Mit der Seilbahn auf den Mt. Mottarone
Eine Traube von Menschen wartet mit mir an der Talstation der Funivia Stresa, der Seilbahn auf den Mottarone. Mit seinen 1.492m ist der zwar für Alpenverhältnisse eher niedrig, aber wenn man vom Flachland im Süden kommt der erste wirklich hohe Berg. Und damit für mich Pflichtprogramm. Doch bevor der Ausblick vom Gipfel genossen werden kann, will die lärmende und wartende Menschenmenge an der Talstation überstanden werden. Kinder betteln um Eis und Erwachsene um Geduld. Bei einer Temperatur um die 31 Grad im Schatten zieht es eben viele in etwas kühlere Höhen.
Immer wieder überrascht mich, wie luftig sich so eine Seilbahn dann doch anfühlt. Kaum hat die Gondel die schützende Station verlassen, fühle ich mich wie ein Matrose auf hoher See. Auch wenn es kaum windet, beginnt das kleine Gefährt recht ordentlich zu schaukeln. Trotzdem ich auf meinen Beinen stehe überkommt mich das Gefühl, soeben den Boden unter Füßen verloren zu haben. Es kribbelt im Bauch und erinnert mich an abenteuerliche Autofahrten mit meinem Vater, der bei hügeliger Straße gern mal das Tempo beschleunigte. Alle, die dabei ebenfalls ein kindliches Juchzen in sich spürten, wissen was ich meine. Hier ist es ebenso und die insgesamt 18 Minuten Fahrzeit sind für meinen Geschmack dann doch wieder viel zu schnell vorbei.
Change ist die einzige Konstante
Bei guter Sicht, sagt man, kann man vom Gipfel des Mottarone sieben umliegende Seen erblicken. Vom Lago Maggiore über den Lago d’Orta sogar bis hinüber zum Lago di Varese. Ich habe Pech, die Sicht ist schlecht. Und diesig. Orta und Maggiore kann ich gerade noch so erkennen, danach ist Schluß und verliert sich alles weitere in meiner Vorstellungskraft.
Die braucht es auch. Besonders im Winter. Die letzten davon waren dank Klimaveränderung äußerst schneearm und damit nicht dienlich für das einstige Wintersportgebiet. Zwar wurde unterhalb des Gipfels ein kleiner Stausee angelegt, aus dem jetzt bei Bedarf künstlich beschneit werden kann, aber bei den zur Zeit im Winter vorherrschenden Temperaturen ist das eher problematisch als wirklich hilfreich.
Doch damit nicht genug. Auch mit der Schließung der Seilbahn vor ein paar Jahren und dem damit einhergehenden Rückgang des Winter-Tourismus, gab es zweitweise auf dem Gipfel keinerlei Gaststätten oder offene Restaurants mehr. Der Mottarone war wie ausgestorben. Eine erneute Belebung des Gipfels wird seit knapp 5 Jahren wieder energisch vorangetrieben. Federführend hier die Familie Borromeo, die touristisch interessante HotSpots rund um den Gipfel plant. Schon mit der Errichtung des Alpylands und dem Zusammenschluss mehrer Unternehmer, zieht es wieder vermehrt Menschen auf den Berg. Den Wanderer wird es freuen, dem Gipfeltrunk steht nun nichts mehr im Wege.
Abstieg durch die idyllische Bergwelt des Mt. Mottarone
Nachdem ich mir die Aussicht zufriedenstellend imaginiert und genossen habe, mache ich mich auf den Weg in Richtung Baveno. Hin und wieder erblicke ich kleine Viehweiden, die sich auf den über 1.000 Höhenmetern recht idyllisch verteilen. Waren es dereinst über einhundert dieser Almen, die aktiv betrieben wurden, sind es heute nur noch ganze fünf von ihnen. Vorschriften und Restriktionen schränken das Wirtschaften in dieser urigsten Form der Landwirtschaft so stark ein, dass es sich für die Bauern einfach nicht mehr lohnt.
