Es war der Stress der Großstadt, das Hektische in ihr, das Auslaugen der täglichen Arbeit, was uns nach einem Ziel suchen ließ, dem Ganzen zu entrinnen und wenigstens für ein paar Tage innere Ruhe zu finden. Nicht all zu weit, aber dennoch weit genug weg sollte es sein, möglichst günstig zu erreichen und das nötige Maß Erholung bieten. Was lag da näher als der Rennsteig im Thüringer Wald? Knapp 400km von Berlin entfernt, lockte uns die Aussicht auf ein bisschen Einsamkeit. Übermüdet, verschlafen und von der langen Zugfahrt angespannt erreichten mein guter Freund Daniel und ich gegen Mittag endlich Steinbach am Wald. Die Tour konnte also beginnen.
Von Steinbach am Wald nach Neuhaus am Rennweg
Etwas missmutig, vielleicht auch des Wetters wegen ein wenig enttäuscht – Sonne wurde vorhergesagt, Nieselregen empfing uns – suchten wir am Bahnhof eine Ausschilderung zum Rennsteig vergeblich. Trotzdem machten wir uns einfach in eine uns passend erscheinende Richtung auf und siehe da, direkt am Obelisken, welcher 1850 errichtet wurde und die Wasserscheide zwischen Rhein und Elbe kennzeichnet, stießen wir auf ihn. Den Weg, den wir beabsichtigten, die nächsten Tage nur zum Schlafen zu verlassen. Im Markt am Ortsausgang bereicherten wir unsere Vorräte noch um etwas Obst und frisches Wasser, bevor es endlich abseits der Straße in den Wald ging. Gemächlich führte uns der Weg bergauf und schon nach wenigen Kilometern konnten wir unsere Regenjacken wieder im Rucksack verstauen.
Auch bei leichtem Regen wandert es sich gut. Es gibt schließlich kein unpassendes Wetter, nur unpassende Kleidung.
Mit dem Auftauchen der Sonne erhellte sich auch unser Gemüt und langsam begannen wir einen gemeinsamen Rhythmus nicht nur im Wandern, sondern auch in unseren Gesprächen zu finden. In Neuhaus angelangt spürten wir jedoch, dass nicht nur die gut 23 Kilometer des heutigen Tages, sondern auch das frühe Aufstehen ihre Spuren hinterlassen hatten. Der Körper schmerzte und die Beine wollten nicht mehr. Jeder weitere Schritt war eine kleine Qual. Jetzt nur noch Essen und dann endlich schlafen.
Irrwege in Neuhaus am Rennsteig
Uns auf ein reichhaltiges Mahl freuend, kehrten wir in Neuhaus in die Pizzeria am Markt ein, nur um zu erfahren, dass diese bereits um 20 Uhr Küchenschluss hatte. „Ist halt noch Vorsaison“, sagte man uns. „Aber das Hotel eine Straße weiter bietet noch warme Speisen.“ Und richtig: Hier wurden wir mit den viel gepriesenen Thüringer Klößen verwöhnt, die in der Tat äußerst wohlschmeckend und verdammt lecker sind. Zu unserer Überraschung mussten wir jedoch auch feststellen, dass uns nicht nur jeder Schritt sondern komischerweise selbst das Kauen schwer fiel. Der Körper schien ausgelaugt. Hatten wir uns etwa mit dieser ersten Etappe zu viel zugemutet?
Kurzer Abriss der Geschichte zum Rennsteig
Erstmals findet der Rennsteig seine urkundliche Erwähnung im Jahre 1387 in einem Schmalkaldener Kaufbrief, in welchem er noch unter dem Namen Rynnestyg auftaucht. Schon damals besaß der Kammweg nicht nur eine historische Bedeutung als Grenzweg, sondern auch eine wirtschaftliche als Handelsweg. Seine Bedeutung wurde von vielen Persönlichkeiten des Mittelalters untermauert, wie etwa Martin Luther, der ihn 1530 bei seiner Wanderung nach Lehesten querte oder Kurfürst Johan der Beständige, auf seinem Weg zum Augsburger Reichstag.
Eine grundlegende Bedeutung erfuhr der Rennsteig jedoch als Botenweg. Immer wieder reisten die Kuriere aus dem Böhmisch-Sächsischen auf ihm in Richtung hessisches Land und umgekehrt. Christian Junker, ein hennebergischer Histograph, ist es allerdings, der mit seiner ersten Gesamtbeschreibung des Rennsteigs 1703 den Grundstein für eine touristische Erschließung legt. Ihm folgt gut 100 Jahre später der Topograph Julius von Plänkner mit seiner ersten, belegten Rennsteigwanderung von Blankenstein nach Hörschel. Damit festigt er den langsam aufkeimenden Tourismus im Thüringer Wald. Heute stellt der Rennsteig einen der wohl beliebtesten Kammwege dar, obwohl es mehrere solcher Art in Deutschland gibt. Keiner der anderen jedoch erlangte, vielleicht auch aufgrund der historischen Bedeutung, solche Anerkennung und Beliebtheit.
[…] des Spessarts – der Spessartweg 1 führt direkt durch Rothenbuch hindurch! Das funktioniert am Rennsteig in Thüringen irgendwie anders, aber vor allem […]