Was für ein Tag. Nach dem obligatorischen Aufstehen um 6 Uhr morgens, stehe ich bereits eine Stunde später allein im Zimmer. Alle Betten leer, keine Menschen, keine Rucksäcke. Wie kann man nur schon so zeitig unterwegs sein? Draußen ist es noch stockfinster. Nur am Horizont zeichnet sich in ersten zaghaften Verfärbungen der neue Tag ab. Da sind alle schon unterwegs in Richtung Estella. Wie machen die das nur?
Von Puenta la Reina nach Estella (22km)
Um 7:30 Uhr, die Dämmerung ist gerade angebrochen, mache auch ich mich auf den Weg. Ich habe das erste Mal gut geschlafen und wage mich so gänzlich ohne Frühstueck auf den Camino. Zu Hause würde ich schon schlechte Laune bekommen, wenn ich direkt nach dem Aufstehen nur mal kurz raus müsste, um Brötchen zu besorgen. Hier wandere ich mal einfach so die fünf Kilometer ins nächste Dorf, da dort angeblich eine Panaderia sein soll. Doch Fehlanzeige. Die Bar ist noch geschlossen und ich bekomme jetzt doch schlechte Laune. Die bessert sich erst, als ich weitere fünf Kilometer später eine offene Bar entdecke, an welcher ich völlig ausgehungert ein Bocadillo mit Schinken und Käse sowie einen Cafe con leche zu mir nehme. Na das ging ja schon mal richtig gut los…
Hier treffe ich auf zwei sympathische Deutsche, die ich schon kurz auf dem Fest in Cizur Menor kennenlernte. Zu dritt machen wir uns auf den weiteren Weg. Und der hat es heute in sich. Hatte ich gehofft, das ewige Auf und Ab würde sich irgendwann mal legen, habe ich mich getäuscht.
Wieder geht es steil bergauf und ab, die Sonne brennt schon um 9 Uhr heiss von oben herab. Ich frage mich das erste Mal, warum ich mir das eigentlich antue. Nur die Gespräche mit den Beiden lenken mich ein wenig von meinen Gedanken ab und so lerne ich einmal mehr, dass irgendwie jeder auf diesem Weg sein eigenes Päckchen zu tragen hat. Ich habe bis jetzt noch niemanden kennen gelernt, der diesen Weg aus rein sportlichem Anreiz geht.
Ankunft im verschlafenen Städtchen
Gegen 14 Uhr und nach insgesamt 22 Kilometern kommen wir endlich in Estella an. Doch so schön wie der Beiname dieser Stadt auch ist (Estelle la bella – Estelle die Schöne), dem wird er leider nicht gerecht. In der ersten Herberge machen wir nach Besichtigung der Betten wieder kehrt (die Matratzen sehen aus wie vom Sperrmuell geholt – und darüber kann auch der unverbindliche Obulus auf Spendenbasis nicht hinweg helfen). Die Zweite erinnert uns irgendwie an ein Gefängnis (20 Doppelstock-Betten stehen in einem engen Raum, die kurz unter der Decke befindlichen Fensterschlitze sind nicht zu öffnen). Also wenn es ein zweites Mal auf diesem Weg für mich geben sollte, mache ich um Estella einen großen Bogen. Ich kann die Wanzen schon förmlich krabbeln spüren.
Ich glaube die Bezeichnung mediterran hat nicht unbedingt etwas mit dem mediterranen Meer zu tun. Denn das ist einfach mal schlappe 400km entfernt.
So machen wir drei uns auf die Suche nach einer anderen Art der Unterkunft. Da Hotels entweder schon voll oder zu teuer sind, werden wir in einem kleinen Hostal in der Innenstadt dann doch noch fündig. Wir ergattern zwei Doppelzimmer mit Gemeinschaftsdusche und Außenklo für 20 € pro Person. Das ist zwar fuer den Jakobsweg eher recht teuer, aber im Vergleich mit den beiden Herbergen ein echtes Schnäppchen. Und hey, mal ohne Schnarcher durchzuschlafen, hat halt seinen Preis.
Estella an sich ist ganz nett, aber andere Städte die ich bisher gesehen habe, hatten deutlich mehr Charme. Zu allem Unglück hat auch noch die einzige wirkliche Sehenswürdigkeit dieses Ortes ausgerechnet am Montag geschlossen. Was fuer ein Tag…