Rhêmes-Notre-Dame im Nationalpark Gran Paradiso
Es ist neun Uhr morgens. Trotzdem sich der Himmel blau und wolkenlos präsentiert ist es im Schatten noch kühl und frostig. Nur mühsam schiebt sich die Sonne über die schroffen Felsen, die das Rhêmes-Tal säumen. Zu hoch sind deren Gipfel. Knapp 3.000 Meter über Null fallen die Hänge steil zur Talmitte ab und werfen um diese Tageszeit noch lange Schatten. Grund genug mich ins Warme zu verdrücken und Schutz im Nationalparkzentrum von Rhêmes-Notre-Dame zu suchen. Hier erfahre ich mehr über die Geschichte des Nationalparks und kann nun mit Fug und Recht behaupten: Königlicher Jagdinstinkt lag an dieser Stelle goldrichtig.
Denn König Vittorio Emanuele II. ist es nämlich zu verdanken, dass lediglich seine Lust auf Beute das gesamte Gebiet rund um den Gran Paradiso (der mit immerhin 4.061 Metern höchste gänzlich auf italienischem Boden liegende Berg) zum königlichen Jagdgebiet erklärte und ihn und seine Tierwelt somit zwangsläufig unter Schutz stellte. Davon profitierte nicht nur Flora und Fauna im allgemeinen, sondern ganz besonders der Steinbock. Dieser galt Ende des 20. Jahrhunderts im Alpenraum als fast ausgestorben. Nur in eben diesem königlichen Schutzgebiet blieb eine gesunde Population erhalten. Ein Hoch dem König! Manchmal haben Könige mit ihrem Eigennutz auch Gutes getan. Im Nationalparkzentrum kann man mehr über diese doch recht scheuen Tiere erfahren.
Wanderung zum Lago Pellaud
Von Rhêmes-Notre-Dame führt mich der Weg über Wiesen und durch Wälder immer entlang des namensgebenden Flusses. Letzterer stürzt sich mal in schnellem Tempo laut krachend in die steilen Kurven, nur um wenige Meter danach still und leise in seinem Lauf zu ruhen. Zur Zeit der Schneeschmelze muss das ein gewaltiges Spektakel sein. Doch jetzt im Herbst wirkt seine Wildheit gedrosselt, fast ernüchtert und ausgezehrt. Nicht alles was Krach macht muss also von beeindruckender Größe sein! Manchmal schreit auch der kleinste Wurm die lautesten Töne. Gerade in den Ortschaften wird der Fluss förmlich in sein Bett gezwungen. Zum Schutz gegen Hochwasser wurden in den letzten Jahrzehnten Kanäle aus Beton gegossen, welche die Naturidylle zwar etwas stören aber durchaus verständlich sind. Das Leben am Wasser ist auch immer ein Kompromiss zwischen dem menschlichen Bedürfnis nach Sicherheit und der Gewalt der Natur.
Vorbei an den wenigen Häusern Mulino’s, in welchen eines der alten und noch immer intakten Gemeinde-Backöfen untergebracht ist, führt mich der Weg letztlich direkt an den Lago Pellaud. Bereits von Weitem schimmert das smaragdgrüne Wasser durch die steil aufragenden Nadelbäume. Mich erstaunt, dass auf dieser Höhe – ich befinde mich auf knapp 1.870 Höhenmetern – noch so dichte Wälder vorzufinden sind. Das kenne ich aus den nördlichen Alpen irgendwie anders.
Geschichtliches am Lago Pellaud
Auch die kleine Steinhütte direkt neben dem See fasziniert mich. Denke ich im ersten Moment an ein idyllisches Refugio, wird mir bei genauerem Betrachten klar, dass die eigentliche Bestimmung eine andere sein muss. Schon beim Betreten des flachen und ganz aus Feldsteinen errichteten Baus, fühle ich mich in die Kulisse einer alten Jules Verne-Verfilmung versetzt – rostige Hebel, altmodische Instrumente, verbeulte Messgeräte. Da schlägt mein kindliches Herz schneller und ich gerate in Versuchung, die Hebel zu ziehen, die Schalter zu drücken. Erst der strenge Blick eines Park-Rangers hält mich davon ab.
Und das zu recht. In den letzten Jahren mühevoll instand gesetzt wurde diese Anlage schon von je her zur Energiegewinnung genutzt. Elektrifizierung heißt das Zauberwort und ermöglicht schon frühzeitig moderne Stromerzeugung. Oben fließt das Wasser rein und kommt unten als Strom wieder raus. Schnell genug fließt der Fluss ja und von dauerhafter Beständigkeit ebenfalls. Was erst heute nach und nach wieder in Mode kommt, ist hier schon lange Tradition. Eine Schande, wenn sich daran durch allzu ungeschickte Hände etwas änderte.
Während ich die Zeit vertrödele und mich ganz von dem bezaubernden Charme des Lago Pellauds gefangen nehmen lasse, bekomme ich Hunger. Auf dem Rückweg mache ich daher Halt in Chanavey, einem Gemeindeteil Rhêmes-Notre-Dame’s und kehre in das Restaurant Hotel Granta Parey ein. Typisch aostalische Küche gepaart mit italienischem Flair wird mir versprochen – und auch gehalten. Selten habe ich in den letzten Tagen so köstlich gespeist und betrachte diese Belohnung als krönenden Abschluss meines Aufenthalts im Nationalpark Gran Paradiso.
Resümee meiner Reise ins Aostatal
Obendrein bedeutet das leider auch das Ende meiner Reise ins Aostatal. Faszinierende Einblicke, abwechslungsreiche Erlebnisse und besondere Erinnerungen habe ich in den letzten Tagen gefunden. Und werde ich für immer behalten. Das Valle d’Aosta weiß einfach zu beeindrucken. Es ist nicht nur eine Reise wert sondern einen ganzen Urlaub. Egal ob man gern wandert, lieber mit dem Mountainbike unterwegs ist, ob man geschichtliches Interesse mitbringt oder dann doch lieber ausgesprochen gute Küche mit regionalen und selbst erzeugten Produkten zu schätzen weiß: im Aostatal wird man definitiv fündig. Dieser besondere Fleck auf Gottes Erden sollte auf keinen Fall versäumt werden.
Meine Empfehlung für 2018: Macht Euch auf und erfahrt sinnliche Eindrücke italienischer Alpen.
Und dann schreibt mir…
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Weitere und ausführliche Informationen findet man auf der Webseite des Tourismus-Portals vom
Aostatal – Valle d’Aosta, bei denen ich mich gleichzeitig für die Unterstützung auf
Reise & Wanderung bedanken möchte.