Startpunkt meiner Wanderung und nebenbei erster Höhepunkt auf der fünften Etappe des Pfälzer Weinsteig ist das Hambacher Schloss in der Nähe von Neustadt an der Weinstraße. Vom Bahnhof kommend windet sich der Weg serpentinenartig entlang der Berge und heißt es am Ende Treppen steigen, bis ich endlich unterhalb des Schlosses auf einem weitreichenden Plateau stehe. Dabei werde ich von einer wunderbaren Aussicht überrascht und schweift mein Blick bis weit in die Rheinaue. Ein leichter Wind weht frischen Laubgeruch aus den danebenliegenden Weinbergen herüber, im Hintergrund spüre ich das wichtige Juwel deutscher, ja sogar europäischer Geschichte. Ein perfekter Start also in meine herbstliche Wanderung durch den Pfälzerwald.
Das Hambacher Schloss auf dem Pfälzer Weinsteig
Mittlerweile als Europäisches Kulturgut ausgezeichnet wird in den Räumen des Schlosses ein wichtiger Teil deutscher Geschichte hochgehalten. Im Obergeschoss des von innen doch recht klein wirkenden Gebäudes, befindet sich nämlich die Dauerausstellung „Hinauf, hinauf zum Schloß!“. Dabei werden auf Themenstationen die geschichtlichen Ereignisse rund um das Hambacher Fest 1832 zusammengefasst. Vor allem aber die bürgerlichen Aufstände, welche als erste demokratische Bestrebungen auf deutschem Boden gelten und bei denen erstmals für die Grundrechte der Bürger eingestanden wurde. Quasi der Beginn der Demokratisierung Deutschlands.
Als kleines Glanzstück der Ausstellung wird zudem eine der ersten, deutschen Flaggen ausgestellt. Stilecht in Schwarz-rot-gold und ein waschechtes Original. Wobei sie natürlich über die Jahre etwas an Glanz verloren hat. Was aber der geschichtlichen Bedeutung keinen Abbruch tut. Erstmals wurde diese Farbkombination nämlich 1832 beim Hambacher Fest als Fahne gehisst, baut aber ursprünglich auf die Farben der Urburschenschaft auf, die bereits 1815 für mehr Bürgerrechte eintrat. Noch heute ist diese Schwarz-Rot-Goldene Flagge im Grundgesetzt verankert. Und das mittlerweile seit 1848.
Von der Keschde zur Krüppelkiefer
Nach dieser kurzen Geschichtsstunde mache ich mich auf den Weg und wandere fortan durch herbstlichen Mischwald. Immer wieder stolpere ich dabei über die Wurzeln der Kastanien, die rechts und links des Weges stehen und deren Früchte haufenweise reif am Boden liegen. Was ich bisher nicht wusste: in der Gegend sind die – weil essbar – eine lukullische Spezialität und werden „Keschde“ genannt. Ein ganzer Kult ist um diese pfälzische Delikatesse entstanden, die mancherorts sogar in eigene Festlichkeiten mündet. Wer Lust auf eine Verkostung der von den Römern eingebrachten Waldfrucht hat: es gibt jede Menge Restaurants entlang des Pfälzer Weinsteig, in denen man damit zubereitete Speisen probieren kann.
Wenig später verändert sich die Landschaft und wandere ich auf schmalen Pfaden durch einen Wald von Krüppelkiefern. Wind und Wetter ausgesetzt wachsen sie auch hier in dieser typisch schrägen Ordnung, an der man die Richtung stürmischer Winde während des Wuchses deutlich ablesen kann. Fast schon vermute ich an der nächsten Wegbiegung auf ein Meer zu stoßen und höre vermeintlich die Brandung der Wellen rauschen. In dieser gebückten Haltung kannte ich die Bäume bisher nur von der Ostsee meiner Kindheit. Wer schon einmal Camping an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns gemacht hat, wird wissen was ich meine. Die blühende Heide entlang des Wegs und der sandige Boden tun dabei ihr übriges. Ich bin hin und weg und genieße jeden einzelnen Schritt.
