Knallrot liegen die Kanadier dicht gedrängt nebeneinander am Ufer der Lahn – des Flusses, der den Gesamteindruck meiner kommenden Tage prägen wird. Schon von weitem glänzen sie in der Sonne und durchbrechen das Grün der steilen Hänge und das Blau des Flusses. Die Sonne steht hoch, wirft kurze Schatten, es riecht nach Sommer und frisch gemähter Wiese. Ein sanfter Wind durchbricht mit seinem Rauschen die Stille. Mittag. Dementsprechend warm ist es und damit das perfekte Wetter für eine Kanutour auf der Lahn.
Die wenigen Meter vom Bahnhof in Aumenau bis zum Startpunkt sind schnell gegangen. Dort wartet bereits unser Guide. Braungebrannt und gut gelaunt empfängt er uns. Wir, das sind 10 Blogger:innen aus den unterschiedlichsten Ecken Deutschlands, die der Tourismusverband Rheinland-Pfalz an dieser Stelle zusammengebracht hat. Die nächsten drei Tage werden wir beim fast schon traditionellen Bloggerwandern miteinander verbringen. Meine Freude ist groß, kenne ich doch einige von ihnen schon und freue mich, sie wiederzusehen. Andere dagegen sind mir noch völlig unbekannt, auch wenn ich im Vorfeld die jeweiligen Instagram-Kanäle durchforstet habe. Eine bunte Mischung also, die sich bei der bevorstehenden Paddeltour annähern und besser kennenlernen wird.
Kanutour auf der Lahn
Das Alter von Julien, dem Guide auf unserer Kanutour auf der Lahn, lässt sich schwer schätzen. Seine Abenteuerlust wirkt fast noch jugendlich, das Wissen um den Fluss und seine Eigenheiten dagegen dann doch recht erfahren und erwachsen. Insgesamt 36 Jahre verbringt er nach eigener Aussage nun schon in Booten und auf Flüssen oder Seen. 18 davon ist er mittlerweile als Profi-Guide auf der Lahn unterwegs. Ich fühle mich bei ihm gut aufgehoben und höre seinen Einweisungen genau zu. Auch wenn die Lahn eher ein Fluss für Anfänger ist, birgt sie doch auch kleine Herausforderungen, die schon das ein oder andere Boot zum Kentern gebracht haben. Wie man sich dabei verhält, bekomme ich genauso erklärt, wie das Paddel zu führen ist oder ein Umkippen vermieden werden kann.
Obendrein brauchen wir eigentlich keine Befürchtungen zu haben. Die Lahn ist zumeist nur um die zwei Meter tief und dümpelt an dieser Stelle mit durchschnittlich drei bis vier Kilometern pro Stunde dahin. Da fließen andere Flüsse Deutschlands deutlich schneller. Nachdem ich meine Weste angezogen, mir ein Stechpaddel gegriffen und meine Wertsachen in der bereitliegenden, wasserdichten Tonne verstaut habe, suche ich mir eine Crew. Die ist schnell gefunden. Mit Audrey (im Wanderland) und Nick (aka UrbanHiker) teile ich mir ein Boot und paddeln wir ab jetzt gemeinsam die kommenden Flusskilometer. Unsere Kanutour auf der Lahn kann also beginnen.
Sich einfach treiben lassen
Wir besteigen das Boot, das sich anfangs noch etwas wacklig anfühlt. Doch nach ein paar Stößen weg vom Ufer und hinaus auf das überraschend klare Wasser, stellt sich so etwas wie Entspannung ein. Auch wenn die Lahn eine Bundeswasserstraße ist und damit ähnliche Regeln wie im Straßenverkehr gelten (ja, genau: mehr als 0,5 Promille Alkohol sollten es nicht sein!) sind wir Blogger:innen die einzigen, die heute mit ihren Booten auf ihr unterwegs sind. Der Fluss gehört also ganz uns. Darauf drehen wir erst einmal eine Runde um uns selbst, offenbar gibt es da noch Abstimmungsbedarf beim einheitlichen Paddelschlag.
Leise ziehen die bewaldeten Hänge an uns vorüber und wird die Stille nur von wenigen Radfahrern durchbrochen. Der Lahnradweg verläuft nämlich parallel zum Fluss, genauso wie die Bahntrasse. Da die Züge aber in recht großzügigen Abständen fahren, ist der Störfaktor äußerst gering und eigentlich nicht der Rede wert. Eine Straße entlang des Ufers dagegen gibt es nicht. Das Teilstück zwischen Aumenau und Villmar ist komplett verkehrsberuhigt und lassen wir uns inmitten der Natur treiben.
