Auf der Stahlberg-Schleife rund um Bacharach

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AnzeigeDen RheinBurgenWeg ergänzen viele kleine Wanderwege, die meist als Rundweg angelegt sind. Einer davon startet in Bacharach, nennt sich Stahlbergschleife und führt zur Ruine der Burg Stahlberg. Ein Wanderbericht.
Sven Becker
  Inhalt
Es ist wahrscheinlich egal von wo; der Blick über Bacharach am Rhein ist an vielen Stellen traumhaft schön
Es ist wahrscheinlich egal von wo; der Blick über Bacharach am Rhein ist an vielen Stellen traumhaft schön

Einer meiner liebsten Jazz-Komponisten besaß die großartige Fähigkeit, komplexe Harmonien und unerwartete Tempiwechsel in seinen Songs so zu vereinen, dass sie stets aufs Neue sämtlichen Erwartungen widersprachen. Mehrfach wurde er dafür ausgezeichnet, bekam sogar den Oscar und gilt nach wie vor auch so ein bisschen als stilprägend. Wie ich darauf komme? Nun, der Startpunkt meiner heutigen Wanderung heißt genauso wie er: Bacharach. Und genau so wie in Burt Bacharach‘s Musik wird in der Ortschaft gleichen Nachnamens das Alte und scheinbar Vergangene hochgehalten. Und zwar auf eine ähnliche, sympathische aber vor allem unerwartete Weise.

Startpunkt: Bacharach.

Als ich sehr früh am Morgen in Bacharach aussteige, hängen die Wolken noch tief und an den Bergen fest. Dennoch erblicke ich beim Gang unterhalb der Bahngleise hindurch all das, was ich irgendwie so gar nicht erwartet habe. Ein strahlend weißer Kirchturm, dessen Spitze in den Wolken verschwindet, links oberhalb davon eine Ruine, rotbraun gefärbt, darüber eine Burg romantischer Größe und an den Hängen die gelbgrüne Färbung des herbstlichen Weinlaubs. Im Grunde ist das einer der Momente, in denen sich so eine Jazz-Melodie mit dem aktuellen Zustand verwebt und nicht mehr loslässt. Sie begleitet mich. Meter um Meter. Erst durch die kleine Altstadt, von mittelalterlichem Fachwerk geprägt, später den Hang hinauf. Sie treibt mich an und ich bekomme sie irgendwie nicht aus dem Kopf.

Selbst dann nicht, als ich nach den ersten Kilometern auf Burg Stahleck ankomme. Novum dieser Ende des 11. Jahrhunderts erbauten Höhenburg: sie ist seit 1926 eine Jugendherberge und damit zwar nicht wirklich zu besichtigen. Aber zum Übernachten bestens geeignet. Und belebt. Ihre Aussichtsterrasse oberhalb des Burgfrieds bietet einen traumhaft schönen Blick ins Obere Mittelrheintal. Das ist – wie der aufmerksame Leser seit meinem letzten Artikel weiß – zurecht UNESCO-Welterbe. Ein spektakulärer Blick, der nur dadurch getrübt wird, dass Petrus den Oktober zum November macht und die Fernsicht durch etwas zu grauen Dunst eintrübt.

Der Malerwinkel von Bacharach ist – Achtung: Kalauer – malerisch schön.
Der Malerwinkel von Bacharach ist – Achtung: Kalauer – malerisch schön.

Von Bacharach zur Ruine der Burg Stahlberg

Von der Burg Stahleck und damit aus Bacharach heraus, führt mich der Wanderweg tiefer ins Seitental von Steeg. Das ist dann schon die nächste Ortschaft und schließt fast übergangslos an Bacharach an. Im Wildgehege, direkt am Weg gelegen, grast ein Sprung Rehe. Mir scheint, die Tiere können sich nicht entscheiden, ob sie neugierig sein oder lieber flüchten wollen. Sie beobachten mich, ich beobachte sie – Spione würden sich vermutlich unauffälliger verhalten. Als sie merken, dass ich harmlos bin, grasen sie in Ruhe weiter und ignorieren mich fortan.

Am Wartturm aus dem 14. Jahrhundert, der tatsächlich mal ein Wehrturm war und den Zugang zum Ort absichern sollte, zweigt der Wanderweg kurz ins Tal ab, nur um anschließend direkt wieder bergauf zu führen. Das mag ich sehr und ist für mich auch immer eine Analogie aufs Leben. Höhen und Tiefen gehören dazu. Solange sie sich zumindest abwechseln. Alles andere wäre aber auch zu langweilig und würde so gar nicht an diesen wundervollen Ort passen.

Steeg im Tal
Steeg im Tal

Hinter lehmigen Hügeln und schwarzweißen Birken versteckt sich der Zugang zu einer großen Höhle, die obendrein noch über eine Besonderheit verfügt. Nicht nur, dass sie groß genug ist um eine ganze Dorfgemeinschaft darin unterbringen zu können, ganz nebenbei bietet sie einer seltenen Fledermaus-Art Zuflucht und Schutz. Sofern man also eine Taschen- oder Stirnlampe sowie ein paar Gummistiefel dabei hat, könnte man hier ziemlich gut zum Höhlenforscher mutieren.

Rast auf halber Strecke

Auf der Ruine der Burg Stahlberg verliere ich für einen Moment mein Zeitgefühl. Erhaben ragen die Burgmauern stolz aus dem herbstlichen Wald hervor. Eine wunderschöne Burg muss es gewesen sein, bevor sie dem Dreißigjährigen Krieg zum Opfer fiel und in dieser Zeit fast bis auf die Grundmauern zerstört wurde. Anschließend machten ihr dann auch noch die Truppen des französischen Königs Ludwig XIV. den Garaus und sprengten sie 1689. Seitdem fristet sie in der Abgeschiedenheit der Steeger Hänge bei Bacharach ein erinnerndes Dasein und bietet mir einen vorzüglichen Ort für eine lange und ausgedehnte Rast. Der Ausblick vom Plateau unterhalb des Wehrturms in südöstliche Richtung ist einfach traumhaft und verwunschen schön.