Zu Hause wie bei Oma & Opa: das Hohe-Loog-Haus auf dem Pfälzer Weinsteig
Nächstes Highlight ist zweifelsohne das Hohe-Loog-Haus, welches 2021 sein 100-jähriges Jubiläum begeht. Ursprünglich als Erholungsort für Arbeiter gedacht, wird es heute als Gasthaus vom Pfälzer Waldverein betrieben. Ehrenamtlich! Eine Bewirtschaftung rechnet sich nämlich nur mehr schlecht als recht. Was auch erklären könnte, warum es von den insgesamt 80 Hütten dieser Art nur noch 45 gibt, die bewirtschaftet werden. Was eigentlich schade ist, da sie fast alle für Mehrtages- oder Hüttenwanderungen strategisch günstig liegen. Übernachten kann man übrigens in fast allen. Eine gute Übersicht über alle Hütten (inkl. angebotener Übernachtungsmöglichkeit) des Pfälzer Waldverein gibt es direkt auf deren Webseite. Wobei ich nicht unerwähnt lassen möchte, dass es auch Naturfreundehäuser in der Pfalz gibt. Na, wenn man da nicht Lust bekommt, glatt mal wieder eine Mehrtageswanderung zu planen…
Apropos Lust: Mit einer Pfälzer Schorle in der Hand (drei Finger breit Wein, zwei Finger breit Wasser) lässt es sich auf der Terrasse wunderbar aushalten und genieße ich einen wundervollen Blick über das Land. Und gleichzeitig auf mein nächstes Ziel auf dem Pfälzer Weinsteig: dem Kalmit.
Über den Kalmit durchs Felsenmeer
Dabei folge ich auch weiterhin der rot-weißen Markierung des Pfälzer Weinsteig und gelange wenige Kilometer später auf den Gipfel des Kalmit. Der ist mit seinen 672 Metern Höhe jetzt sicher kein alpines Schwergewicht aber immer noch der höchste Berg des Pfälzerwalds. Was insofern ganz wunderbar ist, da man auch hier einen fantastischen Blick über die Rheinaue und die Ausläufer des Mittelgebirges hat. An den Hängen färben sich gerade jetzt die Blätter der Weinreben und vermischen sich mit der Laubfärbung des Mischwalds. Es ist einfach immer wieder total schön, im Herbst wandern zu gehen.
Nach der obligatorischen Pfälzer Schorle (tolle Mische hier!) führt der Wanderweg durch das Felsenmeer Hüttenberg. Das ist geprägt durch jede Menge Sandsteinfelsen, die entgegen meiner Vermutung nicht gelb wie in der Sächsischen Schweiz sind, sondern rot. Von kleinen Brocken bis zu ganzen Formationen durchwandere ich ein Kletter-Eldorado par excellence. Wenn es nicht schon später Nachmittag und damit bereits recht kühl wäre, hätt ich glatt Lust, hier ein wenig zu bouldern. Zu einladend wirken die Felsen.
Tagesziel: Sankt Martin
Doch die Sonne steht schon tief und noch sind es gut drei Kilometer bis zum Tagesziel. Nach einer scharfen Linkskehre führt der Wanderweg gemütlich bergab. Die Schatten der Bäume werden länger und kurz bevor das letzte Tageslicht in der Dämmerung versinkt komme ich an meinem Ziel an.
In Summe kann ich behaupten, dass diese Etappe mit ihren zwanzig Kilometern eine der abwechslungsreichsten Wanderungen ist, die ich zuletzt unternommen habe. Von den Anbaugebieten des Pfälzer Weins sieht man zwar nur in der Ferne etwas. Dafür bietet sich aber sowohl am Hohe-Loog-Haus als auch in der Wirtschaft auf dem Kalmit an, ein Glas des köstlichen Rebensafts zu probieren, der unter anderem auch rund um Sankt Martin angebaut wird.