In der Gipfelkrone eines Baums wartet ein Graureiher und fliegt davon, als wir ihm mit unserem Boot zu nahekommen. Im Uferdickicht schwimmt eine Bisamratte und picknickt gefangenen Fisch auf einem Stein. Natur pur. Darauf eine erneute Drehung um uns selbst, da war wohl schon wieder jemand abgelenkt. Vermutlich ich. Manchmal lasse ich mich aber auch einfach viel zu schnell ablenken.
Stand-Up-Paddeln versus Kanutour auf der Lahn
Abwechselnd ziehen wir unsere Paddel von links nach rechts. Gegenlenken, wasserstechen, vorziehen – so langsam haben wir den Dreh raus. Gemächlich lassen wir uns auf der Lahn treiben und müssen nur hin und wieder kleineren Wasserwirbeln ausweichen. An diesen Stellen ist der Fluss – wie sagt man so schön – untief und verursachen die knapp unter der Oberfläche liegenden Steine Verwirbelungen. Daran kann man ganz gut, vor allem aber rechtzeitig die unzureichende Tiefe erkennen und sollte man ihnen ausweichen. Zumindest dann, wenn man mit dem Boot nicht aufsetzen möchte.
In Höhe der verträumten Ortschaft Arfurt stoßen wir auf Stand-Up-Paddler, die sich der Strömung entgegenstellen. Das braucht, wie wir mittlerweile aus diversen Bootsdrehungen wissen, dann doch einiges an Kraft und genießen sie meinen größten Respekt. Doch so schnell sie uns auch entgegenkommen, so schnell sind sie auch wieder vorübergezogen und der Fluss gehört wieder ganz uns.
Ankunft in Villmar
Nach der letzten Flusskehre verbreitert sich die Lahn und sehen wir schon von Weitem die Marmorbrücke von Villmar. Direkt dahinter kann man sich nun entscheiden, ob man die Tour auf der Lahn noch verlängern möchte. Dann ginge es weiter durch eine Schleuse, die – wie ich hörte – Physik zum Anfassen sein soll. Oder man legt am Ausstieg hinter der Brücke an und beendet hier die Tour. Wir entscheiden uns für letzteres und lassen uns gemächlich ans linke Ufer treiben.
Kaum festen Boden unter den Füßen vermisse ich schon das seichte Schunkeln und das angenehme Rauschen des Wassers, das am Kanu vorbei strömt und das Boot ohne großes Zutun mit sich zieht. So eine Kanutour auf der Lahn hat auch echt etwas Meditatives. Und lohnt sich. Ein High-Five an meine Boots-Kamerad:innen, schließlich sind wir ohne Kentern und trocken ins Ziel gekommen.
Apropos Marmor
Es hat seinen Grund, warum wir ausgerechnet in Villmar anlanden. Die bereits erwähnte Brücke über der Lahn ist nämlich aus dem Marmor geschaffen, für den die Gegend mal sehr, sehr berühmt war: dem Lahn-Marmor. Zu Fuß machen wir uns daher über das Bauwerk auf und kommen wenige Minuten später am anderen Ufer und damit am Lahn-Marmor-Museum an. Dort, und im nahegelegenen, ehemaligen Steinbruch „Unica“, werden wir aufgeklärt, was es tatsächlich mit dem Marmor-Abbau und der Brücke auf sich hat.
Ersterer ist im Vergleich mit dem noch berühmteren aus Carrara mineralisch gesehen zwar kein echter Marmor, dafür aber in seiner Farbgebung und den Mustern so außergewöhnlich, dass er mit dem italienischen über Jahrhunderte konkurrieren konnte. So verfügt selbst das Empire State Building in New York in seinem Entree über eine Verkleidung aus Lahn-Marmor. Darüber hinaus ist der verarbeitete Stein auch sonst weltweit zu finden. Zum Beispiel im State Capitol in Washington oder dem Haydar Pasa Bahnhof in Istanbul.
Letztere dagegen, also die Brücke, ist jedoch größtenteils Blendwerk. Der Anteil des echten Lahn-Marmors an der Brücke ist nämlich nur ein äußerer. Das, was die Brücke im Inneren zusammenhält, ist gewöhnlicher Sandstein. Selbst dem reichsten der damaligen Erbauer wäre es finanziell einfach unmöglich gewesen, die Brücke komplett aus dem begehrten Lahn-Marmor zu bauen. Was aber der Strahlkraft keinen Abbruch tut. Gerade jetzt, im Schein der untergehenden Sonne, glänzt der Lahn-Marmor und macht Villmar zu einem würdigen Ziel unserer Kanutour auf der Lahn.
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Viele weitere Infos und Abenteuer rund um die Lahn gibt es beim örtlichen Tourismus-Verband zu entdecken: lahntalliebe.de
Tipps & Infos
HINKOMMEN.
