Am frühen Morgen hängen die Wolken noch tief und ziehen grau und schwer durchs Tal. Doch je weiter der Tag voranschreitet, desto mehr lichten sie sich und die Sonne blinzelt durch einzelne Lücken. Da der Wetterbericht für diesen Herbsttag noch einmal trockenes Wanderwetter vorhergesagt hat, gibt es für mich kein Halten mehr und ich düse hinauf zum Vallespass, dem Passo Valles. Der liegt auf etwas mehr als 2.000 Metern Höhe und verspricht alpinen Wandergenuss. Denn ganz in der Nähe zeigt mir die Wanderkarte einen kleinen Bergsee und ich habe Lust auf eine Wanderung zu diesem Lago di Calvia.
Wanderung vom Passo Valles zum Lago di Calvia
Jetzt im Herbst scheint hier nicht mehr viel los zu sein. Auf dem kleinen Parkplatz gegenüber dem Rifugio ist noch genügend Platz und auch der Verkehr auf dem Pass hält sich in Grenzen. Also schnüre ich meine Wanderschuhe, schultere meinen Rucksack und steige als einziger Wanderer den gegenüberliegenden Hang hinauf.
Insgesamt 500 Höhenmeter sind in leichten Serpentinen zu überwinden. Wenig später bin ich auch schon über dem Bergsattel und kann zum ersten Mal einen Blick auf den ersehnten See werfen. Doch der entpuppt sich schon von weitem als künstlich aufgestauter See, gesäumt von zahlreichen Schneekanonen. Eifrige Helfer sind mit ihnen beschäftigt – klar! Hier wird der kommende Pistenwinter vorbereitet.
Etwas geknickt in meiner Vorfreude gehe ich dennoch das kurze Stück bergab und nähere mich dem Ufer des Lago di Calvia.
Picknick am Lago di Calvia
Noch während ich die Höhenmeter zum Ufer des Lago di Calvia wandere, bin ich doch ganz froh, dass es heute neben Sonne auch ein paar Wolken gibt. Die hängen nämlich ziemlich mystisch an den umliegenden Berghängen und spiegeln sich wunderbar in der glatten Oberfläche des Sees. Je näher ich dem See komme, desto weniger weiß ich, wo oben und unten ist.
Doch eine freilaufende Kuh holt mich schnell auf den Boden der Tatsachen zurück. Sie hat mich ebenso wenig kommen sehen, wie ich sie stehen sehe und schreckt fürchterlich neben mir auf. Nachdem wir uns beide etwas vom Schreck erholt haben, laufe ich los und sie grast einfach weiter. Meine Fresse habe ich mich erschrocken.
Am Ufer angekommen, sammle ich ein paar Steine auf, vor allem ganz flache, und lasse sie wie in Kindertagen über das Wasser hüpfen. Ohne angeben zu wollen: Mein persönlicher Rekord liegt bei 20 Hüpfern. Bietet jemand mehr?
Rundherum und wieder zurück
Nach dem kleinen Picknick mit wirklich schöner Aussicht habe ich noch Lust, den Lago di Calvia aus einer anderen Perspektive zu sehen. Über die Staumauer führt ein Weg, der auf der anderen Seite wieder den Bergrücken hinaufsteigt. Den wähle ich.
Dabei komme ich auch an den Pisten vorbei, die gerade für die neue Saison präpariert werden. Ich vermute, dass der See hier eigentlich nur einen Zweck hat: Das ganze Jahr über genügend Wasser zu sammeln, um im Winter bei Bedarf künstlich beschneit zu werden. Na ja, ob das der richtige Weg ist, um den Klimawandel aufzuhalten, da bin ich mir auch nicht so sicher. Aber ich kann mir die Landschaft gut in Schnee gehüllt vorstellen und verstehe, dass dies ein beliebtes Winterziel sein wird.
Zurück am Sattel gehe ich den gleichen Weg zurück zur Hütte. Zusammenfassend kann ich sagen, dass es hier zwar nicht so ein süßer, verschwiegener Bergsee ist, wie ich ihn mir vorgestellt habe. Aber eine schöne Bergwanderung, die bei gutem Wetter und guter Sicht viel Spaß macht, ist es dann doch.
Tipps & Infos
HINKOMMEN.
↠ Meines Wissens nach gibt es keine Anbindung des Passes an den öffentlichen Nahverkehr.
↠ Direkt gegenüber des Rifugio Capanna Passo Valles gibt es einen kleinen Parkplatz, der aber schnell überfüllt ist.
LÄNGE & SCHWIERIGKEIT.
Die Wanderung zum Lago di Calvia in Venetien ist knapp 10 Kilometer lang und mit ihren gut 500 Höhenmetern jetzt auch keine allzu große Herausforderung.
WEGEQUALITÄT.
Anfangs alpine Versorgungsstraße, später alpine Trampelpfade mit zumeist Geröll. An der Staumauer Beton.
AUSRÜSTUNG.
Für diese Wanderung benötigt es keinerlei besondere Ausrüstung und ist auch als ausgedehnte Gassirunde mit dem Hund sehr gut machbar. Festes Schuhwerk aka Wanderstiefel sollten es aber schon sein. Die Wege sind zum Teil steinig und gerade nach Regen oder der Schneeschmelze rutschig.
ESSEN & TRINKEN.
↠ Am Start- und Endpunkt der Wanderung befindet sich das Rifugio Capanna Passo Valles, in welchem man nicht nur essen sondern auch übernachten kann. Geöffnet hat es von Anfang Juni bis Mitte Oktober und von Anfang Dezember bis Anfang April.
↠ Unterwegs kann man einen kleinen Abstecher zum Rifugio Laresei machen. Allerdings habe ich es nicht besucht und kann daher nichts über Öffnungszeiten und Angebot sagen. Eine Webseite gibt es meines Wissens nach auch nicht.
↠ TIPP: Ein Picknick geht immer. Und da das hier jetzt auch keine allzu herausfordernde Wanderung ist, kann man diese getrost mit einem Picknick und wunderbarem Ausblick am See verbringen. Spiegeln sich die Wolken im Wasser, ist das echt magisch schön und fast schon romantisch.
! — BESONDERER TIPP — .
Wer die Tour um den Gipfel eines Berges erweitern möchte, hat unterwegs zwei Optionen. Entweder vom Bergsattel hinauf zum Col di Margarita (2.549m) – dort gibt es auch zum Namen passend die Husky-Bar direkt neben der Bergstation des Skilifts. Oder aber ebenfalls vom Sattel hinauf zum Monte Pradazzo (2.279m). Allerdings ist bei beiden der Hin- auch gleich der Rückweg und lassen sich beide nicht anders in die eigentlich Rundtour integrieren.