Achtsam wandern auf der Wiesengänger-Route der Wandertrilogie Allgäu

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Anzeige Ein Mittel gegen Stress und Überlastung ist den 7 Säulen der Resilienz entlehnt: Achtsam Wandern. Auf der Wiesengängerroute der Wandertrilogie im Allgäu geht das besonders gut. Ein Erfahrungsbericht.
Sven Becker
  Inhalt

Wer schon einmal einen Hörsturz oder schlimmer einen Burnout hatte, weiß, wie wichtig es ist, bereits im Vorfeld besser auf sich zu achten. Damit man nicht wieder in die eigene Falle tappt. Damit man nicht wieder in die Überlastung gerät. Um belastbarer zu werden, gibt es viele Übungen und Anleitungen. Hilfreicher ist es jedoch, dies unter geschulter Anleitung zu tun. Denn eine Form davon kann „Achtsam Wandern“ sein. Quasi ein Baustein der Selbstfürsorge.

Da ich mich mit diesem Thema bisher nur unzureichend beschäftigt habe, es aber dringender denn je tun sollte, war es höchste Zeit, mich damit auseinander zu setzen. Meine ersten Erfahrungen in diesem Bereich habe ich nun auf der Wiesengängerroute der Wandertrilogie Allgäu gemacht. Dort hat mich eine Natur-Resilienz-Trainerin begleitet und mir erstes Handwerkszeug mit auf den Weg gegeben. Und genau davon möchte ich berichten.

Achtsam Wandern auf der Wiesengängerroute
Achtsam Wandern auf der Wiesengängerroute

Los geht’s: Achtsam Wandern auf der Wiesengängerroute.

Am Startpunkt der Wanderung bekomme ich ein Willkommensgeschenk in die Hand gedrückt. Ein kleines Notizbuch mit Stift und Karabinerhaken für den Rucksack und ein Stoffsäckchen mit zehn weißen Bohnen. Das werde ich später brauchen, meint Claudia Maier. Sie ist Achtsamkeits- und Resilienzcoach, führt Wanderungen und Trainings zu diesem Thema durch und wird mich auf der heutigen Wanderung begleiten.

Dabei rät sie mir, die Bohnen aus dem Beutel zu nehmen und allesamt in die rechte Hosentasche zu stecken. Jedes Mal, wenn ich einen Moment erlebe, an den ich mich unbedingt erinnern möchte, nähme ich dann eine Bohne aus der rechten Hosentasche und stecke sie in die linke. So far, so good. Ich öffne also den Beutel, zähle die Bohnen und verstaue sie wie gewünscht in meiner rechten Hosentasche. In dem kleinen Buch könne ich zudem noch festhalten, was mich dabei bewegt hat oder welche Gedanken mir durch den Kopf gegangen sind. Das würde mir später helfen, mich zu erinnern. Okay, check. Mach ich.

Nach der Einführung starten wir. Entlang einer Wiese, auf der das saftige Grün der Gräser und das leuchtende Gelb des Löwenzahns den Sommer ankündigen, führt der Weg gemächlich bergauf. In der Ferne kann ich die Ausläufer der Allgäuer Alpen erkennen. Wirklich schön.

Natur-Resilienz-Trainer Claudia Maier
Natur-Resilienz-Trainer Claudia Maier

Eine Übung für die Sinne an der Fatima-Kapelle

Erste Station ist die Fatima-Kapelle. Auf einer Anhöhe gelegen, genieße ich einen traumhaften Rundblick. Und lausche der Geschichte, die mir erzählt wird. Die heilige Crescentia soll im Zweiten Weltkrieg dafür gesorgt haben, dass ausgerechnet in der Nacht, in der alliierte Flugzeuge deutsche Ziele auskundschafteten und bombardierten, eine dichte Wolkendecke über Kaufbeuren hing. Doch wegen der Wolken fanden sie den Ort nicht und drehten wieder ab. Was ein großes Glück war. Denn Kaufbeuren ist eine der wenigen Ortschaften in Deutschland, die im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört wurden.

