Samstag Morgen. Keine Wolke am Himmel und ein angenehm laues Lüftchen. So liebe ich das. So werden meine schönsten Bergträume wahr. Denn seit ich das letzte Mal im Pillerseetal war, lassen mich die Region und insbesondere die Loferer Steinberge irgendwie nicht mehr richtig los. Auf dem Waiwi sieht man sie zwar ständig, aber immer nur aus der Ferne. Heute soll also der Tag sein, an dem ich mich ihnen nähere. Hätte ich jedoch im Vorfeld gewusst, welche Anstrengungen der Weg zum Heimkehrerkreuz mit sich bringen wird, ich wär vermutlich ins Freibad gefahren. Doch eins nach dem andern.
Startpunkt aufs Heimkehrerkreuz: St. Ulrich am Pillersee
Wie erwähnt ist das heute perfektes Wanderwetter. Obwohl es mit den aktuellen 25 Grad eigentlich schon zu warm ist. Denn 32 sollen es insgesamt noch werden. Die Höhe ruft, schließlich sinkt die Temperatur mit jedem Höhenmeter. Pro 1.000 sogar um ganze 6 bis 7 Grad. Am Ende werden es ganze 1.200 Höhenmeter sein, die es zu überwinden gilt. Oder eben 8 bis 9 Grad weniger. Auch ne schöne Aussicht.
10 Uhr morgens starte ich also meine Wanderung und stelle bereits nach 500 Metern fest: das hat mit Wandern nur bedingt etwas zu tun. Hier ist Steigen angesagt. Genauer gesagt: Bergsteigen. Direkt mit Eintritt in den schattigen und kühlen Wald am Rand von St. Ulrich geht es bereits straff nach oben. „Schön“, denke ich mir, „das kann sich ja noch ändern“, und freue mich auf Passagen entlang der Felsen, die zumindest einen kurzen Teil geradeaus führen. Doch: Pustekuchen. Auch oberhalb der Baumgrenze geht es weiterhin über Wurzeln, Steine und Stufen immer nur nach oben. Nur ab jetzt eben ohne Schatten.
Und die Sonne scheint. Direkt und erbarmungslos von einem komplett wolkenlosen Himmel. Allein die Ausblicke, die sich bei jeder Kehre oder kurzen Verschnaufpausen offenbaren, sind es wert, weiterzulaufen. Ist. Das. Eine. Wucht! So unglaublich schön sind die, ich kann es kaum erwarten, endlich am Heimkehrerkreuz anzukommen.
Unterhalb des Seehorns: das Heimkehrerkreuz auf 2.030m
Unter einem Felsvorsprung wartet im Schatten eine hölzerne Bank. Es gibt nichts schöneres als bei diesem wunderbar tollen Bergwetter eine kurze Rast zu machen und den Blick nach Süden und bis zu den höchsten Bergen Österreichs schweifen zu lassen. Wer auch immer diese Bank hierher gezimmert hat: Danke.
Und dann, nach gefühlt endlosem Treppensteigen, einigen wirklich schmalen Abschnitten die zusätzlich noch mit Stahlseilen oder -ketten gegen Abrutschen gesichert sind, stemme ich mich die letzten Höhenmeter eher kraxelnd als wandernd auf das kleine Plateau zum Heimkehrerkreuz hoch. Und bin sofort überwältigt. Diese Aussicht ist jeden Meter, jede einzelne Strapaze wert.
Obwohl es Samstag ist, muss ich mir das schmale Horn nur mit zwei Pärchen teilen. Was echt angenehm ist. Rund um das Heimkehrerkreuz gibt es nämlich nicht sonderlich viel Platz und geht es an manchen Stellen echt steil nach unten. Ich lausche dem Wind, der sacht aus westlicher Richtung weht und versuche den ganzen Gipfeln, die ich sehen kann, Namen zu geben. Seit mir mein guter Freund Lars die PeakFinder-App empfohlen hat, ist das bei jeder Wanderung zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Und siehe da: die schneebedeckten Gipfel am südlichen Horizont sind doch tatsächlich Großvenediger und Großglockner. Keine Ahnung wozu ich dieses Wissen je wieder brauchen werde. Aber gut zu wissen.