↠ Am besten mit der Bahn. Die Züge verkehren regelmäßig und halten an (fast) jedem Ort im Lahntal.
↠ Das Auto lässt man am Startpunkt in Aumenau stehen, muss nach der Tour aber wieder mit der Bahn zum Ausgangspunkt zurückfahren. Eigentlich kann man dann auch gleich komplett mit der Bahn anreisen, oder?
KANUTOUR BUCHEN
Einer der seriösesten, ortsansässigen Veranstalter einer Kanutour auf der Lahn ist lahntours.de. Die organisieren (fast) alles und sorgen sowohl für das Bringen als auch das Abholen der Kanus und Paddelboote. Auch ein möglicher Gepäcktransport kann über sie organisiert werden. Mehrtagestouren mit Übernachtungen sind ebenfalls möglich. Die Kanus werden mit allem gestellt, was es für eine Tour braucht: Boot, Paddel, Schwimmweste, wasserdichte Säcke und Tonnen für Wertsachen. Top-Empfehlung!
VERPFLEGUNG
Sowohl am Start- als auch am Zielpunkt gibt es Möglichkeiten zur Einkehr. Die Burger im Piratenlager am Rastplatz-Lahn sind echt superlecker und gibt es auch für Vegetarier. Ebenfalls sind die Preise moderat und ist der Biergarten im Sommer unbedingt eine Rast wert. Am Ziel in Villmar gibt es mehrere Restaurants. Je nach Belieben Italienisch, Griechisch oder Rustikal. Für unterwegs kann und sollte man sich etwas einpacken, vor allem Getränke.
AUSRÜSTUNG
Alles was es an Ausrüstung für eine Kanutour auf der Lahn braucht, wird vom Veranstalter zur Verfügung gestellt. Außer die persönliche Kleidung. Die sollte so ein kleines bisschen wasserfest sein und macht es durchaus Sinn, Wechselkleidung für den Fall der Fälle dabei zu haben. Die kann in der wasserdichten Tonne verstaut werden und werden dann selbst beim Kentern nicht nass. // Info: Wer selbst mit dem Boot anreisen möchte, weiß sicher, was benötigt wird. Grundausstattung sollten jedenfalls sein: Boot, Paddel, Schwimmweste, wasserdichte Säcke oder Tonnen für Wertsachen und Wechselkleidung.
WICHTIGE TIPPS!
↠ Nur sehr selten hat man Schatten auf dem Fluss. Daher ist es wichtig, vor allem im Sommer und unbedingt bei Sonne einen richtig guten Sonnenschutz dabei zu haben. Sowohl auf der Haut als auch auf dem Kopf.
↠ Die Lahn ist – wie bereits im Artikel erwähnt – eine Bundeswasserstraße. Alkoholkonsum während der Fahrt ist damit eigentlich nicht erlaubt und auch nur – wie beim Straßenverkehr – bis zur 0,5-Promille-Grenze.
↠ Ein Anlegen während der Fahrt ist nur an ausgewiesenen Stellen erlaubt, direkt an der Uferböschung sogar strengstens verboten! Die heimischen Tiere sollten nicht gestört werden, ist ja schließlich ihr Reich und sind die Paddler nur zu Gast.
Karte & Route
Hinweis in eigener Sache (Disclaimer)
Meine hier beschriebenen Eindrücke durfte ich im Rahmen des 9. Bloggerwandern sammeln. Eingeladen und veranstaltet wurde diese von den Gastlandschaften der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH. Dabei sind mir Anreise, Unterkünfte und Verpflegung zur Verfügung gestellt worden, wofür ich mich recht herzlich bedanken möchte. Auf meine abschließende Meinung wurde kein Einfluss genommen. Diese entspricht ausschließlich meiner persönlichen Sicht.
[…] The Backpacker: Eine Kanutour auf der Lahn, dem Fluss der Ruhe […]
Wer hätte gedacht, dass ich mal zum Covergirl aufsteige 😉
Ein super Artikel mit noch schöneren Bildern. Da hätte ich gleich wieder Lust, ins Boot zu steigen und dich paddeln zu lassen. Was für ein klasse Wochenende das war – und schon wieder zu lange her.
Yeah, liebe Audrey. Gut machst Du Dich als Cover-Model. Gern bei einem kommenden Bloggerwandern mehr davon. Es war mal wieder echt mega und denke ich gern an die Tage zurück. Dein Artikel hat es aber auch wieder mal super eingefangen! Grüße nach Hamburg.
[…] schaue bei Sven vorbei, der sie, garniert mit wunderschönen Bildern (und mir als Covergirl), in seinem Artikel festgehalten […]
[…] Eine ausführliche Routenbeschreibung findest du bei meinem Bloggerkollegen Sven von The Backpacker ↗. […]