Claudia führt mich auf den kleinen Platz direkt vor der Kapelle. Sie bittet mich, eine gute Position einzunehmen. Entspannt aber fest stehe ich auf beiden Beinen und schließe die Augen. Es ist ungewohnt für mich, bewusst auf diesen Sinn zu verzichten. Jobbedingt ist er einer der wichtigsten in meinem Alltag. Und nun soll ich auf ihn verzichten. Dennoch lasse ich mich darauf ein.

Unter ihrer Anleitung führt sie meine Gedanken. Welche Geräusche höre ich. Und von wo. An welcher Körperstelle spüre ich die Sonne, aus welcher Richtung kommt der Wind. Mit jeder Sekunde, die ich mich mehr auf die Wahrnehmung der anderen Sinne konzentriere, gelingt es mir, gedanklich ruhiger zu werden.

Nach einer Minute intensiven Spürens soll ich mich bei geschlossenen Augen um 90 Grad drehen. Andere Geräusche dringen nun zusätzlich in mein Bewusstsein. Auch der Wind fühlt sich plötzlich anders an. Zumindest kommt er aus einer anderen Richtung. Die Sonne, die ab und zu durch sich lichtende Wolken bricht, fühlt sich jetzt an ganz anderen Stellen meiner Haut warm und wohlig an.

Erste Erkenntnisse

Nachdem ich mich auf diese Weise einmal im Uhrzeigersinn um mich selbst gedreht habe, öffne ich langsam wieder die Augen. Und werde sofort von der visuellen Wucht erschlagen. Waren meine Gedanken bis zu diesem Moment klar und ruhig, so sind sie es plötzlich nicht mehr, wenn sich das Sehen zuschaltet. Manchmal helfe es wohl, einen der Sinne bewusst auszuschalten, meint Claudia. Dann falle es leichter, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Mit dieser Erkenntnis im Kopf schultere ich meinen Rucksack und gehen wir weiter. Für kurze Momente spüre ich noch das Gefühl der Geborgenheit, bis mich der nächste Anstieg endgültig zurück ins Hier und Jetzt holt. Während ich ein wenig ins Schwitzen komme, nehme ich eine der weißen Bohnen aus der rechten Hosentasche und stecke sie in die linke.

Dankbarkeit – ein Schlüssel zum Glück

Vorbei an der Burgruine Großkemnat, deren Aussichtsturm schon von weitem auf einer Anhöhe zu sehen ist, führt der Weg zunächst durch Oberbeuren und dann in den Wald. Während wir gemütlich wandern, fragt mich Claudia, wofür ich im Leben eigentlich dankbar sei. Da mir nicht sofort eine Antwort einfällt, muss ich kurz überlegen. Es gibt so viele Dinge, die ich als selbstverständlich ansehe, die es aber eigentlich nicht sind. Gesundheit zum Beispiel. Oder laufen zu können, Berge zu besteigen. Und auch so viele unnütze, materielle Dinge.

Ich denke nach und komme zu dem Schluss, wofür ich von Herzen dankbar bin, das sind meine Freunde, meine Familie. Sicher, das klingt zunächst wie eine Binsenweisheit. Aber in meinem Leben waren und sind diese Menschen ein fester und sicherer Fels in unruhigen Zeiten. Auf sie konnte und kann ich mich immer verlassen, auch wenn wir mal nicht einer Meinung sind oder uns streiten.

Dankbar bin ich aber auch für den Verlauf meines bisherigen Lebens. Von dem Moment an, als ich mich entschieden habe, einen etwas anderen Weg zu gehen, war mein Leben so voller Abwechslungen und Wendungen, dass ich rückblickend wirklich dankbar bin, diese Momente nicht nur durchlebt, sondern erlebt, ja gespürt zu haben.

