Auf dem Hermannsweg – Tag 2

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Tag 2 meiner Wanderung auf dem Hermannsweg führt mich auf knapp 19 Kilometern von Oerlinghausen nach Detmold. Denn dort wartet eine kleine Überraschung auf mich…
Sven Becker
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Der nächste Morgen überrascht mich mit Veränderungen. Über Nacht sind die Temperaturen von gestern Abend 25 auf heute nur noch 8 Grad gesunken. Dicke, schwere Wolken hängen am Himmel aus denen es hin und wieder regnet. Die Eisheiligen haben Einzug gehalten und mit aller Erbarmungslosigkeit meine kurze Hose in die unterste Ecke des Rucksacks verbannt. Das war zwar abzusehen (ein Hoch auf die präzise Wettervorhersage) fühlt sich aber dennoch echt unschön an. Es ist kalt und mich friert’s. Höchste Zeit also, den Wanderstiefel zu schnüren und die heutigen Kilometer in Richtung Hermannsdenkmal mit etwas mehr Tempo anzugehen.

Blick zurück in Richtung Oerlinghausen – auch hier das gleiche Bild: Wolken, Wolken, Wolken.
Blick zurück in Richtung Oerlinghausen – auch hier das gleiche Bild: Wolken, Wolken, Wolken.

Von Oerlinghausen zum Hermannsdenkmal (19km)

Wenige Kilometer nach Oerlinghausen verlasse ich für einen kurzen Moment den Hermannsweg, um mir die abseitig gelegene Hünenkapelle anzuschauen. Von einer schützenden Ringwallanlage umgeben windet sich der schmale Wanderweg den Hügel hinauf und bringt mich trotz des kühlen Wetters ziemlich ins Schwitzen. Belohnt werde ich dafür mit einer idyllischen Ruine, die ein Maler der Romantik nicht besser hätte zeichnen können. Doch die Rast ist nur kurz, schließlich ist es bis zum Hermannsdenkmal noch ein ganzes Stück.

Ich verlassen den offiziellen Wanderweg und mache einen Abstecher zur Hünenkapelle.
Ich verlassen den offiziellen Wanderweg und mache einen Abstecher zur Hünenkapelle.
Dichte Wälder und alte Bäume – Optische Leckerbissen wie diese findet der offenäugige Wanderer im Teutoburger Wald zuhauf.
Dichte Wälder und alte Bäume – Optische Leckerbissen wie diese findet der offenäugige Wanderer im Teutoburger Wald zuhauf.
Von der Hünenkapelle – auch Tönskapelle genannt – existieren nur noch die Grundmauern. Einst Pilgerziel dient sie heute dem frommen Wunsch zwischendurch.
Von der Hünenkapelle – auch Tönskapelle genannt – existieren nur noch die Grundmauern. Einst Pilgerziel dient sie heute dem frommen Wunsch zwischendurch.
Auch von der Hünenkapelle sieht das Wetter nicht besser aus
Auch von der Hünenkapelle sieht das Wetter nicht besser aus

Zurück auf dem Hermannsweg stoße ich in seinem weiteren Verlauf immer wieder auf ein kleines Phänomen: obwohl der Teutoburger Wald ein typischer Mischwald ist, stehen an ziemlich vielen Wegkreuzungen auch einzelne Kastanien. Da diese eigentlich eher in Parkanlagen als Zier- oder Straßenbäume gepflanzt werden, spielen sie normalerweise in der Forstwirtschaft überhaupt keine Rolle. Auch der hier heimische Mountainbiker, der mir entgegenkommt und den ich daraufhin anspreche, kann mir keine befriedigende Auskunft geben. So bleibt mir dieses Rätsel für den Weg und freue ich mich an jeder folgenden Gabelung über die Blütenpracht.

Besonders auffällig sind die einzeln stehenden Kastanien an Wegkreuzungen. Wer die da wohl gepflanzt hat?
Besonders auffällig sind die einzeln stehenden Kastanien an Wegkreuzungen. Wer die da wohl gepflanzt hat?

