Meine Routenplanung mache ich wie folgt. Ich öffne den Routenplaner von Komoot, suche mir einen Start- und einen Endpunkt, und dann wähle ich anhand angegebener Sehenswürdigkeiten welche Strecke ich von A nach B laufen möchte. Das gelingt nur insoweit gut, wie die Karte bei Komoot auch den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. Das tut sie zumeist im Berliner Umland aber vor allem in den Havelauen nicht.
Denn wenn man in und um Berlin wandert, muss man sich im Klaren darüber sein, dass man auch immer im urbanen unterwegs ist. So kann es schonmal passieren, dass zwischendurch Brücken, die auf der Karte noch verzeichnet sind, in der Realität schon gar nicht mehr existieren. Ein Umweg ist dann von Nöten. Also geht es für den Anfang erst einmal entlang der viel befahrenen Hauptstraße bis zum Kreisverkehr, an dem der Weg dann hinter der Havel endlich in ruhigere Gefilde abzweigt.
Apropos Kreisverkehr: da muss man einen kleinen Schlenker machen. Denn der ursprüngliche Weg samt Wegweiser ist mittlerweile zugewuchert (siehe Foto).
Von Henningsdorf in die Havelauen
Immer noch den Verkehrslärm der Straße im Ohr, geht es abseits von ihr durch dichten Laub- und Mischwald, der bereits herbstlich angehaucht ist. Am Ende des Flurstücks wird noch einmal kurz die Straße gequert, bevor es dann in den nächsten Wald geht und ich alleine im Havelauenland unterwegs bin. Apropos: ab diesem Moment teilt man sich den Weg mit Fahrradfahrern, denn das hier ist auch der Fahrradweg nach Oranienburg.
Wenig später verlasse ich den Radweg und tauche tiefer in den Wald ein. Nur von weitem höre ich noch die Sirene eines Krankenwagens, die mit jedem weiteren Schritt leiser und leiser wird, bis der Verkehrslärm endgültig verstummt. Ab hier höre ich nur noch die Vögel, das Rauschen des Windes, und hin und wieder Knacken im Unterholz von Pilzsammlern, die diesen wunderbaren Ort für sich entdeckt haben. Endlich Ruhe.
Pilze Sammeln in den Havelauen
Auch ich lasse mich anstecken und gehe ins lichte Dickicht ein paar Pilze sammeln. Meine größte Befürchtung dabei ist ja gar nicht so sehr einen giftigen oder ungenießbaren Pilz zu erwischen, sondern vielmehr irgendwann im Unterholz auf eine Leiche zu stoßen. Dieses Waldstück hier wäre nämlich der perfekte Tatort. Ein bisschen schummriges Licht, etwas Nebel, der durch die Bäume wabert, und schon wäre das der perfekte Schauplatz für einen Sonntagabend-Krimi in der ARD. Kleiner Spoiler: war kein giftiger Pilz dabei. Und auch keine Leiche.
Am Ende des doch recht lang gezogenen Waldwegs berühre ich erneut die Zivilisation. Erst in Form einer Bahnunterquerung, im weiteren Verlauf dann als Parallelweg zur Autobahn. Doch dahinter, da wird es dann wieder schön.
Ein kleiner Hinweis noch am Rande: der Oberhavel-Länder (OHV) nutzt mit seinem Auto auch gern mal Fahrradwege zur Abkürzung. Was eigentlich nicht erlaubt ist. Echt jetzt Leute, muss das sein? Autofahrer finden es doch sicher auch Scheiße, wenn Fahrradfahrer auf der Autobahn fahren würden. Oder nicht? So viel Rücksichtnahme sollte eigentlich selbstverständlich sein. Offenbar aber nicht in Brandenburg.
Entlang der Havel
Die große Runde gedreht und wieder zurück auf die Wiesen und Felder der Havelauen. Dabei wird der Verkehrslärm im Hintergrund immer ruhiger. Jetzt tuckern dafür die Motorboote auf der Havel schrittweise immer lauter. Nicht irritieren lassen: ist man an der neuen Baustelle am Fluss angelangt, führt rechterhand ein Trampelpfad direkt in den Wald und damit unmittelbar neben der Havel entlang. Vermutlich kennen den nur die Einheimischen. Da der aber auch etwas abenteuerlich ausschaut, folge ich ihm.
Am Ufer einer kleinen Bucht setze ich mich auf einen Baumstamm und mache Rast. Vor mir plätschern die Wellen der Havel gegen das Ufer, rechts raschelt Schilf im Wind, hin und wieder tuckert gemächlich ein Motorboot vorbei, in der Ferne rauscht der Verkehr über eine Brücke. Ein idyllischer Ort.
