Vom Kleinen zum Großen Zschirnsteine mit Zirkel und Krone

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Rundwanderung im Hinterland der Sächsischen Schweiz abseits des Tourismus. Von Schöna geht es dabei auf die beiden Zschirnsteine. Insgesamt vier Gipfel auf den knapp 18 Kilometern. Tipps & Infos.
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Gerade im Sommer sind mir die Hotspots der Sächsischen Schweiz einfach zu beliebt. Zu viele Menschen, insgesamt viel zu laut und an den Gipfel-Engstellen viel zu viel Gedränge. Daher habe ich mir dieses Jahr mal vorgenommen, ein wenig abseits ausgetretener Pfade unterwegs zu sein. Und siehe da: mit meiner Wanderung auf die beiden Zschirnsteine liege ich genau richtig. Obendrauf, quasi als Topping, gibt es noch die Gipfel von Zirkelstein und Kaiserkrone – und fertig ist das Gespann entspannter Gipfelwelten. So geht das. Auch in der Sächsischen Schweiz.

Mal oberhalb, mal unten herum – die Zschirnsteine bieten jede Menge Abwechslung
Mal oberhalb, mal unten herum – die Zschirnsteine bieten jede Menge Abwechslung

Start auf die Zschirnsteine in Schöna

Da im Sommer die einzige Straße ins Hinterland stark befahren ist und mitunter gerade das auf dem Rückweg in Pirna Sonnenstein dann eine megalangen Stau verursacht, habe ich umgesattelt. Und zwar auf den ÖPNV. Der ist in der Sächsischen Schweiz nämlich richtig gut ausgebaut und man kommt damit auch in Ecken, die der – ‘tschuldigung – gewöhnliche Tourist gern mal auslässt. Weil zu weit weg, zu lange Anfahrten, oder was auch immer. Daher fahre ich erst mit der S-Bahn von Dresden bis nach Krippen und steige dort in den Bus. Der trägt die Nummer 252 und ist zeitlich an die Ankunftszeit des Zuges angepasst. Das ist schön und verkürzt meine Anreise erheblich. Die knapp 90 Minuten Anfahrt von der Dresdner Innenstadt gehen schnell vorbei und schwuppdiwupp stehe ich auf dem kleinen Dorfplatz in Schöna.

Das wiederum ist ein verschlafener aber äußerst sympathischer Ort mit charmantem Dorfkern. Den schaue ich mir in Ruhe an, während ich gemächlich den ersten Hinweisschildern des Malerwegs folge. Der führt direkt durch den Ort und bringt mich wenig später zum Aussichtspunkt „Malerblick“ unterhalb des Wolfsbergs.

Als wäre es das normalste der Welt steht an genau dieser Stelle und neben dem hölzernen Unterstand eine Staffelei nebst älterem Herr. Den Sonnenhut tief ins Gesicht gezogen, auf der Nase eine verbogene Brille sitzend und in seinen graumeliertem Bart pfeifend, schwingt der Meister gedankenversunken den Pinsel. Ich schaue ihm eine Weile über die Schulter und beobachte das Entstehen einer Landschaft aus Öl und Acryl. Mich beeindruckt das ja sehr. Kann ich doch bis heute nicht wirklich malen. Es fasziniert mich, mit welch scheinbarer Einfachheit ein ganzes Abbild der Umgebung erschaffen wird und dabei dennoch fertig gebracht wird, dem Werk eine ganz eigene Handschrift mitzugeben. Für mich ist das ein kleines Stückchen Magie.

Auf dem Kleinen der beiden Zschirnsteine hat es schonmal eine viel versprechende Aussicht
Auf dem Kleinen der beiden Zschirnsteine hat es schonmal eine viel versprechende Aussicht

Erst auf den Kleinen, dann auf den Großen – die Zschirnsteine

Vom Wolfsberg leitet mich der Wegweiser in Richtung Kleingießhübel und damit an den Fuß des Kleinen der beiden Zschirnsteine. Denn soviel ist schon jetzt absehbar: die Zschirnsteine sind eigentlich zwei Berge. Und damit eben auch zwei Aufstiege. Und zwei Abstiege. Aber diese halten sich in Grenzen. Zieht sich der Weg bis auf den Kleinen anfangs unterhalb der Felsen durch Birkenwald, führt er später in einem kurzen aber knackigen Waldpfad auf die erste der noch folgenden und einfach wunderbaren Aussichten und wird letztlich zum gemütlichen Pfad auf den Felsen.