Der Eingang zur Burgruine Stahlberg bei Bacharach
Der Eingang zur Burgruine Stahlberg bei Bacharach
Auf der Ruine der Burg Stahlberg bei Bacharach
Auf der Ruine der Burg Stahlberg bei Bacharach

Wenig später führt mich der Wanderweg oberhalb Steegs zurück in Richtung Bacharach. Immer wieder bleibe ich stehen und blicke zurück, um der Ruine noch einen letzten traumhaften Anblick abzuringen. Zu majestätisch steht sie selbst jetzt noch, halb zerfallen und vergehend.

Bevor es wieder hinab ins Tal und damit nach Bacharach geht, führt mich der Weg auch hier durch die gelbgrüne Färbung des Weinlaubs. Einmal mehr eine Mischung aus bewirtschafteten und verwucherten, weil offen gelassenen Anbauflächen. An einigen der nicht mehr genutzten Stöcke hängen sogar noch Trauben. Ich pflücke mir welche davon ab und koste sie. Viel zu reif zerplatzen sie in meinem Mund und geben ihren zuckersüßen Saft frei. Die Sonne eines ganzen Sommers steckt in diesen Früchten, die ganz leicht nach Zitrone schmecken.

Abschied vom Mittelrhein

In Bacharach angekommen genieße ich die letzten Meter meiner Wanderung und lasse mich noch ein wenig durch den Ort treiben. Der ist erstaunlich gut erhalten und verzaubert mit jeder Menge Fachwerk und mittelalterlichen Bauten. Allein die Türme der ehemaligen Stadtmauer beeindrucken und ragen weit über die Dächer des Ortes hinaus. Und auch die Künstler des 19. Jahrhunderts wußten um diesen Ort. Unzählige Maler der Romantik hielten ihn in ihren Werken fest, für Viktor Hugo gehörte Bacharach zu den „schönsten Städten der Welt“. Dem kann ich nur zustimmen, als ich durch die engen Gassen und faszinierenden Bauten schlendere.

Beim Abschied kommt mir dann doch nochmal die eingangs erwähnte Melodie in den Sinn. Auch wenn mir der Text dazu entfallen ist, höre ich die Sehnsucht nach einem Ort zum Verlieben aus der Musik heraus. Ich wünschte, ich hätte einfach mehr Zeit und könnte die Energie dieses wunderbaren Bacharach noch etwas länger auf mich wirken lassen. Stattdessen laufe ich zum Bahnhof, stecke mir meine Kopfhörer in die Ohren und lausche den Klängen des Jazz-Virtuosen. Während am Fenster die Burgen und Schlösser des Mittelrheins gemächlich vorbeiziehen, schmerzt es mich, schon wieder loslassen zu müssen. Einfach nur schön waren die letzten drei Tage und die Eindrücke, die ich auf dem RheinBurgenWeg und auf dem Rheinsteig sammeln durfte. Nein, hier habe ich irgendwie noch nicht ganz abgeschlossen. Hier muss ich unbedingt nochmal herkommen…

Tipps & Infos

HINKOMMEN.
Mit der Bahn direkt bis Bahnhof Bacharach. Der Wanderweg startet und endet dort.
Mit dem Auto bis zum Parkplatz am Bahnhof. Der liegt direkt am Rhein und wird dank sauberem Toilettenhäuschen auch gern von Campern genutzt.

AUSRÜSTUNG.
Für diese Wanderung benötigt es lediglich etwas Ausdauer und festes Schuhwerk für die Waldwege.

UNTERKUNFT.
Empfehlenswert als Ausgangspunkt dieser Wanderung sind das Rhein Hotel hinter dem Bahndamm bzw. der Altkölnische Hof in der mittelalterlich geprägten Altstadt.

ESSEN & TRINKEN.
In Bacharach git es jede Menge Gaststätten, Cafés und Restaurants. Eines davon, das ich selbst ausprobiert habe und vorbehaltlos weiterempfehlen kann, ist der „Grüne Baum“ des Weinguts Bastian. Unterwegs gibt es eher keine Lokalitäten, es sei denn, man verläßt am Wehrturm in Steeg den Wanderweg und geht in den Ort hinein.

BESONDERER TIPP.
Einfach Sachen fürs Picknick einpacken und auf der Ruine der Burg Stahlberg eine ausgedehnte Rast einlegen. Der Ort ist einfach magisch und man wird ja sowieso länger bleiben als geplant. // Ferner: Wenns ans Übernachten geht lohnt sich die Mitgliedschaft beim Deutschen Jugendherbergswerk. Dann kann man nämlich auf Burg Stahleck schlafen und die Räumlichkeiten in aller Ruhe erkunden. Wann hat man schonmal die Chance, so günstig auf einer echten Ritterburg zu träumen? // Übrigens: Eine Auswahl der schönsten Jugendherbergen Deutschlands gibt es hier.

Karte & Überblick

Hinweis in eigener Sache (Disclaimer)
Meine hier beschriebenen Eindrücke durfte ich im Rahmen der 6. Bloggerwanderung sammeln. Eingeladen und veranstaltet wurde diese von den Gastlandschaften der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH. Dabei sind mir Anreise, Unterkünfte und Verpflegung zur Verfügung gestellt worden, wofür ich mich recht herzlich bedanken möchte. Auf meine abschließende Meinung wurde kein Einfluss genommen. Diese entspricht ausschließlich meiner persönlichen Sicht.

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