Freude, Trauer, Glück – ein warmes, wohliges Gefühl durchströmt mich beim Nachdenken und Erinnern. Es tut mir gut, mir bewusst zu machen, dass die Dinge eben nicht selbstverständlich sind, sondern etwas Besonderes. Für jeden von uns. Insofern ist das eine wunderbare Erkenntnis, während die Stille des Waldes genügend Raum für diese Gedanken lässt. Eine wirklich schöne Art, sich auf diese Weise seiner selbst bewusst zu werden. Wieder wandert eine weiße Bohne von der rechten in die linke Tasche.

Zuerst Achtsam Wandern, dann eine Meditation am See

Es folgt ein Stück durch dichten Wald. Wir halten an einem kleinen Tümpel, der still und verlassen am Wanderweg liegt. Claudia bittet mich, den Rucksack abzunehmen, mir ein schönes Plätzchen zu suchen und mich auf den Boden zu setzen. Wie selbstverständlich suche ich mir eine Kiefer aus, setze mich in ihren Schatten und lehne mich an ihren kräftigen Stamm. Kurz schießt mir der Wunsch durch den Kopf, genau hier ein kleines Häuschen zu bauen. So eins, wo man vom Sofa aus direkt auf den See schauen kann. Fenster bis zum Boden, Kamin am Knistern, gemütlich und geborgen.

Claudia reißt mich aus meinem Tagtraum und bittet mich, auch hier die Augen zu schließen. In dem Moment, in dem ich ihrem Wunsch nachkomme, erinnert sich mein Unterbewusstsein an die Erfahrung an der Fatima-Kapelle und ich nehme die anderen Sinne sehr viel deutlicher wahr. Und werde mit jedem Atemzug ruhiger.

Nach der Übung und anschließenden Meditation öffne ich die Augen und nehme Details in meiner Umgebung wahr, die ich vorher nicht gesehen habe. Hatte das Moos schon die ganze Zeit diese mikroskopisch kleinen Knospen? Hat die Ameise schon vorher versucht, auf die Blattspitze zu krabbeln? Selbst die Rinde der Kiefer, die sich wie harter Grind auf einer verheilenden Wunde anfühlt, schaut vertraut und fremd zugleich aus. Unglaublich, wie viel es im Kleinen zu sehen gibt, wenn man sich nur die Zeit nimmt, bewusst hinzuschauen. Es ist wirklich schön, in diese Welt einzutauchen, von deren Existenz ich im Vorbeigehen wahrscheinlich gar nichts mitbekommen hätte. Nach einer kurzen Pause geht es weiter. Und zack, schon befinden sich drei weiße Bohnen in der linken Hosentasche.

Details erschließen sich nur bei genauerer Betrachtung
Details erschließen sich nur bei genauerer Betrachtung

Dicker Brocken fest umarmt

Im leichten Auf und Ab der hügeligen Landschaft folge ich dem Weg abwechselnd durch lichte Wälder und über dichte Wiesen. Auf einigen steht das Gras bereits hüfthoch und ist es fast schon Zeit für die erste Mahd des Jahres.

Etwas abseits des Weges steht ein Mammutbaum. Er wurde um 1880 von einem Bürger der Gemeinde an dieser Stelle gepflanzt und ist inzwischen über 30 Meter hoch. Weitere 70 können es noch werden. Das Besondere an ihm aber ist seine Rinde. Weich wie ein Schwamm gibt sie dem Druck meiner Hände nach und fühlt sich angenehm warm an. Ganz im Gegenteil zur Kiefer von vorhin. Eigentlich in Kalifornien beheimatet, ist dies der erste Mammutbaum meines Lebens. Und genau der richtige Moment für eine weitere Bohne. So langsam summiert sich die Anzahl in meiner linken Hosentasche und werden erinnerungswürdige Momente geschaffen.

