Von Burgos über San Bol nach Itero de la Vega – #Jakobsweg

Burgos ist lebendig und laut, groß und … reich. Zumindest dann, wenn vom kirchlichen Reichtum auch beim Rest etwas hängen geblieben ist. Nichtsdestotrotz geht es weiter, genauer gesagt hinauf in die Hochebene. Auf knapp 900 Höhenmetern ist man nicht nur dem Himmel ein ganzes Stück näher gekommen. Auch Santiago rückt langsam in fühlbare Nähe.
Lesezeit: 5 Minuten

Inhalt

Nachdem ich mich dann doch mal um meine Blasen gekümmert und in Burgos einen Ruhetag eingelegt habe, ging es die letzten beiden Tage über San Bol recht forsch in die spanische Meseta. Was für ein Landstrich. Was für unendliche Weiten. So etwas habe ich mein Lebtag noch nicht gesehen. Abgeerntete Felder soweit das Auge reicht und noch über den Horizont hinaus. Nur hin und wieder verlässt man die Hochebene um in einem nahegelegenen Dorf im Tal zu übernachten oder sich zu stärken. Atemberaubend schön. Doch eines nach dem anderem…

Ruhetag in Burgos

Die Stadt ist einfach toll. Es lebt sich fantastisch. Die Altstadt muss man einfach gesehen haben, wenn man auf dem Jakobsweg unterwegs gewesen ist. Die Kathedrale, von Juan de Colonia (Hans aus Köln) und seinen Söhnen erbaut, ist von einer Schönheit, Fülle an Reichtum und Dekadenz, wie ich nur selten in meinem Leben eine gesehen habe. Ein Vergleich mit der Sagrada Familia in Barcelona drängt sich da auf. Fast schon zu viel für das Auge. Mit ein paar neuen Freunden mache ich die Cafés der Stadt unsicher, beschaue mir die Sehenswürdigkeiten, kaufe mir notgedrungen einen neuen Pullover und lasse die Pilgerseele mal einen Tag rasten.

Einsiedelei in San Bol

Der Morgen kündigt sich mit grauen Wolken an und begrüsst mich mit Regen. Burgos macht seinem Beinamen la Fria – die Kalte – heute alle Ehre. 6 Grad zeigt das Thermometer als ich mit zwei Deutschen aufbreche. Die Stadt verlassend verschwindet der Lärm allmählich aus dem Bewusstsein, bis nur noch Stille und das Rauschen des Windes übrig bleibt.

Der steile Aufstieg zur Meseta ist bald geschafft, die Pause hat meinen Füssen gut getan und mit 25 Kilometern landen wir nach unzähligen Pausen erst spät abends, durch zu viel Rotwein etwas angeheitert, in der Hippie-Kommune von San Bol, einem kleinen Haus ohne Strom und sanitäre Einrichtungen inmitten der Meseta. Hexenzauber und ein selbstgekochtes Essen der Hospitalera lassen den Abend ausklingen. Da die Herberge allerdings überfuellt ist, schlafen wir drei im Zelt, wo es bei Temperaturen um den Gefrierpunkt verdammt kalt wird. Erinnerungen an die Tour mit meinem Bruder in die Julischen Alpen werden da wach.

Weiter bis nach Itero de la Vega

Immer weiter auf der Hochebene der Meseta geht es durch die Felder ohne jeglichen Schatten. Nichts was das Auge festhält, kein Punkt der Halt in dieser Endlosigkeit bietet. Ich kann verstehen, warum ein Grossteil der Pilger einen grossen Bogen um diesen Abschnitt des Weges macht und den Bus bis Leon nimmt. Doch im Moment ist es großartig hier zu sein. Bei morgendlichem Nebel und nur wenig Schlaf brechen wir erst gegen halb neun auf und machen uns auf den Weg in Richtung Castrojeriz. In Hontanas gibt es das heissersehnte Frühstueck und den wärmenden Cafe con leche.

Ich glaube, genau das meinten die Urväter des Pilgerweges, als sie den Weg mit einem ständigen Auf und Ab verglichen.

Da der gestrige Tag sehr gut verlief, mute ich mir natürlich mal wieder zu viel zu und wanke ab der Hälfte des Weges nur noch unter Schmerzen. Eine neue Blase hat sich angekündigt und auch sogleich entzündet. Aber das gehört nun mal zum Weg dazu. „Ich weiss, ich wiederhole mich, aber meine Schmerzen tun es ja auch.“ (Ist zwar geklaut, aber auf den Punkt gebracht.)

Nur die Ablenkung durch Manuel und Anne, zwei Deutschen, die mir schon des Öfteren über den Weg gelaufen sind, halten mich auf dem Weg und so sind es am Tagesende dann doch wieder 26 Kilometer, so dass ich die letzten beiden Tage zusammen dann etwas über 50 Kilometer gutgemacht habe. Und immerhin: von hier sind es nur noch 453km bis nach Santiago. Fast Halbzeit.

Mal schauen, wie sich mein Körper die nächsten Tage fühlen wird, da ich glaube, mit den Füssen morgen etwas langsamer unterwegs sein zu müssen und damit den Anschluss an meine neuen Bekanntschaften verlieren werde. Aber auch das ist eine Lektion des Weges, die vielleicht auch ein Stück weit in den Alltag übertragbar scheint: Wegbegleiter kommen und gehen. Nur zusammen ist man weniger allein.

Viele Grüsse in die Heimat.

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