Ist zwar immer auch ein bißchen anstrengend, aber danach wird‘s einfach nur schön.

Mit Blick in Richtung Pfaffenstein, dahinter versteckt die Festung Königstein, mache ich bei bestem Sommerwetter Pause und genieße das laue Lüftchen. Das hilft, die knapp 34 Grad etwas erträglicher zu machen. Die Sonne steht im Zenit, die Bäume werfen kurze Schatten und dennoch bin ich froh, diesen Tag nicht am Badesee sondern in den sächsischen Sandsteinbergen zu verbringen. Zu lange musste ich auf sie verzichten, was mir gerade in diesem Jahr enorm schwer fiel. Worauf ich allerdings sehr gern verzichten kann, ist Anstehen an einer Eisenleiter, um hinauf zu kommen. Zuletzt passiert auf den Schrammsteinen. Das sei noch erwähnt: obwohl auch der Forststeig über den Großen der beiden Zschirnsteine verläuft, bin ich bisher fast komplett allein unterwegs. Auch mal schön, die Sandsteine so für sich zu haben.

Von Groß zu Klein, dabei der Blick aus Richtung Nord nach Süd
Von Groß zu Klein, dabei der Blick aus Richtung Nord nach Süd – hier der Hohe Schneeberg

Vom Plateau des Kleinen Zschirnsteins geht es kurz bergab, nur damit es anschließend über breite Sandsteinstufen hinauf auf den Großen gehen kann. Das braucht insgesamt nicht einmal 30 Minuten und schon stehe ich auf Gipfel Nummer Zwei. Diesmal mit Blick in Richtung Süden. Mit seinen 561 Metern ist der Große Zschirnstein zwar die höchste Erhebung der Sächsischen Schweiz, aber immer noch knapp 150 Meter kleiner als der höchste Berg des gesamten Elbsandsteingebirges. Das wäre dann der Hohe Schneeberg (Děčínský Sněžník). Der liegt aber in der Böhmischen Schweiz, also in Tschechien. Da wir ja EU sind, gehört das irgendwie eh alles zusammen.

Mittagshitze und ein kühles Lüftchen

Auf dem Großen der beiden Zschirnsteine halte ich mich dann doch länger auf als geplant. Zum Einen, da die Mittagshitze mich ordentlich zum Schwitzen bringt und ich mich kurz ärgere, den Tag nicht doch im Freibad verbracht zu haben, zum Anderen da ich auf einen Wanderer treffe, der tatsächlich den gesamten Forststeig wandert und hier rastet. Jener ist vergleichsweise jung, also der Weg, nicht der Wandersfreund, und beeindruckt wohl damit, dass er komplett abseits der Zivilisation verläuft. Ortschaften werden quasi nur ganz am Rand berührt. Am S-Bahnhof Schöna an der Elbe startend, führt er über Wald- und Forstwege (daher der Name), erklimmt nebenbei zahlreiche Sandsteinberge und endet schließlich nach einem großen Bogen in Bad Schandau. Gut 100 Kilometer Einsamkeit und Ruhe. Genau das, was er wohl gesucht und ja nun auch gefunden hat. Geschlafen wird, so erzählt er mir, auf extra eingerichteten Trekkingplätzen, die mitten im Wald liegen und für Selbstversorger gedacht sind. Gaststätten und Rasthäuser gibt es unterwegs nur unzureichend wenig.

Wir unterhalten uns lange. Vor allem auch über seine und meine Wanderphilosophie. Einmal mehr stelle ich fest, dass ich mit meinem meditativen Anspruch ans Wandern nicht allein bin. Immer wieder treffe ich auf Gleichgesinnte, die genau wie ich, bewusst Ruhe und Abgeschiedenheit in der Natur suchen, um sich so vom Stress oder auch der Schnelllebigkeit einer Großstadt zu erholen. Was ausgerechnet dieses Jahr aber immer schwieriger wird, da einfach zu viele genau das suchen und glauben, das in den touristischen Hotspots zu finden. Ursprünglich war für ihn eine Wanderung in Schweden vorgesehen, aber das historische Schicksal dieses Jahres verdarb die Träume. So wählte er die Alternative Forststeig und bereut sie bis jetzt keinen Meter.

Auf dem Großen der beiden Zschirnsteine gibt es einen fantastischen Blick ins Hinterland der Sächsischen Schweiz. Ganz ohne touristischen Trouble.
Auf dem Großen der beiden Zschirnsteine gibt es einen fantastischen Blick ins Hinterland der Sächsischen Schweiz. Ganz ohne touristischen Trouble.

