Wenn es im Winter draußen einmal ganz still ist, kann man den Schnee in der Sonne knistern hören. Das ist von so magischer Schönheit, dass mir in solchen Momenten immer ganz warm ums Herz wird. Wenn dann auch noch besagte Sonne durch eine seit Tagen viel zu dicke Wolkendecke durchscheint, hält mich nichts mehr am heimischen Ofen. Dann heißt es raus in die Natur und all die frische Luft geatmet, die es so nur im Winter zu atmen gibt. Und auf den Schnee gelauscht. Der knistert nämlich nicht nur ganz verführerisch sondern knirscht auch ganz ordentlich unter den festen Winterstiefeln. Jeder Schritt aus Altenberg hinaus in Richtung Geisingberg ist eine Wohltat und lässt mich meinen beruflichen Alltag ein Stück weit vergessen.
Von Altenberg auf den Geisingberg (820m)
In Altenberg selbst muss im Winter fast täglich die Hauptstraße geräumt werden. Viele der Nächte bringen immer neueren Schnee und wäre die Fernverkehrsstraße sonst kaum noch passierbar. Dementsprechend türmen sich am Rand grau und schmutzig die emsig beiseite geschaufelten Schneereste und braucht es schon etwas Gelenkigkeit, um über sie hinweg zu steigen.
Durch eine kleine Siedlung am oberen Stadtrand folge ich dem Wanderweg und stehe plötzlich ganz allein auf weiter Flur. Hinter mir die letzten Häuser, vor mir vom vielen Schnee bedeckte Felder. In der Ferne aber kann ich ihn schon sehen: den Geisingberg. Von Altenberg ist er gute 2,5 km entfernt. Das klingt erst einmal nicht viel, doch so leicht macht es einem der Berg dann auch wieder nicht. Über einen Pfad entlang der Felder, an dessen Rändern Sträucher und Gräser stehen, die mit kristallklarem Eis überzogen sind, führt der Weg erst einmal bergab, bevor er auf die letzten Meter dann doch noch steil bergauf führt. An dieser Stelle bin ich froh, feste Winterwanderschuhe angezogen zu haben. Das Profil der Sohlen verleiht mir mehr Stabilität als meinen Mitwanderern. Die wollen ebenfalls auf den Berg, rutschen aber wegen der Steigung und des gefrorenen Schnees darauf immer wieder aus. Erst am Gipfel sehen wir uns wieder und verbuchen diese Erfahrung als kleines Abenteuer.
Vom Geisingberg zum Jungfernborn
Unterhalb des Aussichtsturms gibt es ein Gasthaus, das ganzjährig geöffnet ist. Dort ist normalerweise auch der Schlüssel für den Turm erhältlich. Da dieser aber nicht überdacht und somit auf der Plattform aktuell viel zu glatt ist, bleibt er gerade verschlossen. Der Blick von dort oben muss traumhaft schön sein, ist doch der Geisingberg einer der wenigen, solitären Erhebungen in der Umgebung.
Auf der Nordseite führt der Wanderweg wieder hinab und direkt vorbei an einer kleinen Quelle. Wie bei fast alle Quellen im Erzgebirge nennt auch diese eine dazugehörige Sage ihr Eigen. Die hier wiederzugeben würde aber nicht nur den Rahmen sprengen, sondern auch die Vorfreude auf diese Wanderung nehmen. In der Nähe der Quelle – des Jungfernborns – sind nämlich stilecht Hinweise und Erklärungen angebracht, die mich allerdings etwas skeptisch ob der Glaubwürdigkeit der Geschichte zurück lassen. Aber hey; heutzutage darf ja auch an den größten Unsinn geglaubt werden. Warum dann auch nicht an die Entstehungsgeschichte dieses Wasserreservoirs.
Unweit des Jungfernborns am östlichen Hang vom Geisingberg führt der Weg an einem ehemaligen Steinbruch vorbei. Der dort gewonnene Granit wurde viele Jahre über eine Seilbahn ins Tal geschafft und anschließend mit der Müglitztalbahn in den Rest der Welt. Erst 1930 wurde der Tagebau stillgelegt. Mit Wasser gefüllt lädt der schattig gelegene See im Sommer bestimmt zum Baden ein. Im Winter jedoch ist er meist zugefroren und bietet – kaum besucht – eine willkommene Abwechslung zum Trubel auf dem Berg.
