Sagen und Mythen im Bodetal bei Thale die begeistern | #CDF250

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Wo Sagen auf die Gegenwart treffen, entdecken Wanderer besondere Orte und Momente. So auch auf dieser Wanderung im Harz, die von Thale aus rund ums Bodetal führt.
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Caspar David Friedrich besuchte nachweislich mehrfach den Harz. Die Sagen und Mythen des Gebirges waren ihm daher wohl vertraut, und ist anzunehmen, dass er auch das Bodetal erkundete. Verschiedene Zeichnungen legen dies zumindest nahe, da sie keiner anderen von ihm bereisten Gebirgsregion zugeordnet werden können. Daher ist also wahrscheinlich, dass der berühmte Maler der Romantik auch die Orte dieser Wanderung besuchte und vielleicht sogar genau diese Route wählte.

Was jedoch den Tatsachen entspricht, ist, dass diese Wanderung fast ein Muss ist. Trotz des Andrangs an der Roßtrappe und dem Hexentanzplatz sind diese Orte doch schon auch sehr beeindruckend. Schließlich können sie ja nichts für ihre touristische Übernutzung. Zudem findet man unterwegs immer wieder Momente der Ruhe und Entspannung. Und das macht die Wanderung besonders reizvoll. Aber lest selbst.

Schon nach den ersten Metern liegt einem Thale zu Füßen
Schon nach den ersten Metern liegt einem Thale zu Füßen

In Thale geht’s los – 1 km

Thale, ein quirliger Ort und eine wahre Touristenhochburg, offenbart seinen lebhaften Charakter bereits ab dem ersten Schritt dieser Wanderung. Und das wohl zu Recht. Am Ende des malerischen Bodetals gelegen, lockt Thale mit zwei der bedeutendsten Attraktionen des Harzes – abgesehen vom Brocken – jährlich über 700.000 Besucher aller Altersgruppen an. Diese Menschenmassen wollen unterhalten werden, und Thale enttäuscht nicht: Ein Bikepark, ein Klettergarten, ein Golfplatz, eine Therme und zwei Seilbahnen bieten auf engstem Raum Vergnügen für die ganze Familie.

Schon am Startpunkt unserer Wanderung herrscht reges Treiben. Vom Bahnhof aus führt unser Weg zunächst durch den Friedenspark, der mit seinen skurrilen Skulpturen eine eigenwillige Atmosphäre schafft, vorbei an all diesen Attraktionen. Erst als wir den Aufstieg zur Bülowshöhe in Angriff nehmen, kehrt allmählich Ruhe ein. Die meisten Besucher bleiben im Tal oder nutzen die Seilbahnen, während nur wenige die Wanderung zu Fuß wagen.

<span>Geheimnisvolles Bodetal</span> Hohe Felsen, schmales Tal.
Geheimnisvolles Bodetal Hohe Felsen, schmales Tal.

Roßtrappe – 4 km

Einst lebten im Harz gewaltige Riesen, so erzählt es zumindest eine alte Sage. Diese kolossalen Wesen rissen Bäume samt Wurzeln aus dem Boden und waren insgesamt ein eher grobschlächtiges Volk. Einer dieser Riesen war ein König und hatte eine Tochter namens Brunhilde. Der Riese Bodo, ein Hüne aus dem Böhmerwald, fand sie überaus anziehend und begehrte sie zur Frau. Doch Brunhilde wollte nichts von ihm wissen und floh auf ihrem Pferd. Bodo jedoch ließ sich nicht abschütteln und verfolgte sie durch den Thüringer Wald.

Für Riesen war das vermutlich nur ein Katzensprung, bis Brunhilde schließlich im Harz an einem tiefen Abgrund ankam, wo ihr Pferd scheute. Das verächtliche Schnaufen von Bodo bereits im Nacken, gab sie ihrem Ross die Sporen. Das Pferd setzte an und sprang über den tosenden Bach, der tief unter ihnen rauschte. Mit einer unglaublichen Kraft landete es auf der gegenüberliegenden Seite, hinterließ dabei einen bleibenden Hufabdruck im Fels. Bodo hingegen hatte weniger Glück. Sein Pferd verfehlte den rettenden Fels und stürzte mit ihm in die Tiefe. Dort unten, in den Wassern des nach ihm benannten Flusses, grollt er manchmal noch heute seinem verpassten Schicksal nach.

