Diese Nacht war eine der wenigen Ausnahmen, da ich mal nicht mit Massen in einem Zimmer schlafen musste, sondern in einem 2-Bett-Raum mit einem Deutschen aus Hockenheim. Die Herberge in Azofra verfügt nämlich nur über 2-Bett-Räume und war mal eine echte Abwechslung im Vergleich mit den anderen Refugios. Da mein Bett-Nachbar auch ein Langschläfer ist, wurde ich erst gegen 7 Uhr geweckt und brach letztlich auch erst um 8 Uhr auf.
Von Azofra nach Santo Domingo de la Calzada (15km)
Dafür war es vergleichsweise kühl heute morgen. Doch die Sonne schickte ihre Strahlen schon über den Horizont, so dass die angenehmen Temperaturen auch recht bald wieder vorbei waren.
Habe mir heute erlaubt, um meine geplagten Füße zu schonen, den Tag mal in meinen neuen Sandalen zu verbringen. Um einer eventuellen Reibung, da die Schuhe ja noch neu sind, vorzubeugen, schlüpfte ich darunter noch in Socken, was natürlich verboten aussieht. Aber hey, das ist ja hier auch kein Catwalk. Das ist der Camino. Und wenns hilft… Zu Hause würde ich so jedenfalls nicht vor die Tür gehen.
Die Sache mit dem Huhn. In der Kirche.
Die zarten 15 Kilometer waren dann auch schnell rum, für meinen Geschmack etwas zu schnell. Wäre gern noch weiter gelaufen, doch Sandalen sind halt Sandalen und keine richtigen Wanderstiefel. Lediglich die Landschaft, entlohnte die Mühen. Langsam weichen die Weinstöcke naemlich abgeernteten Weizenfeldern und lassen einen ersten Vorgeschmack auf die nahe Meseta zu. Da heisst es dann tatsächlich zeitig aufstehen, da es an diesen Wegen keinerlei Schatten gibt, und die Sommer in der Kornkammer Spaniens bekanntlich sehr heiss werden können.
Eine kleine Anekdote am Rande. Santo Domingo de la Calzada verdankt seinen Ruf einer kleinen Geschichte: Im Mittelalter soll angeblich ein deutsches Pilgerpaar mit ihrem Sohnhier halt gemacht und die Wirtstochter des Ortes sich unsterblich in ihn verliebt haben. Der junge Mann wollte nicht so recht und aus lauter Eifersucht bezichtigte sie ihn des Diebstahls, worauf der Arme verurteilt und gehängt wurde. Bei der Rückkehr aus Santiago fand das Ehepaar ihren Sohn zwar immer noch am Ast baumelnd, dafür aber lebend vor. Der Bürgermeister, der gerade zu Mittag saß, wurde darüber informiert, wollte es nicht glauben und sagte: „Euer Sohn ist so tot wie das gebratene Federvieh hier auf meinem Tisch.“ Daraufhin erhob sich das Brathuhn und flog davon.
Von dieser Legende zeugen heute noch ein paar Hühner – man höre und staune – direkt in der Kathedrale. Über dem Grabmal des Heiligen Domingo gibt es jenes nämlich in einem extra Käfig zu bestaunen.