Ich bin dann mal wieder da – #Jakobsweg

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Was soll ich sagen. Ich bin wieder zu Hause. Irgendwie. Halbwegs zumindest. Die andere Hälfte streift noch durch die Meseta oder beschaut sich eine der vielen kleinen Kirchen, dies- und jenseits des Weges, atmet die Spiritualität des Ganzen oder baumelt irgendwo im Nirgendwo.
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So genau weiß ich nicht, wo ich hänge. Aber alles andere, denke ich, wäre auch schlimm. Denn wenn man sich schon mal solch eine lange Auszeit bzw. den Jakobsweg gönnt, dann sollte davon auch etwas hängen bleiben. Sonst wär es wohl eher schade um die Zeit.

Über die Gebirgszüge der Pyrenäen…

Rückblick auf den Jakobsweg

Als hätte es so sein sollen, begann es am Abend des 03. Oktober, des Tages an welchem ich Santiago erreichte, zu regnen und zwar so heftig, dass es die nächsten 3 Tage noch anhielt. Damit war mein Ausflug nach Finisterre natürlich gestorben. Ein paar Mutige machten sich zwar trotzdem auf den Weg, ich dagegen setzte mich mit Freunden in ein Café oder eine Bar und amüsierte mich ein wenig. Eigentlich das Beste, was man an einem Regentag so machen konnte. Und dabei entdeckte ich, dass die Alstadt Santiagos eigentlich ziemlich jung ist. Hippe Szenekneipen, die es so ähnlich auch am Berliner Helmholtzplatz gibt, reihen sich an schicke Café´s, die sich auch gut am Hackeschen Markt machen würden. Und das hat auch seinen Grund. Santiago gilt als eine der begehrtesten Studienorte Spaniens. Um die 30.000 Studenten hinterlassen hier ihre Spuren und tragen da natürlich erheblich zum jungen Stadtbild bei. Hätte ich so nicht gedacht.

… den Alto del Perdón bei Pamplona …

Rückweg vom Camino Frances, vom Jakobsweg

Die Rückfahrt – natürlich mit dem Zug, ich hasse das Fliegen – führte genau an den Orten vorbei, die ich unterwegs alle zu Fuß abgeklappert habe. Somit konnte ich die Strecke nochmals Revue passieren lassen, den Weg nochmals verinnerlichen. Auch Abschied nehmen. Je länger ich darüber nachdenke, was ich da eigentlich gemacht habe, desto stolzer werde ich. Nicht nur auf die Leistung, auch wenn es nicht der gesamte Weg war, sondern vor allem darauf, dass ich ihn doch tatsächlich bis zum Ende gegangen bin. Das hätte ich mir niemals zugetraut und ich habe es wirklich getan. Wow. Einfach nur wow.

… durch die Hochlandebene, die Meseta …

Den Umweg über Paris hätte ich mir allerdings schenken sollen. Frühmorgens mit den Nachtzug aus Hendaye in Paris ankommend, stellte die Lebendigkeit dieser Stadt ein abolutes Kontrastprogramm zu den letzten Wochen dar. Die Stadt ist laut, hektisch, unruhig und … habe ich schon erwähnt dass sie verdammt laut ist? Sirenengehäul aus allen Richtungen, hektische, rennende Menschen, das Gebruell der Motoren, Maschienen der Bauarbeiter. 5 Wochen haben gereicht, um das alles, das Großstadtleben, komplett zu vergessen. War das eine Ruhe in der Zeit.

… bis nach Santiago de Compostela. knapp 800 Kilometer durch Nordspanien. Höhen und Tiefen inklusive.

Wer will schon nach Paris?

Ich wagte mich dennoch in dieses Getümmel und bereute es zutiefst. Was für ein Kulturschock. Nicht dass man mich falsch versteht, Paris ist toll und wahnsinnig beeindruckend, man sollte diese Stadt gesehen haben, war aber leider nach den 5 Wochen einfach eine Nummer zu viel. Ich habe zwar den Eiffelturm gesehen, und viel schlimmer noch die Menschenmassen zu seinen Füßen, aber das wars dann auch. Den Rest der Zeit verzog ich mich mit meinem Buch in eine stille Ecke des Bahnhofs und wartete auf die Abfahrt des Nachtzugs nach Berlin. Das war nicht wow – das war um Gottes Willen…

„Der Weg ist das Ziel“ ist ein genauso blöder Spruch wie „Allein der olympische Gedanke zählt“. Irgendwie haftet ihnen ein Beigeschmack von Zweitrangigkeit an.

Tja, und nun hat mich Berlin wieder. Selbst diese Stadt ist im Vergleich zu Paris ruhig. Wie kann man da nur leben? Aber ich tue es nicht und muß es auch nicht, ich lebe in Berlin. Obwohl ich diese Stadt gerade im Winter nicht ausstehen kann, ist sie mir doch um einiges lieber als Paris.

Auf dem Jakobsweg, dem Camino frances oder auch Camino de Santiago, findet man Freunde und verliert sie wieder. Wie im alltäglichen Leben auch. Nur das hier, das ist kein Alltag. Das ist Abenteuer.