Ach mensch, entweder hab ich jetzt einen Sitzen oder ich schwärme einfach nur mal so: auf dieser Wanderung hat sich der Herbst von seiner schönsten Seite gezeigt und sollte ein jeder, der in der Pfalz zu wandern gedenkt, die fünfte Etappe des Pfälzer Weinsteig ausprobieren. Ist wirklich ein völlig zu Unrecht unterschätztes Kleinod.
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Weitere tolle Wanderwege in der Pfalz gibt es nicht nur in den nächsten Artikeln auf meinem Blog, sondern auch beim Wandermenü Pfalz. Einfach mal reinklicken und durchstöbern. Gibt noch richtig tolle Wanderungen, die sich echt lohnen.
Tipps & Infos
HINKOMMEN.
↠ Mit der S-Bahn des ÖPNV (S2) direkt bis zum Bahnhof Neustadt (Weinstraße). Die Wanderung kann direkt dort begonnen werden.
↠ Mit dem Auto ebenfalls bis zum Hauptbahnhof. Auf dem Vorplatz gibt es einen Parkplatz, der aber kostenpflichtig ist: ContiPark.
ZURÜCKKOMMEN.
Zurück dann mit dem ÖPNV. Die Buslinien 500 und 501 fahren tagsüber alle 30 Minuten von der Haltestelle Sankt Martin (Ort) bis zum Hauptbahnhof Neustadt (Weinstraße).
ÜBERNACHTEN.
Am Zielort in Sankt Martin gibt es jede Menge Gasthäuser, Pensionen und Hotels. Da ich keines vor Ort getestet habe, kann ich hier auch keine Empfehlung aussprechen. Aber ich denke, da wird sich für jeden Geldbeutel etwas Passendes finden lassen.
AUSRÜSTUNG.
Für diese Wanderung benötigt es keine besondere Ausrüstung. Lediglich die Summe der Höhenmeter erfordert etwas Ausdauer.
ESSEN & TRINKEN.
Auf jeden Fall eine Rast am Hohe-Loog-Haus einplanen. Die Aussicht von dort ist total schön und die Gastgeber sind äußerst freundlich. Auch eine längere Pause auf dem Kalmit kann sehr gut mit einem Schörlchen oder einem Snack verbunden werden.
BESONDERER TIPP.
Das Dachgeschoss im Hohe-Loog-Haus wird gerade soweit ausgebaut, dass dort zukünftig auch wieder mehr Übernachtungen angeboten werden können. Nicht nur für Vereinsmitglieder. Dann wäre das nämlich die ideale Destination, um die Loog-Loops (Rundwanderwege im Pfälzerwald) wandern zu können. Die sind jeweils zwischen 6 und 8 Kilometer lang und auch für Kinder geeignet.
WEITERLESEN.
Auch meine BloggerKolleg*innen haben fleißig über die 5. Etappe des Pfälzer Weinsteig gebloggt und ihre persönlichen Eindrücke beschrieben. Wer Lust hat weiterzulesen, kann das gern hier tun:
Pfälzer Weinsteig Etappe 5 // Overlandtour
Herbstwanderung auf dem Pfälzer Weinsteig // Tracks and the City
Wanderwege in der Pfalz // 2 on the Go
Unterwegs auf dem Pfälzer Weinsteig // Fernweh und so
Pfälzer Weinsteig – Etappe 5
Hinweis in eigener Sache (Disclaimer)
Meine hier beschriebenen Eindrücke durfte ich im Rahmen des 8. Bloggerwanderns sammeln. Eingeladen und veranstaltet wurde diese von den Gastlandschaften der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH. Dabei sind mir Anreise, Unterkünfte und Verpflegung zur Verfügung gestellt worden, wofür ich mich recht herzlich bedanken möchte. Auf meine abschließende Meinung wurde kein Einfluss genommen. Diese entspricht ausschließlich meiner persönlichen Sicht.