Jedes Buch ist auch gleichzeitig eine Liebeserklärung. Ans Reisen, ans Unterwegssein und an den Mut, neue Wege zu gehen. Denn wenn Wanderer oder Reisende sich schon mal die Mühe machen, im Nachgang ihre Gedanken aufs Papier zu bringen, dann gehört vermutlich eine große Portion genau dieser Liebe, dieser Hingabe dazu. Damit auch wir, die Leser, teilhaben können an den Erfahrungen und Anekdoten, an den Eindrücken und Gedanken von unterwegs. Drei solcher Bücher habe ich herausgesucht und stelle ich Euch heute kurz vor.
Lesetipp #1:
„100 Tage Heimat“ von Jens Franke
Der geografische Mittelpunkt Deutschlands liegt je nach Berechnungsmethode woanders. Nimmt man jedoch die Breiten- und Längengrade als Orientierung liegt er in Thüringen. Genauer gesagt in der Nähe von Niederdorla, einem verschlafenen Städtchen mit knapp 1.400 Einwohnern im Unstrut-Hainich-Kreis. Genau hier startet Jens Franke seine Wanderung. Quasi aus der Mitte Deutschlands heraus. Sein Ziel: ein Stück Heimat entdecken. Oder das, was landläufig darunter verstanden wird. Denn Heimat bedeutet nicht nur für jeden etwas anderes, sondern ist auch so individuell wie nicht greifbar. Geschweige denn erklärbar.
Dennoch schickt er sich, begleitet von seinem Hund Aiko an, ein Stück des südlichen Deutschland zu erwandern. Die Route steht nicht fest, wird tagtäglich an Stimmung und Wetter angepasst und führt ihn von ursprünglichen Wäldern bis hinauf auf den höchsten Gipfel, die Zugspitze, weiter über Schluchten und Sagen und den Saar-Hunsrück-Steig bis nach Affoldern. Auf seiner Reise erlebt der Autor Höhen und Tiefen, die er unverstellt und selbstkritisch mit dem Leser teilt. Ein Tagebuch genau richtig für den Herbst, um sich Kraft und Neugier für das neue Jahr anzulesen.
Eine Empfehlung!
100 Tage Heimat
Jens Franke
Erschienen bei Malik im National Geographic Verlag
304 Seiten | ISBN: 978-3-49240-525-6
Leider nur noch gebraucht erhältlich.
Erste Eindrücke gibt es auf der Webseite von Jens Franke.
Lesetipp #2:
„NeuseeSOHNLand“ von Andreas Seltmann
Die Beziehung eines Sohnes zu seinem Vater ist immer eine ganz besondere. Umgekehrt wahrscheinlich genauso. Sie nimmt im Leben eines Mannes einen enormen Stellenwert ein. Ob gewollt oder nicht: der Vater ist Leitfigur und Vorbild zugleich. Daher interessierte mich die jüngste Neuerscheinung* im Sorriso-Verlag ganz besonders. Sie heißt „NeuseeSOHNLand“, ist von Andreas Seltmann geschrieben und seit Mitte Oktober erhältlich.
In seinem Buch geht es vorrangig um Differenzen, wird vom Scheitern und von Versöhnung berichtet. Auch geht es um Stolz. Und um Freundschaft. Und ganz nebenbei um Neuseeland. Denn dorthin sind Vater und Sohn Seltmann aufgebrochen. Der Junge scheitert unter unglücklichen Umständen am Schulsystem, der Vater sieht die Zukunft seines Sohnes verloren. Das Angebot, sich neu zu orientieren, nicht nur im Leben sondern auch in ihren Rollen innerhalb der Familie, nehmen beide dankbar an. Auch wenn anfängliche Bedenken noch zusätzlich emotionalisieren.
Mit einem Camper durchreisen sie 30 Tage lang Neuseeland und entdecken auf den knapp 3.700 Kilometern nicht nur atemberaubende Landschaften, sondern ebenso sich selbst. In ausschließlich sehr persönlichen Briefen an daheimgebliebene, verstorbene oder auch mal fiktive Personen schildert der Autor in seinem Buch ihre Erlebnisse, Eindrücke und Abenteuer. Ganz nebenbei wird die Vater-Sohn-Beziehung neu aufgebaut und definiert. Das macht das Buch zu einem äußerst persönlichen Exemplar, das vorzugsweise für Söhne oder für Väter pubertierender Jungs gemacht wurde und ist sicherlich nicht jedermanns Sache. Denn wer einen Reisebericht über Neuseeland erwartet wird enttäuscht. Wer jedoch einen Vater-Sohn-Ratgeber sucht, dürfte sein Lesevergnügen an diesem Buch finden.
NeuseeSOHNLand
Andreas Seltmann
Erschienen im Sorriso Verlag
238 Seiten | ISBN: 978-3-94770-208-4
26,90 € [D] | 35.90 [SFR]
Vielen Dank an den Sorriso Verlag für die Zurverfügungstellung des Rezensionsexemplars.
Lesetipp #3
„Weltherz“ von Markus Steiner
Mein letzter Lesetipp ist einer, der bereits seit über zwei Jahren erhältlich ist. Da ich aber erst gerade auf dieses Buch gestoßen bin und es sehr großartig finde, möchte ich nicht versäumen, es kurz vorzustellen.
Markus Steiner ist zum Zeitpunkt seines Aufbruchs 37 Jahre alt. Die Wohnung ist genauso wie der Job gekündigt und die Kurzlebigkeit einer Großstadt scheint nicht mehr sonderlich viel Abwechslung zu bieten. Die Weite der Welt dafür umso mehr. Also begibt sich Steiner auf eine Reise, die alles neu bestimmen und zurechtrücken wird. Von Israel über Indien und Südostasien, verschlägt es ihn erst nach Australien, später nach Japan und letztlich wieder zurück nach Europa. Das ist zwar keine tatsächliche Weltreise, aber eine, die eine Tür öffnen wird. Wer als Reisender das Gefühl unbegrenzter Neugier auf die Welt kennt, wird verstehen, mit welchem Virus sich der Autor dabei infiziert hat.
Ziemlich sprachgewandt nimmt Steiner den Leser mit auf seine Reise, die – natürlich – auch ein Stück in die Gedankenwelt des Autors entführt. Vornehmlich aber gibt es im vorliegenden Buch* vertraut-fremde Gebiete zu erforschen, die es durch feine Beobachtungsgabe und besondere Erlebnisse neu zu entdecken gilt. Selbst der große Andreas Altmann war angetan von diesem Werk. Nutzt doch der Verlag eines seiner Zitate, um damit zu werben. Wie ich finde: zu recht. Da bohrt tatsächlich jemand an den Brettern bisheriger Sprachdeutung und verleiht ihr ein neues, ganz persönliches Timbre.
Sehr lesenswert!
Weltherz
Markus Steiner
Erschienen bei Malik im Piper Verlag
224 Seiten | ISBN: 978-3-89029-489-6
16,- € [D] | 16,50 [A]
Vielen Dank an den Piper Verlag für die Zurverfügungstellung des Rezensionsexemplars.