Weiter gehts auf Gipfel drei und vier

Ich wünsche ihm alles Gute auf seinem Weg und mache mich weiter auf meinen. Der führt mich schnurstracks wieder zurück in Richtung Schöna. Wobei hier schnurstracks wortwörtlich gemeint ist. Ganze zwei Kilometer wandere ich auf einem breiten Forstweg einfach nur geradeaus, bis ich die ersten mir bekannten Häuser am Horizont erblicke. Über den kleinen Bogen, den der Weg noch schlägt, gelange ich wenig später an den Fuß des Zirkelsteins. Der schaut von unten komisch und nicht begehbar aus, was aber täuscht. Über die typischen Eisenleitern gelange ich in kürzester Zeit auf Gipfel Nummero Drei.

Da die Sonne mittlerweile im Sinken begriffen ist, sind die Schatten länger und erhält die Landschaft eine wohlige Tiefe. Mein Blick gleitet von den Schrammsteinen über Gohrisch & Co. im Westen, über die beiden Zschirnsteine im Süden bis hinüber ins Böhmische. Was ich eigentlich sagen will: der Zirkelstein ist ein 360-Grad-Panoramaberg und verdient es, seine Pause auf ihm zu verbringen. Das laue Lüftchen, das auch hier hinaufweht, stärkt das sommerliche Gefühl und hallt lange nach.

Die beiden Zschirnsteine sehen aus der Ferne aus wie ein Berg, sind aber zwei.
Die beiden Zschirnsteine sehen aus der Ferne aus wie ein Berg, sind aber zwei.

Doch noch ist nicht aller Tage Abend. Direkt gegenüber wartet noch Berg Vier. Passend zum krönenden Abschluss heißt der „Kaiserkrone“. Warum? Das ist bis heute nicht geklärt, denn ein Kaiser war nie auf ihm und eine Krone hat er eigentlich auch nicht. Was jedoch besonders ist, wäre vermutlich der Umstand, dass der berühmte Caspar David Friedrich ihm in seinem wohl bekanntesten Gemälde „Wanderer über dem Nebelmeer“ ein Denkmal gesetzt hat. Ganz hinten rechts im Bild ist sie zu sehen, die Kaiserkrone, und mittels Öl auf Leinwand für die Ewigkeit festgehalten. Ähnlich wie der Maler heute Morgen, es schließt sich also ein Kreis.

Auf diesem Berg gönne ich mir zum Abschluss dann auch noch den Sonnenuntergang eines wunderbar heißen und rundum gelungenen Wandertags. Weil die Aussicht ist einfach großartig. Und mächtig gewaltig, Egon. Ganz ehrlich. Ich komme ins Träumen und Schwärmen und freue mich auf die weiteren Wanderungen, die diesen Sommer noch im Hinterland und abseits des Tourismus geplant sind…

Tipps & Infos

HINKOMMEN.
Viele Weg führen nach Karpacz. Und einige davon auch auf den Parkplatz, an dem diese Wanderung beginnt.

AUSRÜSTUNG.
Für diese Wanderung benötigt es im Winter unbedingt festes Schuhwerk. Vielleicht auch Trekking- bzw. Skistöcke. Evtl. können die Wege zudem wie beschrieben stark gefroren sein, dann empfehlen sich zumindest Grödel. Oder aber Ski. Die Tour verfügt zu guten Zeiten über entsprechende Loipen und macht auch auf Brettern enormen Spaß.

UNTERKUNFT.
Empfehlenswert und als Ausgangspunkt für diese Wanderung empfehle ich das in die Jahre gekommene aber total nett geführte Hotel Nowa Ski Spa.

ESSEN & TRINKEN.
Da es sich durchaus um eine Tageswanderung handelt, wären Essen und Trinken nicht verkehrt, dabei zu haben. Gerade an Tee in einer Thermoskanne sollte man denken. Kann manchmal helfen wieder warm zu werden. Wenns hart auf hart kommt liegt die Hampelbaude (Strzecha Akademicka). Die ist groß genug und bietet nicht nur eine warme Stube sondern neben rustikal-solider Nahrung auch einen wunderbaren Ausblick.

BESONDERER TIPP.
Ein kleiner Abstecher zum Wasserfall Dziki Wodospad, dem Wilden Wasserfall, sollte direkt mit eingeplant werden. Der ist in kalten Wintern auch gern mal vereist, was ein toller Anblick ist. Und eine sehr gute Möglichkeit, bei einer Rast den restlichen Tee zu schlürfen.

Karte & Überblick

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