Vom Geisingberg Altenberg über die alte Bobbahn
In der Nähe von Geising hat es mal ein Ferienlager für Kinder gegeben. Zumindest erinnere ich mich, in genau diesem das allererste Mal in meinem Leben verliebt gewesen zu sein. Wir waren beide dreizehn und verstanden uns sofort. Immer noch habe ich ihre lustigen Grübchen vor Augen, wenn sie lachte, und die Art, wie sie jedesmal mit schelmischem Blick ihr langes, blondes Haar hinter ihr Ohr schob, um es dort festzustecken, nur damit es ihr kurze Zeit später dann doch wieder ins Gesicht rutschte. Leider verblasst meine Erinnerung, wenn es um weitere Einzelheiten oder den Ort an sich geht. Als Teenager war ich kein sonderlich netter Kerl und vermute ich mal, sie letztlich mit meiner damals recht groben Art verscheucht zu haben. Sonst wüsste ich wohl noch, was später aus ihr geworden ist.
Dass ich darüber hinaus partout nicht mehr weiß, wo genau sich dieses Ferienlager bei Geising befunden haben muss, beschäftigt meine Gedanken während der Wanderweg durch den Ort führt. Erst als ich am südlichen Ende auf rodelnde Familien treffe, die lachend und vor Freude jauchzend an mir vorbei rasen, tauche ich aus meinen Gedanken auf und muss feststellen: vom Ort habe ich irgendwie alles versäumt. Keine Ahnung, ob Geising die Reise wert ist oder ob man den Ort lieber meiden sollte. Gebt mir gern bescheid, wenn ihr mal da wart.
Rückweg nach Altenberg
Den Hang hinauf führt der Weg noch an ein paar letzten Highlights vorbei, bevor er abschließend wieder in Richtung Altenberg verläuft. So werden nicht nur die alte, historische Bobbahn gekreuzt, ein kurzes Stelldichein mit Goethe gefeiert und führt der Weg letztlich um einen kleinen Teich herum, der im Volksmund Schwarzer Teich genannt wird. Was im Sommer vielleicht zutreffen mag, wird im Winter dem Namen keineswegs gerecht. Zugefroren und romantisch ruht er inmitten schneebedeckter Nadelbäume und lädt mich zu einer letzten Rast ein. Denn ab hier ist es nur noch reichlich ein Kilometer, bis mich die Zivilisation zurück hat. Und es wieder heißt, über schmutzig-graue Schneehaufen zu klettern.
Toll! Endlich ist Winter…
Tipps & Infos
HINKOMMEN.
↠ Von Dresden mit dem Bus 360 nach Altenberg Bahnhof. Die Wanderung kann direkt dort starten.
↠ Von Heidenau (Abfahrtstafel) fährt alle zwei Stunden die Regionalbahn RB 72 ebenfalls bis Bahnhof Altenberg.
↠ Das Auto kann man kostenpflichtig auf dem Parkplatz unterhalb des Skilifts in Altenberg stehen lassen. Da der aber im Winter und gerade an Wochenenden heillos überfüllt ist, empfiehlt sich die ÖPNV-Anreise.
AUSRÜSTUNG.
Für diese Wanderung benötigt es keinerlei besondere Ausrüstung und ist auch als größere Gassirunde mit dem Hund sehr gut machbar. Im Winter empfiehlt es sich jedoch, festes Schuhwerk mit griffiger Sohle zu tragen. Der Weg auf den Gipfel des Geisingsbergs ist schon etwas steil und kann bei gefrorenem Schnee richtig glatt werden.
UNTERKUNFT.
In Altenberg stehen diverse Unterkünfte zur Verfügung. Na klar, ist ja auch ein anerkannter Kurort. Da ich aber keine davon besucht bzw. ausprobiert habe, kann ich hier auch keine Empfehlung abgeben.
ESSEN & TRINKEN.
Auf dem Geisingberg gibt es eine Bergbaude, die ganzjährig geöffnet hat. In Geising gibt es ein kleines, aber feines Restaurant in einem alten Fachwerkhaus von 1497, das sehr zu empfehlen ist.
BESONDERER TIPP.
Der Aussichtsturm auf dem Geisingberg ist zugänglich! Außer die Wetterverhältnisse lassen es gerade nicht zu. Den Schlüssel kann man sich für einen seit 25 Jahren gleichbleibenden, kleinen Obulus (0,50 € für Kinder, 1,- € für Erwachsene / Stand: Dezember 2021) beim Personal der Bergbaude organisieren. Der Blick von dort oben ist bei guter Sicht traumhaft.
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Weitere Infos rund um die Urlaubsregion Altenberg gibt es bei der Tourist-Information der Stadt Altenberg.