Während wir gedanklich noch in dieser sagenhaften Welt verweilen, genießen wir den atemberaubenden Ausblick und ahnen, was uns auf dem weiteren Weg der Wanderung noch erwarten wird. Die Aussichtsplattform des Hexentanzplatzes ist gut gefüllt, und von der gegenüberliegenden Seite leuchten zahlreiche farbige Punkte herüber.

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„Felspartie im Harz“ (1811)

Caspar David Friedrichs Gemälde „Felspartie im Harz (1811)“ [1] bleibt rätselhaft: Handelt es sich um eine Harzlandschaft oder nur um eine gebirgige Landschaft? Die Dresdner AkademieAusstellung 1812 und die Berliner Jahrhundertausstellung 1906 gaben keine klare Antwort und bezeichneten das Bild einfach als Felspartie. Wahrscheinlich ist es eher eine poetische Schöpfung als eine reale Ansicht: eine Landschaft, die Naturerlebnisse in eine stille, fast monochrome Brauntönung kleidet und leicht unfertig wirkt. Das entsprach jedoch Friedrichs Stil, denn in dieser Phase bevorzugte er eine zarte, andeutende Malweise.

Ein Brief aus dem Jahr 1811 gibt zudem Einblicke in Friedrichs künstlerischen Ansatz: Er sah das Bild zuerst lebendig vor sich, skizzierte es mit Kreide und verfeinerte die Linien, bevor er mit der Lasur begann. Carl Gustav Carus schildert diesen Ablauf mit Bewunderung und beschreibt, wie Friedrich den Geist des Bildes einfing, bevor der Pinsel das Werk formte. Vielleicht ist es genau diese Mischung aus Realität und Fantasie, die die Landschaft so geheimnisvoll macht und offen lässt, ob wir uns im Harz oder in einem Traum befinden.

[1] Caspar David Friedrich, 1811, Felspartie im Harz, Öl auf Leinwand. 45 x 32 cm / Public domain, via Wikimedia Commons als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons.

Dort landete das Pferd und tummeln sich heute die Touristen.
Dort landete das Pferd und tummeln sich heute die Touristen.
Der Abstieg ist zum Teil zwar schattig, aber dafür felsig und steil
Der Abstieg ist zum Teil zwar schattig, aber dafür felsig und steil

Ab ins Bodetal – 6 km

Der weitere Weg windet sich anfangs in Serpentinen über Schotter und Steine hinab ins Tal. Im Sommer plätschert der manchmal auch reißende Fluss gemächlich. Der Riese Bodo aus der Sagenwelt ruht wohl gerade. Wir hingegen genießen die natürliche Vielfalt und folgen dem Fluss ein ganzes Stück aufwärts.

Dabei schlängelt sich der Pfad gemütlich, manchmal auch etwas holprig, immer direkt am Fluss entlang. Hoher Farn, raue Wurzeln und grobe Steine säumen ihn und verwandeln ihn mehr in einen Trail als einen gemütlichen Wanderweg. Rechts und links ragen bewaldete Hänge fast 200 Meter empor und formen das Tal zu einem fast canyonartigen Anblick. Atemberaubend schön. Und im Sommer angenehm kühl.

Schattig und kühl fließt dagegen die Bode durch ihr Tal
Schattig und kühl fließt dagegen die Bode durch ihr Tal
Im tief geschnittenen Bodetal bei Thale
Im tief geschnittenen Bodetal bei Thale

Verhext am Hexentanzplatz – 11 km

Den Abzweig zum Waldweg T3/T1 nicht verpassend, verabschieden wir uns vom Bodetal und wandern in gemächlichem Tempo den Hang hinauf. Für dieses Stück Weg empfiehlt es sich, den GPS-Track zu nutzen, da die Beschilderung hier lückenhaft ist. Doch gerade diese Abgeschiedenheit verleiht dem Pfad eine wohltuende Ruhe, fernab der Touristenschwärme.

Nach drei Wegkreuzungen vernehmen wir bereits aus der Ferne das Geräusch, das auf das nächste Highlight hinweist. Doch die Vorfreude weicht schnell einer leichten Enttäuschung, als wir den Anblick dieser „Attraktion“ erblicken. Wie auf einem Jahrmarkt reihen sich hier Buden mit Kitsch und überteuerten Snacks aneinander und verwandeln den eigentlich sagenumwobenen Ort in einen Touristen-Hotspot.