Ein Mammutbaum mitten im Allgäu: Achtsam Wandern auf der Wiesengängerroute
Ein Mammutbaum mitten im Allgäu: Achtsam Wandern auf der Wiesengängerroute

Am Ziel ankommen heißt auch Loslassen

Schließlich erreichen wir die Bergmang Alpe. Eine idyllisch gelegene Almhütte, die umgeben von saftigen Wiesen einladend wirkt. Weißer Putz im unteren, dunkles Holz im oberen Bereich und grüne Fensterläden laden zum Durchatmen und Verweilen ein. An der Fassade hängen Hirschgeweihe, rundherum stehen robuste Holzbänke – ganz so, wie man sich eine Alpe im Allgäu vorstellt.

Wir kehren ein und lassen den Wandertag bei Bier und Brotzeit ausklingen. Es war wirklich schön, diese Wanderung unternommen zu haben. Nicht nur, weil sie landschaftlich so abwechslungsreich ist und im Wechsel der Wiesen mit Weitblick und Abschnitten im Wald genug Raum fürs Nachdenken lässt. Gerade Claudias Fragen und Anregungen haben mir neue Denkanstöße gegeben. Sie werden mich sicher noch eine Weile beschäftigen…

Wer also auch mal achtsam wandern und seine Resilienz unter Anleitung trainieren möchte: Eine Trainerin kann ich direkt empfehlen. Und die Wiesengänger-Route der Wandertrilogie Allgäu sowieso. Ist wirklich schön hier!

Achtsam wandern bis zur Bergmangalpe auf 850m
Achtsam wandern bis zur Bergmang Alpe auf 850m

Tipps & Infos


HINKOMMEN.
Die Start- und Endpunkte dieser Route sind verschieden. Daher empfiehlt sich eine Anreise mit dem ÖPNV. Am besten nach Marktoberdorf mit den Zügen RB68 oder RB77, ab Kaufbeuren dann auch mit dem ICE2084/85 oder der Regionalbahn. Genauere Infos gibt es direkt bei bahn.de.

AUSRÜSTUNG.
Für diese Wanderung benötigt es keinerlei besondere Ausrüstung. Im Grunde ist das ein gemütlicher Spaziergang. Sollte man unterwegs Übungen der Achtsamkeit einbauen wollen, empfiehlt sich ein Sitzkissen oder eine Yogamatte mitzunehmen.

UNTERKUNFT.
In Marktoberdorf bin ich im Weitblick Allgäu untergekommen. Das ist ein 4-Sterne-Hotel mit einem tollen Spa-Bereich und wunderbar leckerer Küche. Kann ich ausdrücklich empfehlen. Besonders die Süßigkeiten-Theke, die rund um die Uhr kostenlos zur Verfügung steht, hat es mir zusätzlich angetan. Aber auch die öffentlich zugängliche Sky-Bar mit ihrer Terrasse und einem tollen Blick in Richtung Allgäuer Alpen.

ESSEN & TRINKEN.
Da es sich durchaus um eine Tageswanderung handelt, wäre es nicht verkehrt, vor allem im Sommer, Essen und Trinken dabei zu haben. Einzige Möglichkeit der Einkehr – und eigentlich ein Muss – ist die Bergmang Alpe. Aber Vorsicht! Dort finden hin und wieder Feiern statt und dann ist die gesamte Alpe geschlossen. Am besten man schaut vorher auf der Webseite nach.

BESONDERER TIPP.
Der Mammutbaum bei Apfeltrang liegt etwas abseits des Weges. Der kleine Umweg lohnt aber und sind eigentlich keine 100 Meter. Man sollte so einen Baum mal berührt haben. Die Rinde fühlt sich wunderbar komisch an. OBENDREIN // Auf der Bergmang Alpe sollte man unbedingt den Allgäuer Romadur probieren. Der ist total lecker.

Wanderkarte

Hinweis in eigener Sache (Disclaimer)
Meine hier beschriebenen Eindrücke durfte ich auf Einladung der Allgäu GmbH sammeln. Dabei sind mir Unterkünfte und Verpflegung zur Verfügung gestellt worden, wofür ich mich recht herzlich bedanken möchte. Auf meine abschließende Meinung wurde kein Einfluss genommen. Diese entspricht ausschließlich meiner persönlichen Sicht.

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