Da das Wetter heute Morgen Kapriolen schlägt, ständig von Sonne über Wolken bis regnerisch wechselt, suchen wir nach einer Tour, die mal nicht in die Höhe, auch nicht in die Weite, sondern gleich um die Ecke führt. In unmittelbarer Nähe gelegen, folgen wir dem Ruf des mitgebrachten Wanderführers, der uns den Eibsee als unerkanntes Kleinod preist. Knackige 6 Kilometer auf dem Hinweg zeigt der Maßstab und dann nochmals 8 Kilometer rundherum, das trauen wir uns zu, auch wenn den Beinen die vergangenen Tage noch anzumerken sind. Aber wir sind ja nicht kleinlich, nein Männer wollen wir sein, also heißt es auf zur Erkundungstour.
Abzweig zum Badersee
Doch der Weg führt vorher noch durch Wiesen und Wälder zum sagenumwobenen Badersee, den schon König Ludwig II. einst zu schätzen wusste und dessen Zauber auch wir erliegen. Wir staunen, als wir von Ortskundigen erfahren, dass der See ob seiner Winzigkeit doch immerhin 18 Meter tief ist und Sommer wie Winter dank unterirdischer Speisung durch Thermalquellen stets eine Temperatur von 8 Grad aufweist. Kristallklar zeigt sich das Wasser und wir können bis auf den Grund sehen. Leiht man sich vor Ort ein Ruderboot, erhascht man vielleicht auch einen Blick auf die in der Tiefe befindliche Bronzefigur einer Nixe, die der alte Romantiker inmitten des Sees versenken ließ. Eigentlich soll dies eine Nachbildung der umstrittenen Tänzerin Lola Montez sein, zu der sein Großvater König Ludwig I. eine zwielichtige und schlüpfrige Liebesbeziehung unterhalten und diese ihn letztlich zum Rücktritt gezwungen haben soll. Na, warum soll es in dieser Beziehung den Königen anders gehen als den Bettlern.
Doch nun folgen wir gewissenhaft dem Wegweiser, direkt über Weiden, auf denen eine Herde Kühe grasen. Eine jede von ihnen hat, ganz typisch für diese Region, eine Glocke um den Hals und so gibt es beim Wandern noch ein kleines Konzert gratis dazu. Hat sich eigentlich schon mal jemand wirklich die Frage gestellt, ob – Tradition hin oder her – das den Kühen überhaupt gefällt? Bei jedem Schritt, bei jedem Beugen des Kopfes, bei jeder Bewegung des Rumpfes, ja selbst beim Scheißen bimmelt und bammelt es lautstark über das Weideland. Ist das nicht vielmehr psychische Folter für die Tiere? Dermaßen traumatisiert kann aus diesem freilaufenden Steak ja nur noch Gammelfleisch werden. Ein Skandal!
Gedankenspiele auf dem Weg zum Eibsee
Und wenn wir schon mal dabei sind: was ich in diesem Zusammenhang auch überhaupt nicht verstehe, ist die Eigenart des Bayern, an viele seiner Wörter ein „L“ hinten anzuhängen. Egal ob es das Rad‘l , das Hais’l, das Schmanker‘l , das Hund’l oder auch das Mad‘l ist. Überall hängt ein für mein Verständnis unnützes und umsonst verniedlichendes „L“ am Ende.
Dabei schießt mir der Gedanke durch den Kopf, ob nicht möglicherweise auch der Gipfel dazugehört? Hieß der vielleicht ursprünglich gar einfach nur Gipf? Und nur weil die Flachländler keine Gipf, stattdessen nur Hügel, Berge oder Kuppen kannten, vertrauten sie schlicht dem Bayovaren, der ja dank der Nähe zu den Alpen und damit über reichlich Gipf-Erfahrung verfügte, und nahmen das Wort Gipf`l einfach in ihren Sprachschatz auf. Sprachforscher mögen mir verzeihen, aber klingt das nicht irgendwie logisch? Oder hat schon mal jemand im Thüringer Wald ein Gipfelkreuz gesehen? Nee. Na siehste.
Ankunft am Eibsee
Mit diesen erheiternden Gedanken im Kopf erreichen wir wenig später den Eibsee. Wie es sich für einen Bergsee gehört schmiegt sich jener derartig an die Berge und drängt sich in die Wälder, dass das Herz eines jeden Romantikers fortan schneller schlägt. Meines in höchsten Tönen. Ich gerate ja oft ins Schwärmen und bin schon manches Mal sprachlos gewesen, doch diese Eindrücke werde ich nicht so schnell vergessen. Beeindruckend wie der See auf 1000 Höhenmetern gelegen, zu Fuße der Zugspitze, die wie die letzten Tage auch in Wolken liegt, sich dem Auge präsentiert. Atemberaubend schön.
Nach den ersten Kilometern, die Sonne hat sich schon längst verzogen, beginnt es leise zu Tröpfeln. Wie immer haben wir unsere Regenkleidung dabei und schlüpfen kurzerhand hinein. Wie sich herausstellt genau zur rechten Zeit. Wenig später regnet es dermaßen stark, dass wir uns für einen Moment unterstellen müssen, um nicht gänzlich nass zu werden. Doch es hilft alles nichts. Mit einer gefühlten Durchschnittsgeschwindigkeit von 10km pro Stunde hasten wir die letzten Kilometer um den See. Zwar rauschen da die schönen Aussichten an uns vorbei, wie die Raststätten auf der Autobahn, dafür kommen wir aber halbwegs trocken im Hotel Am Eibsee an. Bei Kaffee und Kuchen kommen wir wieder zu Atem und warten den Regen ab. Wie für ein Sommergewitter typisch ist der Wolkenbruch wenig später auch schon wieder vorbei und Nebel steigt vom See auf, um irgendwo anders wieder als Regen herunterzukommen. Ein ewiger Kreislauf.
Resümee meiner Wanderung rund um den Eibsee
Da mein Bruder sich noch Garmisch anschauen, ich lieber in der Sonne liegen möchte, nehmen wir von hier den Bus zurück zum Zeltplatz. Glücklicherweise fährt dieser direkt vor dem Hotel ab und wartet schon auf uns. Mit den letzten Sonnenstrahlen gehen drei ereignisreiche Tage zu Ende, die uns sicher noch lange im Gedächtnis bleiben werden. Und Bruderherz: mit Sicherheit. Nächstes Jahr geht es dann wirklich auf die Zugspitze.
Das mit dem „L“ ist hier so