Osterspaziergang im Vessertal

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Vom Eise befreit sind Strom und Bäche: Rundwanderung durchs Vessertal, einem der wenigen naturbelassenen Biosphärenreservate im Thüringer Wald. Ein Wanderbericht.
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Das Schöne an jedem neuen Frühling ist sicher das Aufbegehren neuen Lebens nach einem kalten und langen Winter. Goethe wusste das zu schätzen, galt doch der Thüringer Wald neben Italien zu seinen liebsten Wandergegenden. Ob er jedoch auch im Vessertal unterwegs war ist nicht überliefert. Gefallen hätte es ihm sicher. Zeigt sich doch hier die Natur in all ihrer Ursprünglichkeit.

Wer am Breitenbach vom Wege abkommt wird vor allem Eines: ziemlich nass. Die Ufer sind nämlich geprägt von Feuchtwiesen und Mooren.
Wer am Breitenbach vom Wege abkommt wird vor allem Eines: ziemlich nass. Die Ufer sind nämlich geprägt von Feuchtwiesen und Mooren.

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche

Die Familie ist gewachsen und mit jedem neuen Sprössling gibt es mindestens ein Fest pro Jahr mehr zu feiern. Da meine Familie mittlerweile weit verstreut lebt komme ich doch so ganz nebenbei in den Genuss, neue Wandergegenden zu erkunden. Dieses Mal überließ ich es meinem Bruder uns ein unbekanntes Herzstück herauszusuchen, ist der Thüringer Wald doch seit Jahrzehnten seine neue Wahlheimat. Meine Wanderung auf dem Rennsteig, dem 170 Kilometer langen Kammweg, liegt nun auch schon wieder zehn Jahre zurück und so freue ich mich riesig über seine Empfehlung. Auf geht’s ins Vessertal.

Oberhalb des Breitenbaches verläuft der Wanderweg und ist bei jung und alt beliebt.
Oberhalb des Breitenbaches verläuft der Wanderweg und ist bei jung und alt beliebt.

Da sich quasi die ganze Familie zum diesjährigen Osterfest verabredet hat, mutiert die Wanderung recht schnell zum gemeinsamen Familienausflug. Mitgehangen, mitgefangen wurde auf diese Weise nie deutlicher gelebt. Genug Zeit für Gespräche, Eindrücke und Lebensweisheiten die so wahrscheinlich eher selten zu Tage gefördert werden. Scheint anfangs noch die Sonne und macht diese Wanderung nicht nur sprichwörtlich zum Osterspaziergang, werden wir wenig später noch einmal mit der gesamten Härte eines nachklingenden Winters konfrontiert.

Im Tal des Breitenbach auf dem Weg nach Vesser kommt kurz auch mal die Sonne raus.
Im Tal des Breitenbach auf dem Weg nach Vesser kommt kurz auch mal die Sonne raus.
Frei nach Caspar David Friedrich: Wanderer im Vessertal
Frei nach Caspar David Friedrich: Wanderer im Vessertal
Wer sich die letzten Höhenmeter hinauf gequält hat kann im Stutenhaus auf 744 Höhenmetern rustikal thüringisch einkehren.
Wer sich die letzten Höhenmeter hinauf gequält hat kann im Stutenhaus auf 744 Höhenmetern rustikal thüringisch einkehren.

Im Tale grünet Hoffnungsglück

Während wir gemächlich die Höhenmeter hinauf wandern – es sind immerhin 300 davon pro Richtung – ziehen graue Wolken auf und beginnt es wenig später zu regnen. Wie Anfang April auch nicht anders zu erwarten, fühlt sich der Niederschlag nach eisiger Kälte an und zieht die Feuchtigkeit recht schnell unter die Kleidung. Sehr zum Unmut einiger Mitwanderer.

Am Stutenhaus vorbei, in welchem man recht urig speisen und übernachten kann, geht es im strömenden Regen die letzten Kilometer bis nach Vesser. Hier ist ein Tisch reserviert und kehren wir genau zur richtigen Zeit ein. Auf knapp 740 Höhenmetern kann aus einem Schauer zu dieser Jahreszeit auch ganz gern mal Schneefall werden.

Entlang des Flüsschens Vesser, welches sowohl für den Ort als auch das Biosphärenreservat namensprägend ist, dringen wir tiefer in die Ursprünglichkeit sich selbst überlassener Natur. Inmitten dichter Tannen haben sich letzte Schneefelder gehalten und tauchen das Tal in frostige Kühle. An heißen Sommertagen wäre diese Wanderung auf jeden Fall eine erfrischende Empfehlung.

Die alte Sprungschanze im Vessertal war eine von wenigen Naturschanzen. Weitenrekord hielt zuletzt Frank Ludwig (2002) mit 99 Meter. Kurz darauf wurde der Betrieb eingestellt.
Die alte Sprungschanze im Vessertal war eine von wenigen Naturschanzen. Weitenrekord hielt zuletzt Frank Ludwig (2002) mit 99 Meter. Kurz darauf wurde der Betrieb eingestellt.

Der alte Winter, in seiner Schwäche

Auf dem Rückweg durch das Vessertal begegnen wir nicht nur Zeugen der Vergangenheit. Die Naturschanze zum Beispiel war bis vor kurzem noch in Betrieb und versprüht Wettkampfflair inmitten der thüringer Berge. Vielmehr treffen wir auch auf Hinterlassenschaften des jüngsten Sturmtiefs, welches im Januar diesen Jahres über Mitteldeutschland hinwegfegte. Das zwingt uns zum Klettern, zuweilen in die tiefe Hocke oder auch über die Wiesen des Flußbetts. Ein abenteuerlicher Weg, der in dieser Form nicht zu erwarten war.

Am Ende stehen wir wieder am Anfang. Die als Rundweg konzipierte Wanderung ist eindrucksvoll, erlebnisreich und dank gut ausgebauter Wege eigentlich zu jeder Zeit machbar. Danke für die Empfehlung! Danke für die Gastfreundschaft.

Der letzte Sturm im Januar 2018 hinterließ auch im Vessertal große Schäden. Mancherorts hilft da nur Kraxeln.
Der letzte Sturm im Januar 2018 hinterließ auch im Vessertal große Schäden. Mancherorts hilft da nur Kraxeln.
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