Nachdem es auf meiner gestrigen Tour zum Heimkehrerkreuz Temperaturen von über 30 Grad hatte, kam über Nacht dann doch noch das angekündigte Gewitter. Und auch wenn es ordentlich geregnet hat und die Wiesen saftig grün im Morgenlicht schimmern, ist es schon recht früh am Tag wieder drückend warm. Die Wolken hängen grau und schwer an den Bergen fest und schieben sich nur gemächlich über die umliegenden Gipfel. Es sieht nach Regen aus. Trotzdem mache ich mich auf den Weg, die Gegend rund ums Pillerseetal weiter zu erkunden. Dabei wurde mir von den Gastgebern der Pension Flecknerhof die Schießlingalm ans Herz gelegt. Und obendrein noch eine witzige Anekdote dazu gepackt. Doch dazu später mehr.
Von St. Ulrich am Pillersee zur Schießlingalm
Erst einmal heißt es die ersten Kilometer durch St. Ulrich oder genauer Weißleiten zurückzulegen. Das ist ein verschlafener Ortsteil mit wunderbar alten Häusern, die liebevoll instand gesetzt wurden und deren Gärten allesamt gepflegt sind. Eine Alpenidylle mitten im Pillerseetal, fast schon selbst eine kleine Attraktion.
Hinter dem Gatter, welches die Wiesen und das Vieh von den Häusern des Ortes trennt, liegen Kühe im Gras und dösen vor sich hin. Auch ihnen scheint es zu warm zu sein. Stattdessen tummeln sich deren Fliegen, besser bekannt als Bremsen oder Bremen in äußerst reger Betriebsamkeit. Die schwüle Luft macht sie offenbar aktiver als gewöhnlich, was für mich bedeutet, dass ich die nächsten Kilometer in ständiger Begleitung dieser Insekten zurücklege, sie mich aggressiv weil nervig umrunden aber vor allem beißen. So ein Bremsenbiss tut ordentlich weh. Mistviecher das.
Schließlich bin ich dann doch entweder zu schnell für sie oder sie zu langsam für mich. Jedenfalls komme ich ohne weitere Bisse an der Schießlingalm an. Dort lehnt der Hüttenwirt am Geländer der Terrasse und beobachtet mich neugierig. Scheinbar bin ich der erste Gast des Tages und läute damit wohl die Mittagsjause ein. Ich bitte um ein Getränk und setze mich auf die hölzerne Bank.
Schlagartig umgibt mich Ruhe. Außer einem leisen Wind, der sanft durch entfernte Wälder rauscht und dem Klappern des Geschirrs aus der Almhütte, höre ich nichts. Absolut nichts. Kein Auto, kein Flugzeug, keine Menschen. Nicht einmal das Läuten der Kuhglocken. Die Schießlingalm scheint ein Kraftorte im Pillerseetal zu sein. Ruhig, friedlich, kraftgebend, aufbauend – in ihrer Ruhe gelingt es mir, für den Moment nichts zu denken. Erst die Leere im Kopf lässt das Fühlen zu. Und das fühlt sich ganz akut einfach großartig an.
Von der Schießlingalm ins Grieseltal
Lange nehme ich mir Zeit und ruhe aus. Erst eine Gruppe anderer Wanderer, die sich lautstark unterhaltend an den Nachbartisch setzen, treibt mich weiter. Noch ein kleiner Abstecher zum Schießlingkreuz, kurz unterhalb der Alm und schon bin ich auf dem Weg ins Tal.
Hier weht ein kühler, weil frischer Wind und vertreibt nicht nur die Schwüle des Tages sondern auch diese nervigen Bremsen. Richtig angenehm, so zu wandern. In Serpentinen schlängelt sich der Weg ins Tal und komme ich wenig später am Grieselbach an. Seinem Lauf folgend mache ich dann doch noch einen kleinen Abstecher zur gleichnamigen Jausenstation. Auch hier bin ich für einen Moment allein und entspanne.