Hier draußen im Ländlichen ist die Herbstfärbung noch nicht ganz so weit fortgeschritten wie mitten in der Stadt. Zwischen all den Bäumen leuchten orangene, rote und braune Farbtöne durch, aber noch überwiegt das Grün. Indian summer is waiting.
Ankunft in Birkenwerder
Und dann hat mich die Zivilisation auch schon wieder zurück. Aus dem Wald kommend stehe ich doch recht plötzlich vor Häusern, an der Straße entlang führt der Weg weiter. Birkenwerder here we go.
Vorbei an dem italienischen Restaurant mit dem wohlklingende Namen „Havelbaude“, führt mich der weitere Weg entlang des Radfernwegs Berlin-Kopenhagen hinein in den Forst von Birkenwerder. Dicht an dicht stehen hier die Kiefern, hoch und eng gewachsen, nur von wenigen Laubbäumen durchbrochen. Monokultur vom Feinsten im trockenen Brandenburger Boden.
Der Wegabschnitt, der nun folgt, nennt sich „Briesesteig“ und ist vor allem bei Hundebesitzern sehr beliebt. Immer entlang des Flüsschens Briese führt der Weg sehr schattig unter vielen Laubbäumen, und später über gut ausgebaute Holzplanken, in Richtung Stadtzentrum. Das macht Spaß und ist ein wunderbarer Abschluss.
Kurz vor Ende dieser Wanderung heißt es dann aber: Birkenwerder City. Hier geht es schon wieder sehr viel lebhafter zu. Mit einem kurzen Stück entlang der Hauptstraße ist es dann aber doch geschafft und komme ich am S-Bahnhof an.
Mein Resümee der Wanderung durch die Havelauen
Eines muss man wissen: auf den gesamten 12 km des Weges gibt es nur entlang des Briesesteigs Bänke. Darüber hinaus gibt es leider keine einzige Sitzgelegenheit, keinen einzigen Rastplatz und somit leider auch keine richtige Möglichkeit, mal eine Pause zu machen. Das ist echt schade. Denn der Weg weiß mit seinen anfänglichen Lehrtafeln zur Trinkwassergewinnung Berlins und am Ende mit den Stegen durch das Briesetal doch recht abwechslungsreich zu überzeugen. Da darf echt noch nachgebessert werden.
Viele Wege führen ans Ziel. Sofern sie denn gepflegt sind. Laut Karte sollte es zwischendurch auf der Strecke immer mal wieder Abzweige oder Abkürzungen geben, die aber leider dermaßen zugewuchert sind, dass sie einfach nicht zu erkennen waren.
Ach so, und ausgeschildert ist der Weg auch nicht. Sich die Wanderkarte von Komoot in der App aufs Handy runterzuladen ist daher immer noch die beste Option, sich nicht zu verlaufen.
Tipps & Infos
HINKOMMEN.
↠ Am einfachsten mit dem ÖPNV entweder bis S-Bahn Henningsdorf oder S-Bahn Birkenwerder. Selbst an Sonn- & Feiertagen fährt die S-Bahn alle 20 Minuten und ermöglicht somit von Berlin aus ein sehr gutes Hin- und wieder Wegkommen. Aber ACHTUNG: hier braucht es ein Ticket für den Tarifbereich ABC (ca. 3,80 € / Stand 2022).
AUSRÜSTUNG.
Für diese Wanderung benötigt es keinerlei besondere Ausrüstung und ist auch als größere Gassirunde mit einem Hund sehr gut machbar.
ESSEN & TRINKEN.
Zivilisation berührt man auf dieser Wanderung durch die Havelauen nur periphär. Die einzige Möglichkeit, unterwegs etwas essen zu gehen, wäre das Restaurant Bella Vista Havelbaude direkt an der Havel (leider kein Geheimtipp mehr!). Für den Kaffee zum Ende der Wanderung ist der Ratskeller in Birkenwerder zu empfehlen.
BESONDERER TIPP.
Kleine Snacks oder Tapas einpacken und einfach am Ufer der Havel ein ausgiebiges Picknick machen. Dabei lassen sich wunderbar vorbeifahrende Schiffe beobachten und die Ruhe der Havelauen genießen. // OBENDREIN sollte man im Herbst einen kleinen Korb fürs Pilzesammeln dabeihaben. Gerade die abseitigen Wege werden eher nicht aufgesucht und lässt sich der Korb schnell füllen.