Zurück nach St. Ulrich am Pillersee
Fast eine ganze Stunde verbringe ich am Heimkehrerkreuz bevor mich die Hitze, die aus dem Tal heraufzieht, wieder abwärts treibt. Denn mittlerweile sind es auch hier, auf 2.000 Höhenmetern, erheiternde 27 Grad. Auf dem gleichen Weg, den ich heraufgekommen bin, geht es auch wieder zurück. Zwar soll an bereits erwähnter Bank ein anderer Weg abzweigen, den habe ich allerdings nicht gefunden. Vielleicht existiert der aber auch gar nicht mehr. Ausgeschildert ist zumindest nix.
Wie auch immer – nach knapp 400 Höhenmetern spüre ich den Abstieg doch schon ganz ordentlich in den Beinen. Dieses ständige Abbremsen mit der Oberschenkelmuskulatur ist auf Dauer echt anstrengend und wünschte ich mir, Wanderstöcke eingepackt zu haben. Die Aussicht, dass es noch weitere 800 Höhenmeter bergab geht, macht es dabei auch nicht wirklich besser. Also pausiere ich unterwegs recht oft und versuche mit Dehnübungen der Beanspruchung entgegenzuwirken.
Als ich aus dem Wald trete und wieder im Tal angekommen bin, folge ich zum Abschluss noch einem besonderen Wegweiser. Der verspricht nämlich in 200 Metern Entfernung eine Kneippanlage am Lasbach. Etwas besseres kann ich meinen geschundenen Füßen nach dieser wunderbar-anstrengenden Wanderung – sorry Bergtour – ja gar nicht gönnen. Doch Vorsicht! Der Bach ist selbst im Hochsommer extrem kalt und hält mich die niedrige Wassertemperatur genau eine Umrundung.
Summa summarum kann ich festhalten: eine wirklich anspruchsvolle Tour, die sich aber für jeden einzelnen Ausblick echt lohnt. Premium würde ich da mal sagen. Kann man – nein, sollte man sogar – unbedingt mal machen…
Tipps & Infos
HINKOMMEN.
↠ Am einfachsten mit dem Bus 8302 des ÖPNV zur Haltestelle St. Ulrich a. P. Gemeindeamt.
↠ In der Nähe der Haltestelle gibt es einen gebührenpflichtigen Parkplatz, auf welchem man das Auto stehen lassen kann.
AUSRÜSTUNG.
Für diese Wanderung benötigt es auf jeden Fall festes Schuhwerk. Es geht in zum Teil alpines Gelände und besteht durchaus die Gefahr, abzurutschen. Auch ist bei wolkenlosem Himmel eine Kopfdeckung, Sonnenschutz und genug Wasser angeraten. Die durchweg südwestliche Lage merkt man besonders oberhalb der Baumgrenze.
UNTERKUNFT.
In St. Jakob in Haus empfehle ich die Pension Flecknerhof. Die wird seit Generationen von der Familie Jud geführt und hat sommers wie winters eine ausgezeichnete Lage. Übernachtungen in St. Ulrich am Pillersee gibt es sehr viele, da kann der Tourismusverband sicher weiterhelfen.
ESSEN & TRINKEN.
Da es sich durchaus um eine Tageswanderung handeln kann, ist es wichtig, genug Essen und Trinken dabei zu haben. Denn: unterwegs gibt es keine Einkehrmöglichkeiten. Was aber auch unbedingt geht ist eine lange Pause am Heimkehrerkreuz. Der Gipfel ist zwar nur klein und bietet ca. 6 bis 7 Menschen genug Platz, aber rundherum kann mich sich auch noch gut verteilen und war bei mir, an einem Samstag jetzt auch nicht die Hölle los.
↠ In St. Ulrich empfehle ich das Restaurant Seewirt quasi als Abschluss der Wanderung.
BESONDERER TIPP.
Das Picknick unter dem Gipfelkreuz habe ich ja bereits erwähnt. Was aber gerade im Sommer eine echte Erholung bietet und sich nur 200 Meter abseits des Wanderwegs befindet, ist die Kneippanlage am Lastalbach. Einfach auf dem Rückweg den kleinen Schlenker (wie beim GPS-Track hinterlegt) mitnehmen und den geschundenen Füßen eine Erholung bieten. Aber Achtung! Selbst im Hochsommer ist die richtig kalt.