“ ausgezeichnet und lädt der ganzjährig geöffnete Außenpool beim Blick in Richtung Alpenpanorama zum Schwimmen und Relaxen ein. Das Essen ist ein absoluter Kracher und auch die Zimmer sind modern aber gemütlich eingerichtet. Beim Anblick des Alpenpanoramas einzuschlafen und auch wieder aufzuwachen ist echt ein Knaller. Doch Achtung: es empfiehlt sich für ein geplantes Wochenende vorab zu reservieren. Die Auslastung des Hotels ist gerade am Wochenende sehr gut.
Zum anderen „feelMOOR“ in Bad Wurzach. Man höre und staune: das Gesundheitsresort und Spa-Hotel ist nicht in privater Hand sondern wird von der Stadt betrieben. Was insofern ungewöhnlich ist, da es weder verstaubt noch aus der Zeit gefallen ist. Ganz im Gegenteil lädt das Resort zum Entspannen und Relaxen ein. Egal ob bei einem Moorbad, einer wohltuenden Massage oder beim Schwimmen in der Poollandschaft – für das körperliche Wohl ist hier rundum gesorgt. Die Zimmer sind modern eingerichtet und verfügen über alle Annehmlichkeiten. Auch das Buffet lässt keine Wünsche offen und berücksichtigt dabei (fast) alle Ernährungsweisen.
Hinweis in eigener Sache (Disclaimer)
Meine hier beschriebenen Eindrücke durfte ich auf Einladung der Allgäu GmbH sammeln. Dabei sind mir Unterkünfte und Verpflegung zur Verfügung gestellt worden, wofür ich mich recht herzlich bedanken möchte. Auf meine abschließende Meinung wurde kein Einfluss genommen. Diese entspricht ausschließlich meiner persönlichen Sicht.
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