Von kalten Sommertagen

Trotzdem die Wolken am Nachmittag etwas aufreißen und der blaue Himmel die Sonne durchlässt, steigt die Temperatur nur unwesentlich. Neun Grad Tageshöchstwert ist für meinen Geschmack eindeutig zu wenig, bin ich doch eher den griechischen Sommer gewohnt oder zumindest den europäischen Herbst. Aber das hier lässt mich stark an mein Abenteuer in den Julischen Alpen denken und mir fröstelt es gleich nochmal obendrauf. Dem vorzubeugen nutze ich die kurze Sonnenphase und mache am beschaulichen Donoperteich eine Paus.

Wenn zwischendurch auch mal die Sonne rauskommt, genieße ich die wärmenden Strahlen an romantischen Plätzen.
Wenn zwischendurch auch mal die Sonne rauskommt, genieße ich die wärmenden Strahlen an romantischen Plätzen.
Kurz bevor es zum Hermannsdenkmal hinaufgeht steht dieser Brunnen. Schön anzusehen, aber irgendwie komisch.
Kurz bevor es zum Hermannsdenkmal hinaufgeht steht dieser Brunnen. Schön anzusehen, aber irgendwie komisch.

Ein kurzes Schläfchen später werde ich von neuerlichem Regen geweckt und mache mich auf den weiteren Weg in Richtung Tagesziel. Auf knapp 380 Höhenmeter gelegen thront die beeindruckende Statue in Erinnerung an den Sieg des Arminius (zu deutsch: Hermann) gegen die römischen Legionen des Varus (keine deutsche Übersetzung). Ersterer hat nämlich das Unmögliche erreicht. Er eint die bis dato verfeindeten germanischen Völker im Angesicht der römischen Übermacht und führt sie erfolgreich gegen Letzteren zum Sieg. Damit legt er – zumindest rückblickend und wahrscheinlich unbewusst – den Grundstein zur germanisch-deutschen Staatenbildung, aus der unter anderem auch das heutige Deutschland hervorgeht. Von der Planung bis zur Vollendung des Denkmals im Jahre 1875 war es ein mindestens genauso mühsamer Kampf. Viele Jahre zogen ins Land, die im angrenzenden Museum versucht werden, aufzuarbeiten.

Wer die unzähligen Stufen im Innern erklimmt, wird mit einem 360-Grad-Panoramablick verwöhnt, der einen Großteil des Teutoburger Waldes überblicken lässt.
Wer die unzähligen Stufen im Innern erklimmt, wird mit einem 360-Grad-Panoramablick verwöhnt, der einen Großteil des Teutoburger Waldes überblicken lässt.
Da thront er in über 30 Metern Höhe: Hermann, der Besieger römischer Legionen und Einer germanischer Stämme.
Da thront er in über 30 Metern Höhe: Hermann, der Besieger römischer Legionen und Einer germanischer Stämme.
Der Blick vom Hermannsdenkmal über den Teutoburger Wald ist schier schnörkellos. Und schön.
Der Blick vom Hermannsdenkmal über den Teutoburger Wald ist schier schnörkellos. Und schön.

Detmold am Hermannsweg

Da mir heute die Kilometer merklich in den Füßen brennen, nutze ich den Shuttle-Service der Stadt Detmold, um mit ihm ins Zentrum zu gelangen. Dort wartet eine heiße Dusche und eine kleine Überraschung auf mich. Denn Detmold feiert ausgerechnet an diesem Wochenende das Europäische Straßentheaterfestival „Bildstörung“. Überall in der Stadtmitte sind Künstler unterwegs, Buden und Bühnen aufgebaut und die Menschen vergnügen sich bei Wein und Gesang. Da meine Pension direkt inmitten des Trubels liegt, wird das wohl eine sehr kurze Nacht werden. Mich der neuerlichen Herausforderung stellend bleibt mir also nichts anderes übrig, als mich ebenfalls (und das bis weit nach Mitternacht) in das Getümmel der Unterhaltung zu stürzen. Morgen ist ja schließlich erst morgen.

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Voller Vorfreude erklimme ich den kurzen Aufstieg zur Burg Sparrenberg und erfreue mich an liebevoll restaurierten Gemäuern.
Auf dem Hermannsweg – Tag 1

Der Hermannsweg führt von Rheine über Bielefeld nach Leopoldstal und weiß auf seinen 160 Kilometern in deutsche Geschichte und tiefe Wälder zu entführen. Vier Tagesetappen davon gibt es ab heute nachzulesen.

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