Wenn man im Sprachgebrauch von Netflix & Co. bleibt, würde eine mögliche Kritik des Frühlings 2020 wohl so klingen: Die neue Staffel überrascht mit einem Paukenschlag. Nie spülte es Unsicherheiten und Ängste so unkontrolliert an die Oberfläche, nie kämpften Befürworter und Gegner erbitterter um Menschlichkeit. Mit einem Mal ist nichts mehr so wie es war. Das öffentliche Leben liegt weitestgehend brach. Pläne und Hoffnungen werden über Bord geschmissen, getätigte Entscheidungen neu überdacht. Genug Zeit also, sich bewusst auf grundsätzliche Bedürfnisse besinnen zu können und nebenbei von einer Zukunft zu träumen, die es zwar fast schon mal gab, nun aber vermutlich doch ganz anders passieren wird. Hashtag: Lesetipps.
Seit frühester Kindheit, als meine Mutter mir das Lesen beibrachte, ziehe ich mich in solchen Momenten der Unsicherheit am liebsten mit einem guten Buch zurück. Anfangs noch heimlich und unter der Bettdecke, sammelte sich im Laufe der Zeit eine kleine Bibliothek lesenswerter Exemplare an. Von spannend bis unterhaltsam, von Jack London bis Henry Miller ging es mehrfach rund um die Welt und von der Vergangenheit in die Zukunft.
Drei gerade erschienene Bücher, die in den letzten Wochen nun meine Sammlung erweitert haben, möchte ich hier als persönliche Lesetipps kurz und knapp mal vorstellen. Vielleicht helfen diese Werke ja auch ein wenig über die ungewisse Zeit hinweg und entfachen Vorstellungskraft und Phantasie noch einmal ganz neu.
Katharina Bahn: „Von Kasachstan in die Südsee“ — #Lesetipps
Eine Annonce gibt den Anstoß und führt über Umwege zu einem mehrmonatigen Reiseerlebnis. Katharina Bahn ist 29 als sie beschließt, das Wagnis einzugehen, gemeinsam mit einem wildfremden Menschen die Welt zu entdecken. Dass das aber auch Risiken birgt, erfährt sie dann doch ganz eindringlich auf ihren Um- oder vielmehr Abwegen. Nach einem unlösbaren Konflikt trennen sich die Wege schließlich in der Einöde Kasachstans und sie beschließt, fortan allein weiter zu reisen. Dabei streift sie wunderbare Landschaften, begegnet interessanten Menschen und reist von China über Neuseeland nach Vietnam. Eine Reise zu unbekannten Orten und gleichzeitig zu sich selbst beginnt…
Ich habe mein Leben vorübergehend einmal komplett aus seinen Angeln gehoben und bin gespannt, was daraus wird.
Katharina Bahn
Mit Reisesplitter startet der ReiseKnowHow-Verlag sein neues Angebot mit wahren, authentischen Erlebnissen und gibt Menschen eine Plattform, Anderen von ihren Erfahrungen zu berichten. Katharina Bahns Buch ist dabei eines der ersten Exemplare, das seine Leserschaft sucht und definitiv zu den Lesetipps des Jahres gehört.
Wer sollte das Buch lesen?
Weltreisende im Kopf und Inspirationssuchende.
Für wen ist das Buch nichts?
Profis, denen die Welt schon zu klein ist.
Von Kasachstan in die Südsee
Wie ich mal eben vom Weg abkam
Katharina Bahn
Erschienen im Reise Know-How Verlag
200 Seiten | € 14,90 [D] | € 15,40 [A]
ISBN 978-3-8317-3342-2
David Lama: „Leben für die Berge“ — #Lesetipps
David Lama, 1990 in Innsbruck geboren, galt als eines der größten Ausnahmetalente des Alpinismus. Selbst Reinhold Messner war von den Qualitäten des Österreichers angetan und respektierte seine Leistungen. Als Dreijähriger das erste Mal im Himalaya, mit 15 jüngster Weltcupsieger des Klettersports und mit 16 schon Doppeleuropameister: die Gipfel der Welt waren sein Zuhause. Im April 2019 setzte ein Lawinenabgang im Banff-Nationalpark in Kanada dem Tatendrang ein plötzliches und trauriges Ende. David Lama starb bei dem Unglück zusammen mit Hansjörg Auer und Jess Roskelley. Geblieben sind Erinnerungen an mutige Erstbegehungen, alpine Eroberungen und ausdrucksstarke Texte.