Der Weg an ihnen vorbei ist breit und sandig und führt mich recht zügig vom Gipfelplateau des Mottarone herab. Gehe ich anfangs noch durch niedrig gehaltene aber breite Wiesen, verengt sich der Weg kurze Zeit später und wird immer häufiger von viel zu hoch gewachsenem Gras überwuchert. Aus Bodendeckern werden Sträucher und schon kurz darauf wandere ich durch Schatten spendenden Wald. Aus dem breiten Wanderweg ist ein schmaler Pfad geworden.
Und der verläuft entlang alter Steinmetzpfade, was sich wenig später auch an der Baita CAI Baveno zeigt, einer Berghütte des italienischen Alpenvereins. Mit der Hütte habe ich mehr Glück als mit der Sicht, sie ist bewirtschaftet. So tanke ich noch ein wenig Energie, bevor es über den Monte Zughero (1.230m) zum Monte Camoscio (890m) und anschließend nach Baveno zurück an den Lago Maggiore geht.
Obacht an der Alpe Vedabia
Doch vorher wollen noch einmal Verteidigungsinstinkte geweckt werden. An der idyllischen aber seit Jahren verlassenen Alpe Vedabia, einer dieser Viehwirtschaften, die sich nicht mehr lohnten, brauche ich alle Kraft und allen Willen. Da sich offensichtlich an dieser Stelle das Wasser sammelt und nicht versickert, wird die unglaublich schöne Aussicht noch um eine Vielzahl an Mücken bereichert. Ganze Heerscharen von ihnen umkreisen mich wie Haie und verpassen mir ihr juckendes Andenken. Obwohl es mir gelingt eine Vielzahl dieser Intimfeinde zu erledigen, beginne ich zu ahnen, dass auch Mücken Taktik und Kalkül anwenden, um ihre Beute zu piesacken. Ihr illustres Stelldichein ist meine Qual. Ich beschleunige mein Tempo und verlasse diesen blutrünstigen Ort schneller, als er es eigentlich verdient.
Das Birkenwäldchen danach lässt das gerade durchlebte dann aber wieder vergessen und entlohnt mit wunderbarem Wandergenuss. Waldbaden par excellence. Über den Hang weht ein schwacher Wind und lässt in den Bäumen sanftes Blätterrauschen erklingen. Oberhalb des Steinbruchs von Baveno gelegen, erfahre ich hier noch einmal Ruhe und Besinnlichkeit, bevor es zurück ins turbulente Städtchen geht. Ich genieße diesen Ort und atme die Freiheit des Lebens tief in meine Lungen.
Ankunft in Baveno
Der Abstieg vom Mottarone über den Mt. Camoscio ist in seinem letzten Teil steil und steinig. Oft muss er gegangen worden sein oder haben abfließende Wassermassen diesen Weg in den Wald gegraben. Ich rutsche mehr, als dass ich wirklich gehe und schlittere auf diese Weise dem idyllischen Baveno mit steigendem Tempo weiter entgegen.
Kurz vor dem Steinbruch wartet noch ein kleines Freiluftmuseum auf den Wanderer, bei dem sich nicht nur ausgeruht sondern obendrein noch gebildet werden kann. Großformatige Fotografien stehen neben Original-Werkzeugen und vermitteln recht anschaulich, wie strapaziös und anstrengend der Abbau des Granits vor Jahrhunderten gewesen sein muss. Nein wirklich, so schön die Landschaft auch ist, ich möchte nicht tauschen.
In Summe kann ich jedoch aus vollster Überzeugung sagen: Dieser überraschend beeindruckende Wanderweg fühlt sich an, wie eine anstrengende Asana beim Yoga: am Ende macht er einfach nur glücklich.
Hinweis in eigener Sache (Disclaimer)
Meine hier beschriebenen Eindrücke durfte ich im Rahmen einer Pressereise sammeln, eingeladen und veranstaltet von Maggioni Tourist Marketing. Dabei sind mir Anreise, Unterkünfte und Verpflegung zur Verfügung gestellt worden, wofür ich mich recht herzlich bedanken möchte. Auf meine abschließende Meinung oder redaktionelle Freiheit wurde keinerlei Einfluss genommen. Diese entspricht ausschließlich meiner persönlichen Sicht.