Dabei fällt mir die Anekdote ein, die mir der Pensionswirt zum Frühstück noch mit auf den Weg gegeben hat. Ursprünglich wurden die beiden Almen wohl von zwei rivalisierenden Schwestern bewirtschaftet, die voller Neid und Missgunst um Gäste und damit ihr Geschäft buhlten. Ihr Gezank war so offensichtlich, dass es für die Einwohner des Pillerseetals ein Heidenvergnügen war, die beiden Schwestern bei jedem Besuch zu ärgern. War zum Beispiel die Jausenstation kaum besucht, sagte man der dortigen Schwester, auf der Schießlingalm wäre vor lauter Andrang kein Platz mehr frei. Besuchte man dagegen die Alm, sagte man es der anderen Schwester genau umgekehrt. Man sollte meinen, die beiden haben den Witz beizeiten durchschaut und trotzdem einfach mitgemacht. Solange es schließlich was zu lachen gibt, macht doch noch jede ihr Geschäft.
Rückweg durchs Grieselbachtal
Von der Jausenstation ist es nur noch ein Katzensprung bis ins Grieselbachtal. In einem breiten Flussbett, dass jetzt im Sommer nur noch einem kleinen Rinnsal gleicht, windet sich das kühle Nass durch die Wälder. Aufgestapelte Steine säumen das Ufer, über hölzerne Brücken führt der Weg. Schön ist es hier. Und hatte ich so auch gar nicht erwartet.
In einer großen Kehre mache ich eine letzte Rast, bevor mich der Weg wieder zurück in die Zivilisation führt. Manchmal frage ich mich, wie es wohl sein mag, an einem solchen Ort zu leben und nicht in einer Großstadt. Bringt diese entspannte Idylle wirklich mehr zur inneren Ruhe und Ausgeglichenheit? Oder hat man das irgendwann auch satt, weil es einfach zu langsam und zu ruhig im Leben wird? Eine spannende Frage, die ich auf meine nächste Wanderung mitzunehmen gedenke…
Tipps & Infos
HINKOMMEN.
↠ Am einfachsten mit dem Bus 8302 des ÖPNV zur Haltestelle St. Ulrich a. P. Koglfasserweg
↠ Im Ortsteil Weißleiten selbst gibt es keine öffentlichen Parkplätze. Dafür aber einen gebührenpflichtigen Parkplatz in St. Ulrich am Pillersee. Parkt man dort, verlängert sich die Wanderung allerdings um ca. sechs Kilometer. Ich empfehle die Anreise mit dem Bus.
AUSRÜSTUNG.
Für diese Wanderung benötigt es keinerlei besondere Ausrüstung. Festes Schuhwerk ist dennoch angeraten, da der Aufstieg zur Schießlingalm über Wurzeln, Steine und schmale Bergpfade führt. Im Sommer den Sonnenschutz nicht vergessen! Im Grieseltal ist es zwar schattig und angenehm kühl, auf der Alm gibt es aber kaum Schatten.
UNTERKUNFT.
↠ In St. Jakob in Haus empfehle ich die Pension Flecknerhof. Die wird seit Generationen von der Familie Jud geführt und hat sommers wie winters eine ausgezeichnete Lage. Gerade für die Anreise mit dem Bus liegt die Pension günstig, da sich keine 100 Meter entfernt die Haltestelle befindet.
↠ Übernachtungen in St. Ulrich am Pillersee gibt es sehr viele, da kann der Tourismusverband sicher weiterhelfen.
ESSEN & TRINKEN.
↠ Unterwegs einkehren kann man an zweierlei Orten. Na klar, direkt an der Hütte der Schießlingalm selbst, die von Juni bis Oktober bewirtschaftet ist. Ruhetage sind Dienstag und Mittwoch.
↠ Auch an der Jausenstation im Grieseltal kann man einkehren. Die ist von Mai bis Oktober täglich geöffnet.
BESONDERER TIPP.
Im Im Grieseltal ruhig etwas mehr Zeit einplanen. Das Flussbett ist im Sommer an vielen Stellen sehr gut zu erreichen und bietet der flache Bach gerade bei warmen Temperaturen eine angenehme Abkühlung. Zumindest für die Füße.