Die Schönheit des Kletterns ist der Wert, der alles bestimmt.
David Lama
Der Penguin-Verlag veröffentlicht nun fast genau ein Jahr nach seinem Tod die beiden Bücher „High“* und „Free“* gemeinsam in einem Band. Zusammen mit vielen weiteren Texten des Ausnahmesportlers und ergänzt durch bisher unveröffentlichtes Bildmaterial ist dabei ein lesenswertes Schwergewicht herausgekommen, an welchem nicht nur Bergsteiger und Freunde des Klettersports ihre Freude haben werden. Dank bildhafter Beschreibungen kann auch der Laie verstehen, was David Lama antrieb und erhält einen ganz persönlichen Einblick in seine Gedanken aber auch Ängste des viel zu jung verschiedenen Alpinisten.
Wer sollte das Buch lesen?
Freunde des Alpinismus und angehende Bergsteiger.
Für wen ist das Buch nichts?
Menschen, die mit Bergen und ihrer Besteigung so gar nichts anfangen können.
Sein Leben für die Berge
Von ihm selbst erzählt
David Lama
Herausgegeben von F. Klingler & C. Seiler
Erschienen im Penguin Verlag
480 Seiten | € 26,– [D] | € 26,80 [A] | CHF 36,50
ISBN 978-3-32860-150-0
Helge Timmerberg: „Das Mantra gegen die Angst“ — #Lesetipps
Dem Mythos nach soll Helge Timmerberg als junger Mann in einem indischen Ashram die Erleuchtung gekommen sein, Journalist zu werden. Inwieweit das stimmt lässt sich nur bedingt nachvollziehen. Dass er aber eine Liebe für die Spiritualität (und ja, auch die Drogenkultur) dieses Landes entwickelt hat, wird von niemandem wirklich angezweifelt. Schreibt Timmerberg doch in seinen Reportagen und Anekdoten sehr ausführlich über dabei gemachte Erfahrungen und Eindrücke, über seine Träume und gedanklichen Irrwege. Eines seiner Bücher zu lesen ist auch immer ein Trip in seine Seele. Besonders dann, wenn sie, wie in diesem Falle, scheinbar etwas altersmilde geworden ist. Der ewige Hippie beginnt, sich seiner Vergangenheit zu stellen.
Ich hab’ festgestellt, dass die besten Geschichten immer hinter der Angst lagen. Wenn ich Angst spüre, dann weiß ich: Hey, geh durch, dahinter wird’s geil.
Helge Timmerberg
Im neuen Buch* begibt sich Timmerberg zurück nach Indien. Genauer nach Kathmandu. Dort sucht er den Yogi Kashinath, der ihm vor langer Zeit ein Geschenk gemacht hat, das sich als überaus hilfreich erwies: Ein Mantra gegen die Angst. Gern möchte er dies teilen und an seine Leser weitergeben. Doch darf er das überhaupt? Und verliert das Mantra durch die Weitergabe vielleicht sogar seine Wirkung?
Timmerberg sucht Antworten und wird sie finden. Aber das dann ganz anders als ursprünglich erwartet. Pointenreich und unterhaltsam, manchmal nachdenklich aber immer lesenswert, weiß auch dieses Buch zu fesseln und zu unterhalten. Ein typischer Timmerberg eben.
Wer sollte das Buch lesen?
Fans von Helge Timmerberg und unterhaltsamen Reise-Anekdoten.
Für wen ist das Buch nichts?
All jene, die mit offen gelebtem Hedonismus, Spiritualität und Hippies als solches nichts anfangen können.
Das Mantra gegen die Angst
oder Ready for everything
Helge Timmerberg
Erschienen im Malik Verlag
176 Seiten | € 20,– [D] | € 20,60 [A]
ISBN 978-3-89029-453-7