Na wer hätte das gedacht. Nun liegt das erste Drittel des Weges bereits hinter mir. Obwohl ich gestehen muss, die letzten Tage waren die bisher schlimmsten. Die Blasen an den Füßen wollen nicht verheilen und entzünden sich andauernd. Nach mehr als 20 Kilometern am Tag beginnen nicht nur die Fußsohlen zu brennen, sondern auch die Achillessehnen zu schmerzen. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis ich mich wieder schmerzfrei bewegen kann. Aber wie sagte Larsi so schön: Da hilft nur durchbeissen.
Von Santo Domingo de la Calzada nach Burgos (75km)
Ja, und gestern hatte ich dann auch den bisher schwärzesten Tag der ganzen Reise. Mein schöner warmer Fleece-Pullover wurde mir vor der Herberge in San Juan de Ortega geklaut. War nur mal kurz drinnen um mir eine Cola zu holen und mich danach wieder in die Sonne zu legen, da war er weg. Und – natürlich – hat keiner was gesehen. So werde ich dann den Nachmittag in Burgos damit verbringen, mir irgendwo einen neuen Fleece-Pullover zu besorgen, da es hier abends schon etwas kühler ist. Gut, die Stadt liegt auch auf knapp 900 Metern Höhe. Aber spätestens in Galizien werde ich das Teil unbedingt wieder brauchen. Somit fror ich heute ein wenig beim Einmarsch nach Burgos, denn smarte 17 Grad sind zur Hitze der letzten Tage schon ein gewaltiger Unterschied. Man bin ich sauer. Aber man soll sich nicht an weltliche Güter binden, vor allem nicht solche, die ersetzbar sind.
Ankunft in der Big City
Als Trost spende ich mir eine Busfahrt vom Stadtrand in das Zentrum. Denn, und das muss hier mal deutlich gesagt werden, die Vorstadt von Burgos ist nichts fürs Pilgerauge. Industrie und Gewerbeflächen kuscheln sich in einer Dringlichkeit aneinander, dass man schon glauben möge, Burgos wolle einen gar nicht willkommen heißen. Warum der Weg ausgerechnet hier entlang führt, erklärt sich mir leider nicht und so stöpsele ich mir meine Musik in die Ohren, schließe die Augen und verschlafe die Vorstadt einfach.
Ansonsten kann ich zu den letzten Tagen nur sagen, das sich eine Pilgerreise durchaus mit einer Selbstgeisselung vergleichen läßt. Geübte Mönche benutzen dazu Reisigzweige und peitschen sich den Rücken, der moderne Mensch begibt sich stattdessen mal eben auf den Jakobsweg. Jeden Tag quält man sich die Kilometer, erleidet Schmerzen, durchlebt Höhen und Tiefen, heult, lacht, singt und knirscht mit den Zähnen. Hätte ich das vorher gewusst, wäre ich doch lieber nach Thailand geflogen. Oder hätte die Zweige genommen. Aber was solls. Durchbeißen heißt jetzt die Devise.