Gedanken am Schluss

Viele sagten mir, der eigentliche Weg beginne zu Hause und meinten damit nicht, dass ein wahrer Pilger von zu Hause losläuft, sondern dass das Erlebte in den Alltag integriert werden möchte. Ich bin gespannt, wie das gelingen soll. Der Camino ist so eine ganz eigene Welt und ich beginne zum ersten Mal zu begreifen, warum so viele ihn wieder und wieder gehen.

Er ist Magie. Ein Freund.

So. Und jetzt bin ich wieder da.

PS: Als kleines Dankeschön für die aufmunternden Worte, die Kommentare und unzähligen Emails habe ich den Blog überarbeitet und alle Beiträge den Jakobsweg betreffend mit neuen, aber vor allem bearbeiteten Bildern versehen. Quasi ein Bilderbuch. Nur, falls es jemanden interessiert…

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17 Kommentare
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Holger
Holger
7 Jahre zuvor

Hi Sven,

ein sehr schöner Blog, der meine Sehnsüchte weckt. 2015 war ich auf dem Frances und seit dem lässt mich der Camino nicht mehr los. Ich freue mich jetzt auf den Primitivo und Deine Bilder und Berichte verstärken die Vorfreude sehr.

Danke und buen camino

Jürgen Müller
12 Jahre zuvor

Hi Sven,

danke, das Lob kann ich nur zurück geben!
Habe dich ebenfalls verlinkt in der neuen Rubrik Jakobsweg Erfahrungsberichte.

Beste Grüße, Jürgen

Jürgen Müller
13 Jahre zuvor

Geiler Titel „ich bin dann mal wieder da..“ , da musste ich wirklich schmunzeln. Überhaupt, netter Bericht zum Jakobsweg!

Wer Infos zum Jakobsweg mag, kann ja mal bei meiner neuen Seite vorbei schauen. Dort sammel ich fleißig Themenrelevantes…

Gruß,

Jürgen

Daniela
14 Jahre zuvor

Hallo Sven,

ich fand Spanien und das Pilgern im April schon ganz gut. Die blühenden Wiesen haben so stark geduftet, dass ich dachte: ich kann nur im Paradis sein.
Für dieses Jahr hatte ich mir die Wahl zwischen „Via de la Plata“ Teil 2 oder Cornwall gestellt. In Anbetracht des heiligen Jahres, wird es dann doch eben Cornwall. Aber nächstes Jahr ist ja auch wieder Zeit…

Von Cornwall werde ich auf jeden Fall berichten. Die Route, die ich gefunden hab, ist auch noch nicht so bekannt. Von daher wird es echt spannend. Wenn ich es noch schaffe einen eigenen Blog zu dem Thema auzumachen, sag ich Dir auf jeden Fall bescheid. Ansonsten eben auf meinem bisherigen. Die Vorfreude ist groß!

Bis dahin alles Gute,
danni

Daniela
14 Jahre zuvor

Großes Kompliment: ein wirklich ganz großartiger Blog! Im Gegensatz zu vielen anderen Blogs erscheinen Deine Reiseberichte in tollem, übersichtlichen Design. Bin sehr froh Deinem Blog über den „Freiluftblog“ gefunden zu haben.

Dein Bericht über den Jakobsweg hat eigene Erinnerungen aufleben lassen. Ich bin letztes Jahr einen Teil der „Via de la Plata“ im April gelaufen. Wenn ich Deine lange Reise so betrachte, bekomme ich wieder Reiselust. So eine lange Zeit unterwegs zu sein ist schon toll… Aber dieses Jahr auf den Jakonsweg ist glaub ich nicht so vorteilhaft. Beim heiligen Jahr muss man sich dann wohl um die Unterkünfte prügeln.

Wie war es denn vom Wetter her im Herbst zu laufen? Würdest das so weiterempfehlen? Oder würdest Du doch lieber im Frühling laufen?

Werde jetzt hier mal weiterstöbern. Dein Blog macht Lust darauf einen eigenen in der Art aufzumachen. Mitte Mai geht´s nach Cornwall für 18 Tage zum Laufen. Da hätte ich einen Anlass dafür…

Liebe Grüße aus Düsseldorf,
danni

Louise
14 Jahre zuvor

Bin hier gerad so rein geschneit. Also wirklich toller Blog!! Sowohl vom Design als auch von den Inhalten her!
Macht auch mächtig Lust auf den Jakobsweg!
Grüße,
Lousie

Andersreisender
14 Jahre zuvor

Hallo, Sven!

Nun sind’s doch schon rund 2 Monate, dass Du von Deiner Reise zurück bist. Wie geht es einem nach einer solchen Zeit wieder daheim. Sehnsucht auf das nächste Projekt? Würde mich sehr interessieren, mehr darüber zu erfahren. 🙂

Tom
Tom
14 Jahre zuvor

Wow, viele interessante Berichte. Habe gerade zwei Bücher über den Jakobsweg gelesen. Absolut interessant!!! Freue mich schon auf weitere Berichte

Matthis
Matthis
14 Jahre zuvor

Hi Sven,

dein Reisebericht ist wirklich klasse, habe großen Respekt für solch eine große Tour. Da wirkt meine 600km Ostsee-Radtour im Sommer eher klein gegen ;-)! Freue mich, wenn wir uns wieder im heißgeliebten Plex sehen und du mir noch mehr erzählen kannst.

LG,

Matthis

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