Die Roßtrappe auf der anderen Seite des Bodetals
Die Roßtrappe auf der anderen Seite des Bodetals
Perfekte Lage: Gasthaus im Bodetal
Perfekte Lage: Gasthaus im Bodetal

Der Hexentanzplatz hat, genau wie die Roßtrappe, eine faszinierende Geschichte zu erzählen. Diese werde ich hier nicht wiedergeben, denn sie lässt sich leicht im Internet nachlesen. Mir ist es jedoch wichtig, dass interessierte Wanderer den Aussichtspunkt besuchen. Von dort aus bietet sich ein atemberaubender Blick auf die gegenüberliegende Roßtrappe und das verschlungene Bodetal. Ein wirklich malerischer Anblick, wäre da nicht dieser laute, aufgeregte Trubel.

Zurück nach Thale – 15 km

Ein kurzes Stück laufen wir mit den anderen. Vorbei an der Bergstation der Thale-Seilbahn, der Walpurgishalle und dem Bergtheater Thale wird es ab dem Abzweig zum Harzklub-Weg 32B fast schlagartig ruhiger. Dieser Weg führt in sanften Serpentinen hinab und endet schließlich am Friedenspark in Thale. Besonders im Herbst, wenn die umliegenden Bäume in leuchtenden Farben erstrahlen und die tiefstehende Sonne alles in goldenes Licht taucht, bietet dieser Weg ein besonderes Erlebnis.

Auf dem Rückweg nach Thale führt der Weg durch hohe Felsen
Auf dem Rückweg nach Thale führt der Weg durch hohe Felsen

Am Ende können wir aus dem vielfältigen Angebot vor Ort wählen und einen Kaffee oder Snack in einer der Gaststätten oder Restaurants genießen. Insgesamt ist dies dennoch eine empfehlenswerte, weil abwechslungsreiche Wanderung. Ich rate jedoch davon ab, sie an schönen Wochenenden, Feiertagen oder in den Ferien zu unternehmen. Dann sollten die Hotspots unterwegs etwas ruhiger sein. Doch so richtig einsam wird es in Thale wohl nie. ◆

Besondere Tipps

— Wer keine Lust auf die ganzen Kilometer hat und genug Kleingeld mitbringt, kann die beiden Seilbahnen nutzen. Das verkürzt die Wanderung um 6,5 Kilometer.

— Kurz vor dem Hexentanzplatz zweigt der Brunhildenstieg ab. Dieser führt zu zwei interessanten Aussichtspunkten oberhalb des Bodetals und ist nicht so überlaufen wie der Hexentanzplatz.

— In der Nähe des Bahnhofs befindet sich das Hüttenmuseum Thale. Hier erfährt man Wissenswertes über die Eisenverhüttung, die jahrhundertelang fester Bestandteil der Harzer Lebenskultur war.

— Im Sommer finden im Harzer Bergtheater Thale Aufführungen statt. An lauen Sommerabenden ist die Freilichtbühne fast ein Muss.

Informationen

HINKOMMEN.
Mit dem RE11 der Bahn oder der Buslinie 250 der Harzer Verkehrsbetriebe bis Thale, Bahnhof (Fahrplanauskunft).
Das Auto kann man am besten auf dem kostenpflichtigen Bodetal Parkplatz abstellen (Parkstraße 1A, 06502 Thale).

AUSRÜSTUNG.
Für diese Wanderung benötigt es keinerlei besondere Ausrüstung. Ich würde lediglich festes Schuhwerk empfehlen.

ESSEN & TRINKEN.
Wem der Trubel auf dem Hexentanzplatz nicht stört, hat dort eine reichhaltige Auswahl. Von Bratwurst am Stand bis zu den Restaurants im Berghotel „Hexentanzplatz“ wird jeder was für sich passendes finden.
↠ Nicht weniger überlaufen aber dafür viel schnuckliger ist das Gasthaus „Königsruhe“ direkt im Bodetal. Bietet sich zum Abschluss der Wanderung sehr gut. Tischreservierung wird aber empfohlen.
Da es sich durchaus auch um eine Tageswanderung handelt, wäre es aber auch nicht verkehrt, Essen und Trinken für ein Picknick dabei zu haben.

Wanderkarte

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